"Er ist der beste Fahrer der letzten zwanzig Jahre", schwärmt Flavio Briatore, wenn man ihn dieser Tage auf Fernando Alonso anspricht. Der spanische Doppelweltmeister scheint derzeit auf bestem Wege zu seinem dritten Titel und ragt nach Meinung fast aller Experten im Fahrerlager heuer einfach mehr heraus als die übrigen Top-Fahrer. Zwar verwundert es wenig, dass Briatore seinen Ex-Renault-Schützling über den grünen Klee lobt - die Fähigkeit, als sein langjähriger Mentor dessen Leistungen jedoch genau einschätzen zu können, kann man dem Italiener spärlich absprechen. Beurteilen kann Briatore aber auch noch andere Piloten, wie etwa Michael Schumacher, den er 1991 zu Benetton holte und mit dem er anschließend zwei Titel gewann.

Im Quervergleich seiner beiden wohl prominentesten Schützlinge gäbe es für ihn einen Sieger, wenn auch nur hauchdünn. "Alonso steht über Schumacher, aber wir reden hier wirklich nur von minimalen Unterschieden und das auf einem mehr als nur hohen Level", so der ehemalige Teamchef gegenüber Sky Sport 24. Seine Begründung für die Wertung: "Fernando macht sehr wenige Fehler, auch unter Druck... und seine Fähigkeiten, die Rennen regelrecht zu lesen, ist wirklich spektakulär." Briatore fügte an: "Selbst wenn das Team einmal strategische Fehler macht, kann er es oft zurück auf Kurs bringen. Und wenn er erst einmal vorne ist, gewinnt er in neunzig Prozent der Fälle auch das Rennen - selbst wenn das Auto eigentlich gar nicht konkurrenzfähig ist."

Ein Leben für den Rennsport

Gemeinsamer Aufstieg bei Benetton: Briatore & Schumacher, Foto: Sutton
Gemeinsamer Aufstieg bei Benetton: Briatore & Schumacher, Foto: Sutton

Woher dieses Talent komme, konnte sich Briatore nicht erklären, er vermutete aber: "Vielleicht liegt es daran, weil er das Rennfahren wirklich lebt und atmet." Für den Italiener stand jedenfalls fest, dass der Weg zum Titel dieses Jahr nur über Alonso führe. "Aber Ferrari muss das Auto noch weiterverbessern, sodass er wenigstens noch einen weiteren Grand Prix gewinnen kann, bei dem vielleicht nicht gerade ein McLaren auf dem zweiten Platz ankommt", erklärte er seine Rechnung. "Es gibt zwar noch viele Punkte, aber wenn man nicht Erster oder Zweiter wird, sind das nur Krümel", fand Briatore, der die Gefahr für seinen ehemaligen Piloten jedoch nicht nur in den chromfarbenen Boliden aus Woking lauern sieht. Auf die Frage, ob er denke, dass die Ära der Red-Bull-Dominanz schon vorbei sei, meinte Briatore: "Das glaube ich nicht."

Lobend erwähnen wollte der Italiener unter den Teams diese Saison aber vor allem Sauber. Den Schweizern attestierte er voller Respekt: "Sie haben bewiesen, dass Geld nicht allein den Unterschied ausmacht." Positiv überrascht zeigte er sich derweil auch von der FIA und vor allem deren Entscheidung, einmal härter durchzugreifen und so wie zuletzt Romain Grosjean mit einer Rennsperre zu belegen. Diese Maßnahme hieß Briatore gut. "Er sitzt im Auto, also sollte er auch anfangen, die Arbeit anderer Leute mehr zu respektieren, denn er verursacht viele Unfälle." Lachend fügte der Italiener mit Blick auf Grosjean an: "Ich würde gerne einmal sehen, was Alonso in seinem Cockpit ausrichten könnte."

Auch Karthikeyan & Kubica mit Lob

Lob für den Asturier gibt es derweil aber nicht nur von seinem Ex-Teamchef - auch seine Fahrerkollegen zeigen sich beeindruckt vom Ferrari-Star. "Alonso holt aus seinem Auto viel mehr raus als das, wozu es eigentlich imstande ist", fand beispielsweise Narain Karthikeyan. Der Inder fügte an: "Er kalkuliert einfach alle Faktoren mit ein und liefert einen herausragenden Job ab. Und in den Rennen, in denen er merkt, dass er nicht gewinnen kann, nimmt er seinen Rivalen trotzdem noch eine Menge Punkte ab." Für den HRT-Piloten stand fest: "Ihn noch zu stoppen, wird ganz schwer." Robert Kubica, der momentan weiter an seinem F1-Comeback feilt, meinte: "Die Saison ist heuer äußerst schwierig zu lesen. Es gibt aber einen Fahrer, der den Unterschied ausgemacht hat - und das mit einem Auto, das alles andere als das beste war."

"Fernando hat vom ersten Rennen an gezeigt, dass er der versammelten Konkurrenz etwas voraus ist, ganz einfach, weil er wahrscheinlich der Fahrer ist, der auch dann noch den Unterschied ausmachen kann, wenn das Auto nicht wettbewerbsfähig ist", meinte der Pole. Für ihn stünde fest, dass Alonso nun klar der Titelfavorit sei. "Er fährt in einer anderen Welt - große Rivalen sehe ich für ihn keine", prognostizierte der ehemalige Renault-Star. "Wir kennen ja alle die Formel 1 und wissen daher, dass die Saison noch nicht entschieden ist. Aber wenn es jetzt kein Auto gibt, das wesentlich stärker als seins ist, dann denke ich, dass Alonso mit achtzigprozentiger Wahrscheinlichkeit den Titel gewinnen wird."