Die Zeit der europäischen Rennen und harten Reifen ist vorbei, in Singapur setzt Pirelli die Soft/Supersoft-Kombination ein. In den vergangenen Grands Prix hielt sich der reine Zeitenunterschied der Reifen eher in Grenzen, auf dem Marina Bay Circuit sieht die Sache wieder einmal anders aus: Pirelli beziffert den Unterschied zwischen Weich und Superweich mit rund 1,5 Sekunden pro Umlauf. Der Verschleiß der Reifen wird sich in Singapur aufgrund der Streckencharakteristik eher in Grenzen halten, dafür spielen andere Faktoren eine wesentliche Rolle: zum einen die extreme Hitze, zum anderen die Länge des Rennens.

Singapur gehört zu den langsamsten und dementsprechend längsten Rennen im Kalender und entsprechend viel Arbeit steht den Reifen bevor. Pirelli vermutet, dass die weiche Mischung um etwa ein Zehntel pro Runde abbaut, jede Runde auf den superweichen Reifen kostet 0,3 Sekunden. Da die Autos mit sehr viel Sprit an Bord starten, wird die richtige Strategie immens wichtig bei der Entscheidung über Erfolg oder Niederlage. "Es gibt einen merklichen Unterschied zwischen den beiden Mischungen", bestätige Fernando Alonso nach den ersten beiden Trainings. "Wir müssen aber bis Samstag warten, um ein klares Bild bezüglich dieses Themas zu erhalten."

Regen und eine feuchte Strecke kosteten die Teams und Fahrer im 1. Training etwas Zeit, weil die weiche und superweiche Mischung in der Box bleiben musste. Im 2. Training von 21:30 bis 23:00 Uhr Ortszeit spulten die Piloten die üblichen Longruns ab, um sich mit den Reifen unter Rennbedingungen vertraut zu machen. Erst in der letzten halben Stunde wechselten die Teams von weich auf superweich. Nico Rosberg hatte so seine Probleme. "Vor allem bei den Longruns hatte ich Probleme mit den Hinterreifen", sagte der Mercedes-Pilot. "Auch bei den kurzen Runs, ich weiß aber nicht warum. Ich konnte einfach nicht das Maximum aus den Reifen herausholen, sie sind so kompliziert. Sie sind eine Wissenschaft für sich."

Nicht nur Rosberg rätselte über die Reifen, auch andere Piloten taten sich auf der 5,073 km langen Strecke nicht leicht. "Die Hitze ist hier hart für die Reifen, gerade auf Longruns, aber damit haben alle Teams Probleme", sagte Bruno Senna bei Motorsport-Magazin.com. "Morgen sollte es besser sein und weniger Reifenverschleiß geben." Eine Überraschung gab es dann doch im Fahrerlager: Der superweiche Reifen präsentierte sich weitaus widerstandfähiger als erwartet. "Der weiche Reifen baut ziemlich schnell ab, aber so, wie erwartet", sagte Senna. "Der Supersoft hat mich eher positiv überrascht, die schnelle Runde war schon die fünfte damit und da war er noch nicht am Ende."

Ein Reifen, der länger durchhält als ausgerechnet, bietet natürlich weitere Optionen in der Strategieplanung. Die 61 Runden mit nur einem Stopp zu bewältigen, daran glaubt jedoch kaum jemand. Der Option-Reifen läuft hier besser als erwartet", so Helmut Marko bei Motorsport-Magazin.com. "Ich glaube aber nicht, dass sich das Perez-Wunder von Monza wiederholen wird." Pirelli rechnet eher mit zwei bis drei Stopps. Interessant: Der ein oder andere Fahrer könnte sich dafür entscheiden, beim Start auf die härtere Mischung zu setzen, wenn die Autos wegen der hohen Benzinmenge noch schwer unterwegs sind.

"Der superweiche Reifen ist schon ein gutes Stück schneller als der andere, während sich der Softe über einen Longrun als konstanter herausstellte", so Daniel Ricciardo. Gerade wegen der hohen Spritmenge spielt die Balance einen wichtigen Part, ändern sich die Lastverhältnisse der Boliden doch recht stark über die Renndistanz der knapp 310 km. "Das Auto war heute nicht richtig eingestellt und ich hatte in beiden Sessions mit hohem Reifenverschleiß zu kämpfen", ärgerte sich Felipe Massa. Ferrari muss das Problem schnell in den Griff bekommen, denn Balance-Trouble wird in Singapur doppelt bestraft.