Seit kurzem steht fest, dass Michael Schumacher zum zweiten Mal - und damit vermutlich für immer - die Formel 1 als Aktiver verlassen wird. Zuvor war bereits bekanntgegeben worden, dass Lewis Hamilton den Rekordweltmeister bei Mercedes ersetzen wird, und ab der Saison 2013 neben Nico Rosberg im Cockpit der Silberpfeile Platz nehmen wird. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sprach Schumacher nun über seine zwei Karrieren.

Ähnlich wie bei seinem Rücktritt 2006 sprach der Kerpener wieder von leeren Akkus. "Das Reisen, das Weggehen von der Familie, irgendwo in einem Hotel hocken, wo man nicht unbedingt sein will", fasste er die negativen Seiten seines Berufs zusammen. Vor allem die Nähe zu seiner Familie gab er als Grund für den erneuten Rücktritt an: "Es gibt für mich nichts Besseres, als zu Hause zu sein. Das bedeutet für mich Freiheit, und die möchte ich bald wieder genießen."

Schade wäre es, gehen zu müssen

Auch wenn es in diesem Jahr, wie auch schon die Jahre zuvor, nicht wirklich rund läuft für den siebenmaligen Weltmeister und sein Mercedes-Team, so ist dennoch ein deutlicher Aufwärtstrend bei Schumacher zu erkennen. Der aktuelle Weltmeisterstand spiegelt dies zwar nicht wider, doch fahrerisch kann er seinem jüngeren Teamkollegen Nico Rosberg zumindest auf Augenhöhe begegnen, im Qualifikationsduell hat der Altmeister sogar die Nase vorn. Auf die Frage, ob es nicht schade sei, in diesem Aufwärtstrend die Karriere zu beenden, entgegnete er: "Im Gegenteil. Schade wäre, wenn ich das Gefühl hätte, gehen zu müssen. Schön ist es, wenn es die Menschen um mich herum schade finden, dass ich gehe."

Selbst wenn Topresultate ausblieben, so ist es für Schumacher dennoch entscheidend, dass er seine Karriere auf höchstem Niveau beenden kann: "Es ist doch toll, dass ich die Formel 1 verlasse, und die Mehrheit der Menschen und vor allem ich selbst sind der Meinung, dass ich noch immer in der Weltspitzte dabei bin. Denn Nico ist mit Sicherheit kein Nasenbohrer." Deshalb gebe es auch keinen Grund, von einem nicht würdevollen Abschied zu sprechen: "Ich kann erhobenen Hauptes gehen", äußerte sich Michael Schumacher.

Ein Sieg hätte nicht viel geändert

Schumacher bei seinem vermutlich letzten Sieg - 2006 beim Großen Preis von China, Foto: Sutton
Schumacher bei seinem vermutlich letzten Sieg - 2006 beim Großen Preis von China, Foto: Sutton

Schumacher, der mit 91 Siegen unangefochten an der Spitze der Siegerliste steht, bedauert es nicht, dass in seiner zweiten Karriere kein weiterer Sieg dazugekommen ist: "Natürlich, ein Sieg wäre auch für mich schön gewesen, aber im Endeffekt hätte er nicht viel verändert. Er hätte mich auch nicht wirklich erfüllt. Erfüllt hätte mich nur die Meisterschaft. Das war mein Ziel beim Comeback; ein Sieg wäre nur ein kleiner Tropfen gewesen."

Auch wenn Schumacher ohnehin schon der Rekordweltmeister der Formel 1 ist - mit sieben Titeln führt er deutlich vor Juan Manuel Fangio, der seinerseits fünf Weltmeisterschaften für sich entscheiden konnte -, so hätte ihm ein achter Titel dennoch viel bedeutet. "Auf jeden Fall. Dann würden wir auch nicht von 91 oder 92 Siegen sprechen, dann wären unterm Strich ein paar mehr dabei rausgekommen", so der Mercedes-Pilot auf die Frage, ob ein achter Titel in Anbetracht der ohnehin schon eindrucksvollen Anzahl überhaupt noch einen Unterschied gemacht hätte.

Lebenserfahrung gewonnen

Schumacher wurde im ersten Teil seiner Karriere von vielen Leuten als verbissener Kämpfer wahrgenommen, der Niederlagen nicht wirklich wegstecken konnte. In den drei Jahren bei Mercedes konnte er zwar keine Grands Prix gewinnen, dafür aber an Lebenserfahrung: "Heute spüre ich eine ganz andere Ruhe in mir, habe an Lebenserfahrung gewonnen und damit natürlich auch an Souveränität", blickte er auf seine menschliche Entwicklung in dieser Zeit.

Die neue Situation, die Niederlagen, die Schumacher und das Team einstecken mussten, brachten für den ehemaligen Dauersieger gänzlich neue Aspekte zum Vorschein: "Siegen und alle klopfen einem auf die Schulter, das ist eine einfache Situation. Verlieren und viele kritisieren einen - das ist das, was einen prägt. Vielleicht haben mich viele Menschen dadurch neu entdeckt oder erst richtig erkannt oder kennengelernt."

Kein Grund zum traurig sein

Der erste Weltmeistertitel mit Ferrari war ein prägendes Erlebnis für Michael Schumacher, Foto: Sutton
Der erste Weltmeistertitel mit Ferrari war ein prägendes Erlebnis für Michael Schumacher, Foto: Sutton

"Ich glaube, dass ich stolz sein kann. Natürlich hätte ich manches anders machen können, natürlich hätte ich gern Erfolg bei Mercedes gehabt. Aber muss ich deshalb traurig oder unzufrieden sein? Nein", lautete die klare Antwort Schumachers. Auf die Frage, ob er sich noch an all seine Rennen erinnern könne, meinte die Formel-1-Legende, sich nicht einmal an all seine Siege erinnern zu können. Nur die Highlights hätten sich dauerhaft ins Gedächtnis eingebrannt, besonders dachte er dabei an seine erste Weltmeisterschaft mit Ferrari im Jahr 2000. In dieser Saison sei er am "Limit des Möglichen" gefahren, was das "vollkommene Glück" eines Rennfahrers ausmache.

Für seine Zukunft schließt Schumacher aus, wieder Motorradrennen zu fahren: "Ich bin sehr lernfähig, und das bedeutet, dass ich keine Motorradrennen mehr fahren werde, wie ich es damals getan habe." Seinen Ausflug in die Zweiradwelt, sieht er heute als "Schwachsinn". Konkrete Pläne für seine Zukunft, gibt es noch nicht: "Das gehört ja zur neuen Freiheit dazu. Der Plan ist, dass es keinen Plan gibt."