Pole Position in Katar, Doppel-Pole in Imola, Tripe-Pole in Spa: Ferrari hat sich zum Qualifying-Monster der WEC entwickelt. Die Italiener bestimmen das Geschehen in der jungen Saison 2025 quasi nach Belieben und holten neben den drei Pole Positions auch Siege in allen bisherigen Rennen. Zuletzt in Spa-Francorchamps errangen Antonio Giovinazzi, Alessandro Pier Guidi und James Calado im #51 Ferrari 499P ihren zweiten Saisonsieg in Folge.

Auf dem belgischen Traditionskurs erhielten die Italiener unter Rennbedingungen zwar gehörigen Druck von Alpine, BMW und zeitweise Peugeot, aber im vorangegangenen Qualifying fuhr Ferrari einmal mehr in seiner eigenen Liga. In der Hyperpole-Runde hatte der bestplatzierte Nicht-Ferrari - Stoffel Vandoorne im #94 Peugeot - sechs Zehntelsekunden Rückstand auf Pole-Setter Antonio Fuoco im #50 Italo-Prototypen.

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WEC-Krimi: Hätte Mick Schumacher Ferrari schlagen können? (12:22 Min.)

Ferrari dominiert - Porsche und Toyota im Nirgendwo

Auffällig: Marken-Weltmeister Toyota und Fahrer-Weltmeister Porsche waren mit ihren vier Werks-Autos nicht einmal in die Runde der Top-10 eingezogen, sondern schon im Q1 krachend gescheitert. Der bestplatzierte Porsche, der #6 963 mit Kevin Estre, wies 1,4 Sekunden Abstand zur Spitze auf. Die beiden Toyota GR010 Hybrid waren gar gigantische 1,8 Sekunden hinten dran.

Während zu vergangenen LMP1-Zeiten die Startpositionen bei den mehrstündigen Rennen eine eher untergeordnete Rolle spielten, hat das Qualifying in der neuen und extrem hart umkämpften 'Goldenen Ära' der WEC mit acht Herstellern verstärkt an Relevanz gewonnen. Vor allem auf Strecken mit wenigen Überholmöglichkeiten wie Katar und Imola waren der Startplatz und die damit einhergehende Track-Position von entscheidender Bedeutung.

Waren Porsche und Toyota in der Serie, die durch eine stets streitbar diskutierte Balance of Performance eigentlich alle Fahrzeuge nivellieren soll, wirklich so weit ab vom Schuss? Erhofft sich der eine oder andere Hersteller durch absichtliches Langsamfahren eine bessere BoP für das nachfolgende Rennen, die 24 Stunden von Le Mans (14.-15. Juni 2025)?

Ferrari: "Abstände im Qualifying sind ein Witz"

Einen Hinweis gab Giuliano Salvi, Chef-Renningenieur von Ferrari. Der redselige Italiener meinte nach dem Sieg in Spa während einer Medienrunde: "Im Qualifying waren die Abstände ein Witz, wenn ich das so sagen darf." Und weiter, mit einem Wink vermutlich in Richtung Toyota: "Wenn ich sehe, dass manche Autos 1,8 Sekunden hinten sind und plötzlich im Rennen so eine Pace haben, überrascht mich das etwas. Am Ende waren sie immer eng an uns dran, wenn es drauf ankam."

Der frühere Formel-1-Ingenieur Salvi weiter: "Ich weiß nicht, ob die neue Reifen genutzt haben oder einen vollen Tank hatten... Ich denke nicht, dass diese Abstände real sind. Das Rennen richtete sich eher nach den Ergebnissen aus dem 2. Training. Der Trend sagte, dass Alpine das schnellste Auto hat. Es war ein echter Kampf mit denen." Der #36 Alpine um Mick Schumacher, Jules Gounon und Fred Makowiecki beendete das Rennen auf dem dritten Platz hinter den beiden Ferrari. Ob Schumacher und Co. sogar hätten gewinnen können, haben wir in diesem Artikel analysiert:

"Chancenlos!" - Porsche und Toyota restlos bedient

Toyota betrieb mit P4 (Buemi, Hartley, Hirakawa) im Rennen zwar Schadensbegrenzung auf höchstem Niveau, führte die Punkteausbeute aber mehr auf eine gute Strategie und eine geringe Fehlerquote zurück. Der viermalige Le-Mans-Sieger Sebastien Buemi - von P15 gestartet, einen Platz vor dem Schwesterauto - meinte später zu Motorsport-Magazin.com: "Vom Speed her waren wir der sechst- oder siebtlangsamste Hersteller. Das ist nicht akzeptabel. Wir waren chancenlos!"

Ähnliches Feedback aus dem Porsche-Lager, das sich in Spa mit P9 als bestem Ergebnis begnügen musste. Motorsportchef Thomas Laudenbach übte so laut Kritik an der Balance of Performance, wie es unter dem FIA-Maulkorb im Bereich des Erlaubten liegt: "Wir müssen schlicht und ergreifend festhalten: Die Rahmenbedingungen für ein besseres Ergebnis waren nicht gegeben. Wie immer werden wir tief in die Analyse einsteigen, zumal als nächstes die 24 Stunden von Le Mans anstehen. Aber ich denke, es gibt hier auch einen massiven Handlungsbedarf außerhalb unserer Organisation. Das Rennen spricht für sich."

Ferrari: "Auf unserer Seite herrscht keine Magie"

Während die Konkurrenz weiter über die Stärke des Ferrari, der im Winter auf ein Performance-Joker-Update verzichtet hat, grübelt, meinte Salvi: "Auf unserer Seite herrscht keine Magie. Im Rennen haben wir die anderen nicht überrundet. Wir haben hart bei den Simulationen sowie am Reifen-Management gearbeitet und dabei großes Potenzial erschlossen. Das hat geholfen. Wir haben die Qualifyings wie ein richtiges Quali behandelt, um im Rennen dem Verkehr zu entgehen."

Während der Ferrari-Mann über gewisse Konkurrenten schmunzelte, befand er den Spa-Abstand im Qualifying von sechs Zehntelsekunden auf den besten Nicht-Ferrari nicht allzu überraschend: "Spa ist eine lange Strecke, da sind vier bis sechs Zehntel normal. Wir haben extrem gute Fahrer mit Fuoco und Giovinazzi (die beiden Qualifying-Piloten; d. Red,.). Sie erfüllen den Formel-1-Standard und können problemlos in der Spitzenklasse des Motorsports arbeiten."