Drittes Rennwochenende der DTM-Saison 2022 in Imola, gleichzeitig Premiere für die Traditionsserie auf dem Formel-1-Kurs. Rene Rast feiert seinen ersten Sieg in der GT3-Ära, Abt-Audi-Teamkollege Ricardo Feller siegt am Sonntag. Das nächste Rennwochenende steigt auf dem Nürnberger Norisring (01.-03. Juli 2022).

Ergebnis Rennen 1 (Top-10): 1. Rene Rast, 2. Nico Müller, 3. Mirko Bortolotti, 4. Thomas Preining, 5. Kelvin van der Linde, 6. Clemens Schmid, 7. Marco Wittmann, 8. Sheldon van der Linde, 9. Dennis Olsen, 10. Maro Engel

Ergebnis Rennen 2 (Top-10): 1. Ricardo Feller, 2. Dev Gore, 3. Marco Wittmann, 4. Lucas Auer, 5. Sheldon van der Linde, 6. Philipp Eng, 7. Maro Engel, 8. Nico Müller, 9. Maximilian Götz, 10. Mirko Bortolotti

*** Sheldon van der Linde (Schubert-BMW) blieb in Imola eher unauffällig, führt aber weiter die Gesamtwertung an. Der Südafrikaner liegt mit 80 Punkten an der Spitze, gefolgt von Mirko Bortolotti (68 Punkte), Nico Müller (62), Lucas Auer (60) und Rene Rast (49).

*** Doppelsieg für Abt Sportsline in Imola durch Rene Rast und Ricardo Feller - in beiden Rennen landeten die Abt-Fahrer direkt vor der Audi-Konkurrenz des wiedererstarkten Team Rosberg mit Nico Müller und Überraschungs-Mann Dev Gore. Rast, dreimal Meister mit Rosberg, erzielte übrigens seinen ersten Sieg für den Rennstall aus Kempten. Rosberg-Teamchef Kimmo Liimatainen zu Motorsport-Magazin.com: "Was Feller im Qualifying geleistet hat, hat mich vom Hocker gehauen, ehrlich. Nico hätte es vielleicht auch geschafft, aber bei der Feller-Runde fehlen mir die Worte."

*** Ricardo Feller hatte am Sonntagmorgen nach seiner bärenstarken Pole Position etwas kryptisch ans Team gefunkt: "Das machen wir jetzt immer so!" Aber was ist 'das'? Der Abt-Pilot verriet es Motorsport-Magazin.com: "Wir haben am Samstagabend ein Gläschen Wein mit dem Team getrunken und erst lange überlegt, ob wir das wirklich machen sollen. Am Freitag gab's nur Wasser. Der Schluck Wein hat nicht geschadet, deshalb machen wir das jetzt immer so."

*** Im Sonntagsrennen ging es ausfallreich zu: 10 der 28 Fahrer sahen nicht die Zielflagge. Am Samstag fielen sechs Piloten vorzeitig aus. DTM-Rückkehrer Timo Glock zu Motorsport-Magazin.com: "Das ganze Wochenende war verrückt. Allein, wie die erste Runde abläuft - mein Auto ist schon wieder von vorne bis hinten zerdellt, da ist nichts mehr so richtig ganz. Ziemlich chaotisch im Gegensatz zu den Class-1-Zeiten, viel wilder."

*** BMW-Gaststarter Ceccato Racing mit DTM-Rückkehrer Timo Glock kassierte am Sonntag eine Geldstrafe in Höhe von 2.500 Euro. Beim Boxenstopp ging ohnehin einiges schief und obendrein blieb Glock bei der Abfahrt vom Boxenplatz auch noch mit seinem Heckflügel am Schlauch des Schlagschraubers hängen. Das Team argumentierte: "Wir sind Gaststarter und diese Boxenstopps sind neu für uns. In der Serie, in der wir normalerweise fahren, haben wir nur einen Schlagschrauber für alle vier Räder und zwei Minuten Zeit. Weil der Schlagschrauber für alle vier Räder genutzt wird, ist der Luftschlauch entsprechend lang und verfing sich am Heckflügel des Autos."

*** Mirko Bortolotti (GRT-Lamborghini) sorgte am Samstag mit seiner Aufholjagd von P16 bis aufs Podium für Action auf der Strecke - am Sonntag (P10) dann in der Boxengasse. Der Lambo-Spezialist rasselte beim Abbiegen auf die Fast Lane nach dem Boxenstopp mit Lucas Auer zusammen, es kam zur Berührung. Die Rennleitung ordnete einen Platztausch der beiden Fahrer an. Hätte auch härter bestraft werden können, fand mancher Fahrer. Bortolotti zu Motorsport-Magazin.com: "Wir haben uns beim Rausfahren berührt und dann vor dem Re-Start die Plätze getauscht."

*** Trotz der beiden Lokalmatadore Ferrari und Lamborghini im Starterfeld hielt sich das Zuschauer-Interesse vor Ort in Grenzen. Offizielle Besucherzahlen gibt es nicht, nach Blicksichtung tippen wir auf eine niedrige vierstellige Anzahl. "Das hatten wir erwartet", sagte DTM-Boss Gerhard Berger zu Motorsport-Magazin.com. "Nur zwei Dinge ziehen die Italiener an die Rennstrecke: Ferrari in der Formel 1 und Valentino Rossi. Beim Imola-Auftritt des MotoGP-Stars im Rahmen der GT World Challenge im April dieses Jahres waren die Tribünen voll.

*** Beim Heimspiel von Lamborghini schaute neben Motorsportchef Giorgio Sanna auch Rouven Mohr, seit Jahresbeginn Chief Technical Officer der Marke, vorbei. Der langjährige Audi-Mitarbeiter, schon einmal von 2017 bis 2020 bei Lamborghini als Leiter der Gesamtfahrzeugentwicklung für die Entwicklung der Modelle Aventador, Huracan und Urus verantwortlich, zu Motorsport-Magazin.com: "Respekt an Gerhard Berger, was er aufgebaut hat. Die DTM ist eine der wichtigsten Plattformen für uns. Das Wettbewerbsniveau ist sehr hoch. Und bei den vielen Marken im Feld mit deutschen und nicht-deutschen Herstellern wollen wir dabei sein. Außerdem ist der europäische Markt sehr wichtig für Lamborghini."

*** Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach schaute am Samstag vorbei. Der vierte Platz von Werksfahrer Thomas Preining (Bernhard-Porsche) war das Höchste der Gefühle. Dennis Olsen (SSR-Porsche) punktete am Samstag zwar ebenfalls mit P9, doch am Sonntag fielen alle drei 911er-Fahrer im Starterfeld vorzeitig aus. SSR-Pilot Laurens Vanthoor später auf Twitter: "Ich suche nach einem Fahrer-Coach für die DTM. Es scheint, als hätte ich mein Talent in Le Mans vergessen."

*** Kelvin van der Linde feiert am heutigen Montag seinen 26. Geburtstag. Einen Sieg gab es im Gegensatz zu seinen Abt-Audi-Teamkollegen nicht zu holen, dafür aber immerhin ein Geschenk zum Ehrentag: Ein Haushaltsgeräte-Sponsor des Kemptener Rennstalls schenkte KVDL einen Staubsauger! Kann Kelvin, der sich eine Wohnung mit Bruder Sheldon teilt, sicherlich gut gebrauchen.

*** Einige Teams hatten angesichts der sengenden Hitze in Imola kurzfristig mobile Pools gekauft und im Fahrerlager aufgestellt. Eine willkommene Abkühlung für die Fahrer und ein schönes Motiv für Fotografen, die die Piloten in ihrer Rennunterwäsche eiskalt erwischten. Einer der Vorreiter des Paddock-Pools dürfte Schubert Motorsport sein. Das Team hatte schon vor vielen Jahren bei einem GT-Masters-Rennen am Lausitzring bei fast 40 Grad den Pool ausgepackt.

*** Der zweite Platz von Dev Gore (Rosberg-Audi) war die Sensation in Imola: Der 24-Jährige war nicht nur der erste US-Amerikaner in der Geschichte der DTM, der es aufs Podium schaffte. Es waren gleichzeitig Gores erste DTM-Punkte überhaupt in seinem 19. Rennen. Gore ist nach Danny Sullivan (1994, Alfa Romeo) und Joey Hand (2012-2014, BMW) der erst dritte US-Boy, der in der DTM antritt.

*** Marco Wittmann (Walkenhorst-BMW) erzielte am Sonntag den 42. Podestplatz seiner DTM-Karriere und zog dadurch mit Rene Rast gleich. Für den zweifachen DTM-Champion war es das erste Podium seit Assen 2021. Wie sehr Wittmann aufs Treppchen wollte, erklärte er selbst: "Ich glaube, mein Fernlicht-Knopf funktioniert nicht mehr, weil ich hinter Lucas (Auer) so oft aufgeleuchtet habe!" Auer später zu Motorsport-Magazin.com: "Ich habe richtig gespürt, wie sehr Marco aufs Podest wollte. Dann habe ich ausgerechnet in der letzten Runde so einen scheiß Fehler gemacht und er hat es eiskalt ausgenutzt."

*** Rene Rast fiel nach seinem Sieg am Samstag im Sonntagsrennen schon früh wegen eines Reifenschadens hinten rechts aus. Wie es konkret dazu kam, konnten die Äbte zunächst nicht eindeutig klären: Rasts am Streckenrand abgestellter Audi war mehrere Stunden nach seinem Ausfall noch immer nicht zurück ins Fahrerlager transportiert worden. Weil für den DTM-Star lange Zeit kein Transportmittel zur Verfügung stand, machte er sich zu Fuß auf zurück ins Paddock. Rast: "War ein schöner Spaziergang durch den Park..."

*** Clemens Schmid (GRT-Lamborghini) überraschte in Imola mit den Startplätzen vier und fünf sowie P6 im Samstagsrennen. Am Sonntag fiel der Österreicher wegen mehrerer Beschädigungen an Lenkung und Auspuff nach Kollisionen in der Box wie auf der Strecke aus. Für das nächste Rennen am Norisring kassiert der DTM-Rookie obendrein eine Rückversetzung um zwei Plätze in der Startaufstellung. Grund: Speeding in der Boxengasse. Die vorgesehene Durchfahrtstrafe konnte er wegen seines Ausfalls aber nicht antreten.

*** Wir erspähten Walkenhorst-Teammanager Niclas Königbauer am späten Sonntagabend im Fahrerlager, wie er sein Team äußerst tatkräftig beim Abbau unterstützte. Für die Truppe aus Melle bleibt es geschäftig: Schon diesen Dienstag sind die BMW M4 GT3 des Teams beim Test in Spa für das 24-Stunden-Rennen im Einsatz. Der Truck mit den auch in der DTM genutzten Fahrzeugen soll Montagnacht in Belgien aufschlagen.

*** Ein echter Hingucker mitten im Fahrerlager neben den DTM-Stars und ihren GT3-Rennwagen: Ein lila-farbener Lamborghini Huracan STO als äußerst beliebtes Foto-Motiv für die automobilverrückten Tifosi. Motorsport-Magazin.com im Glück: Lamborghini hatte uns den 640 PS starken V10-Kampfstier fürs Wochenende als 'Leih-Lambo' zur Verfügung gestellt.