Die Männer der Stunde in der Formel 1 heißen Fernando Alonso und Mark Webber. Dass ausgerechnet diese beiden Piloten derzeit der Königsklasse ihren Stempel aufdrücken, kommt durchaus überraschend, denn noch vor wenigen Monaten wurde Ferrari ein verheerendes Zeugnis ausgestellt und es war nicht unbedingt zu erwarten, dass Webber auf die gezeigte Art und Weise aus Sebastian Vettels Schatten treten kann.

Stallregie? Fernando Alonso musste sich vor zwei Jahren einige Fragen stellen lassen, Foto: Sutton
Stallregie? Fernando Alonso musste sich vor zwei Jahren einige Fragen stellen lassen, Foto: Sutton

Sowohl der Spanier als auch der Australier konnten von den bisherigen neun Saisonrennen zwei gewinnen, was Webber eine Vertragsverlängerung bei Red Bull bescherte. Auch beim letzten Grand Prix in Silverstone lieferten sich Alonso und Webber ein Duell um den Sieg, wobei der Ferrari-Pilot lange Zeit wie der sicherer Sieger aussah, ihm schlussendlich jedoch die Reifen einen Strich durch Rechnung machten.

Auch in Hockenheim wird der Sieg fraglos über Red Bull und Ferrari führen, da sich diese beiden Rennställe zuletzt etwas von der Konkurrenz absetzen konnten. Der letzte Grand Prix auf dem Hockenheimring ging vor zwei Jahren an Alonso, der damit zum zweiten Mal nach 2005 in Baden-Württemberg gewann. Auch Webber hat bereits einen Sieg beim Deutschland GP zu Buche stehen, dieser wurde jedoch am Nürburgring errungen.

McLaren sucht den Anschluss

Bei Ferrari ist das gewachsene Selbstvertrauen durch die vergangenen Erfolge spürbar, denn die Scuderia zählt sich zu den Favoriten auf den Rennsieg. "Das Auto war in Valencia und Silverstone gut", erklärte Alonsos Renningenieur Andrea Stella. "Hockenheim ist ein Mix der beiden Strecken. Ich schätze Ferrari sehr konkurrenzfähig ein."

Webber mag zwar zurzeit in der Weltmeisterschaft vor Vettel liegen, bei seinem Heimrennen richtet sich der öffentliche Fokus aber dennoch auf den Doppelweltmeister, dessen Heimatstadt nur eine halbe Stunde von Hockenheim entfernt liegt, weshalb sich viele Freunde und Familienmitglieder einfinden werden. Vettels bisher bestes Ergebnis in Hockenheim ist ein aus dem Jahr 2010 stammender dritter Platz, weshalb seine Devise klar ist: "Ich habe den Deutschland GP noch nicht gewonnen und natürlich würde ich das gerne schaffen", sagte er.

Während bei McLaren der Saisonstart nach Wunsch verlief, fiel die Mannschaft aus Woking in den letzten Rennen immer weiter zurück, was in den enttäuschenden Plätzen 8 und 10 für Lewis Hamilton und Jenson Button beim Heimspiel in Silverstone gipfelte. Vor allem für den Champion von 2009 läuft seit dem Auftaktsieg in Australien nahezu alles schief, denn in den letzten sechs Rennen erreichte Button nur magere sieben Punkte.

Es ist also höchste Zeit, eine Schubumkehr einzuleiten und wieder in die Erfolgsspur zu kommen. Damit das gelingt, reist McLaren mit einigen neuen Teilen nach Hockenheim. Das Upgrade-Paket enthält ein neues Karosserie-Konzept am Heck sowie Verfeinerungen der verstellbaren Vorderbremsen-Belüftungs-Schächte. Laut Teamchef Martin Whitmarsh gelte es zudem einmal mehr, die Pneus zu verstehen. "Man muss einen besseren Job mit den Reifen machen, denn sie sind sehr wichtig", betonte er. Immerhin gelangen zuletzt die Boxenstopps, die über weite Strecken der Saison ein großes Problem darstellten.

Saisonhighlight für Mercedes

Für Mercedes stellt der Grand Prix auf dem Hockenheimring das Highlight der Saison dar. "Natürlich fühlt man als deutscher Fahrer eine andere Vorfreude, wenn man zum Grand Prix von Deutschland antritt und weiß, dass alle Zuschauer auf den Tribünen hinter dir stehen", erklärte Michael Schumacher, der hier bereits vier Mal gewann. Auch Nico Rosberg pflegt eine besondere Beziehung zur Strecke, fiel doch an diesem Ort für ihn die Entscheidung, Rennfahrer zu werden. "Ich werde das letzte DTM-Rennen meines Vaters dort im Jahr 1995 niemals vergessen. Ich saß mit ihm auf dem Dach seines Autos und fuhr durch das Motodrom - in diesem Moment dachte ich mir 'Wie cool ist das?!' und entschloss mich, wie er Rennfahrer zu werden", erinnerte sich der gebürtige Wiesbadener.

Sportlich stellten die bisherigen Rennen für die Silberpfeile eine Berg- und Talfahrt dar, wobei der Trend bei Schumacher mit einem dritten Platz in Valencia und Rang sieben in Silverstone nach oben zeigt - der Defektteufel dürfte vorerst vertrieben worden sein. "Wir müssen hart daran arbeiten, unsere Konstanz und Wettbewerbsfähigkeit an der Spitze des Feldes zu steigern", betonte Teamchef Ross Brawn, was durch einige Neuerungen am Boliden gelingen soll.

Kimi Räikkönen war in Deutschland bisher nicht vom Glück verfolgt, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen war in Deutschland bisher nicht vom Glück verfolgt, Foto: Sutton

Das Unternehmen Premieren-Sieg wird für Lotus in Deutschland durch den Umstand erschwert, dass Romain Grosjean einen Getriebe-Wechsel vornehmen muss, was ihn in der Startaufstellung um fünf Positionen nach hinten befördert. Da kommt es gerade recht, dass Lotus zuletzt damit beschäftigt war, an der Performance im Zeittraining zu arbeiten. "Das Team hat hart gearbeitet, um Lösungen zu finden, damit wir unsere Leistungen im Qualifying verbessern können", ließ Grosjean wissen.

Kimi Räikkönen und deutscher Boden war bisher keine erfolgreiche Paarung. Zwar gelangen dem Finnen vier Pole Positions, jedoch schied er auch sechs Mal aus. "In der Vergangenheit sind die Rennen in Deutschland nie so gelaufen, wie ich mir das erhofft hatte", gab er zu. Besonders wichtig sei in Hockenheim die Traktion, denn ohne ausreichenden Grip auf der Hinterachse könne man die Pace aus dem Auto nicht herausholen, so der Rückkehrer. Die Ziele sind bei Lotus jedenfalls hoch, wie James Allison, der technische Direktor, klarstellte. "Mit ein wenig Glück können wir Ferrari in der Meisterschaft abfangen, vielleicht können wir uns sogar etwas Luft auf McLaren verschaffen."