Zwei Wochen nach dem Sieg in Austin erlebte Ferrari in Fuji den schwärzesten Tag seit der Rückkehr in die WEC anno 2023. Der bestplatzierte der drei 499P-Boliden in Form der Le-Mans-Sieger Antonio Fuoco/Miguel Molina/Nicklas Nielsen erreichte beim vorletzten Saisonrennen nur den neunten Platz. Das Schwesterauto mit der Startnummer #51 (Giovinazzi/Pier Guidi/Calado) fiel 45 Runden vor Schluss durch einen Folgeschaden aus, den ausgerechnet Robert Kubica im gelben AF-Corse-Ferrari beim Start verursacht hatte.

Das 6-Stunden-Rennen in Japan begann denkbar schlecht für die Italiener. Der von Platz 13 gestartete Kubica sah zu Beginn der zweiten Runde eine nicht vorhandene Lücke und rammte dem #5 Porsche 963 mit mächtig viel Anlauf unsanft ins Heck. Fred Makowiecki wurde durch den wuchtigen Treffer in Vordermann Antonio Giovinazzi geschleudert, der bei dieser Karambolage auch noch Ferdinand Habsburgs Alpine erwischte.

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Antonio Giovinazzis kaputter Ferrari nach dem Start-Unfall in Fuji, Foto: LAT Images

Dicke Strafe für Bruchpilot Robert Kubica nach Vierfach-Crash

Die Rennleitung machte den früheren Formel-1-Fahrer aus Polen als Schuldigen aus und brummte ihm eine 30-Sekunden-Boxenstoppstrafe auf. Diese Bestrafung hatte Kubica dieses Jahr schon einmal erhalten, als bei den 24 Stunden von Le Mans mit BMW-Fahrer Dries Vanthoor bei 300 km/h aneinandergeraten war.

Jetzt folgte der Fuji-Vorfall für Kubica, der mit seinen AF-Corse-Teamkollegen Robert Shartzman sowie Yifei Ye das vorangegangene Rennen in Austin überraschend gewonnen hatte und Ferrari den ersten WEC-Sieg abseits von Le Mans bescherte. Kubica musste mit seinem lädierten 499P ebenso zum Reparatur-Boxenstopp wie Giovinazzi.

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Robert Kubica zählt zu den Fan-Lieblingen in der WEC, Foto: WEC/DPPI

Während damit das Rennen für zwei der drei Ferrari praktisch gelaufen war, ruhten die letzten Hoffnungen auf der #50. Weil die reine Pace nicht ausreichte, um das Auto nach vorne zu bringen, zeigten sich die Ferrari-Strategen kreativ: Nicklas Nielsen übernahm ab der 43. Runde für Startfahrer Miguel Molina, der nicht mehr ins Cockpit zurückkehren sollte.

Beim Boxenstopp des Dänen zur 51. Runde während eines Virtual Safety Car entschied Ferrari, ihn mit vier frischen Medium-Reifen wieder auf die Piste zu schicken, während die meisten Konkurrenten angesichts der regulatorischen Reifen-Knappheit nur auf der linken Seite neue Michelins aufziehen ließen.

WEC-Rennen in Fuji 2024: Highlights und Zusammenfassung (14:58 Min.)

Ferrari führt Fuji-Rennen zur Halbzeit an

Der Reifen-Vorteil brachte Nielsen im von P7 gestarteten Ferrari zügig an beiden Toyota vorbei bis auf die vierte Position. Dem 27-Jährigen gelang es, nach seinem zweiten Boxenstopp (Runde 93) sogar, zur Rennhalbzeit die Führung zu übernehmen. Mit kalten Reifen verteidigte sich Nielsen zunächst erfolgreich gegen Verfolger Andre Lotterer im später siegreichen #6 Porsche, bevor Teamkollege Antonio Fuoco ab der 134. Runde ebenfalls zu einem Triple-Stint ansetzte.

Danach ging es bergab, was allerdings nicht an der Leistung des schnellen Italieners, sondern vielmehr an der dritten Safety-Car-Phase des Rennens (Runde 153) lag. Zum Zeitpunkt der Neutralisation lag Fuoco an fünfter Stelle, bevor er beim nachfolgenden 'Schluss-Sprint' über 90 Minuten nach hinten durchgereicht wurde. Das Safety Car hatte Ferraris herausgefahrene Zeit zunichte gemacht.

Ferrari-Leiter: "Alle anderen konnten uns leicht überholen"

"Das letzte Safety Car war unglücklich", wurde Ferraris Langstrecken-Leiter Ferdinando Cannizzo von Sportscar365 zitiert. "Wir hatten ungefähr die gleichen Reifen übrig wie die anderen. Aber der zuvor erzielte Abstand wurde uns genommen. Als das letzte Safety Car das Feld zusammenführte, war es uns unmöglich, die Position zu verteidigen. Mit dem Verhältnis von Leistung zu Luftwiderstand und Abtrieb zu Gewicht, das wir haben, konnten uns alle anderen Autos leicht überholen."

In Fuji haderte Ferrari mit dem Speed auf der 1,5 Kilometer langen Endlos-Geraden, wenngleich es insgesamt besser lief als im Vorjahr beim Gastspiel auf dem früheren Formel-1-Kurs. 2023 erlebten die Roten mit den Plätzen vier und fünf ihr schwächstes Rennen und verpassten zum einzigen Mal in jener Saison einen Podestplatz.

Cannizzo, der glaubte, dass ohne das Safety Car der vierte Platz für die #50 möglich gewesen wäre: "Im Vergleich zum Vorjahr performte das Auto sehr gut. Letztes Jahr hatten wir Probleme bei jeglichen Bedingungen. Dieses Jahr waren wir auf dem Punkt. Ich denke, im ersten Sektor waren wir die Besten. Aber im zweiten Sektor und auf den Geraden fehlte uns Performance."

Ferrari verlässt Fuji mit "bitterem Beigeschmack"

Unterdessen knabberte Ferrari-Sportwagenchef Antonello Coletta an der Startkollision, die zwei der drei 499P um ein besseres Ergebnis brachte: "Leider sind wir es nicht gewohnt, ein solches Ergebnis zu kommentieren, angesichts des Potenzials des Autos und nachdem wir ein Rennen erlebt haben, bei dem Strategie, Boxenstopps, Reifenmanagement und die Leistung der Fahrer auf der Strecke makellos waren. Wir haben alles in unserer Macht Stehende getan, um für das Podium zu kämpfen, und es nicht zu erreichen, hinterlässt einen bitteren Beigeschmack."

Umso bitterer, weil die Titelchancen des #50 Ferrari nach Platz neun auf ein Minimum gesunken sind. Fuoco/Molina/Nielsen bleiben Gesamt-Zweite in der WM-Tabelle, ihr Rückstand auf das Porsche-Trio Andre Lotterer, Kevin Estre und Laurens Vanthoor ist aber auf 35 Punkte angewachsen. Beim Saisonfinale in Bahrain (02. November) werden noch 39 Zähler vergeben. In der Hersteller-Wertung belegt Ferrari den dritten Rang mit 27 Punkten Abstand auf Spitzenreiter Porsche und 17 Zählern hinter Toyota.

Einziger Lichtblick: In der LMGT3-Klasse feierte AF Corse nach der Debüt-Pole den ersten Sieg eines Ferrari 296 GT3 durch Davide Rigon, Francesco Castellacci und Thomas Flohr. Der #92 Manthey-Porsche 911 GT3 R (Klaus Bachler/Joel Sturm/Alex Malykhin) belegte den zweiten Platz und sicherte sich dadurch vorzeitig den Gewinn der Weltmeisterschaft.