Während das Porsche-Werksteam um Andre Lotterer, Kevin Estre und Laurens Vanthoor nach seinem WEC-Gesamtsieg in Fuji kurz vor dem Gewinn der Hypercar-Weltmeisterschaft steht, hat das Kundenteam Manthey dieses Kunststück bereits geschafft. Beim vorletzten Saisonrennen in Japan reichte dem #92 Trio Klaus Bachler/Joel Sturm/Alex Malykhin der zweite Platz in der LMGT3-Klasse, um vorzeitig die Fahrer-WM zu gewinnen.

Manthey-Porsche ist ebenso in der Team-Wertung vor dem Saisonfinale in Bahrain rechnerisch nicht mehr einholbar. Damit gehen gleich zwei WM-Titel an den Rennstall aus Meuspath am Nürburgring, der 2023 mit Thomas Preining bereits die Fahrer- sowie Team-Meisterschaft in der DTM gewonnen hat.

Manthey-Dominanz in der WEC: Vier Siege in sieben Rennen

Manthey blickt auf eine nahezu perfekte Saison in der Langstrecken-Weltmeisterschaft zurück und konnte in der neueingeführten GT3-Kategorie fast nahtlos an seine vergangenen Erfolge in der GTE-Vorgängerklasse anknüpfen. Die frischgebackenen Weltmeister Bachler, Sturm und Malykhin gewannen den Saisonauftakt in Katar sowie das Rennen in Sao Paulo und fuhren in sechs der sieben Rennen aufs Podium.

Rückblickend war besonders der Sieg des #92 Porsche 911 GT3 R in Brasilien wichtig, nachdem das #91 Schwesterauto (Yasser Shahin/Morris Schuring/Richard Lietz) kurz zuvor die 24 Stunden von Le Mans gewonnen hatte und in der Tabelle mit der #92 gleichgezogen war. Shahin, Shuring und Lietz triumphierten neben dem Klassiker in Le Mans auch zuvor beim 6-Stunden-Rennen in Spa, womit Manthey-Porsche vier der bisherigen sieben Saisonrennen für sich entschieden hat.

Jetzt in Fuji fiel die Vorentscheidung auch, weil der #91 Neunelfer nach einer Kollision mit einem LMDh-Auto wegen eines Reifenschadens einen außerplanmäßigen Boxenstopp einlegen musste und nur auf Platz 14 landete. In der WM-Tabelle belegen Shahin/Shuring/Lietz mit 90 Punkten den zweiten Platz hinter ihren weltmeisterlichen Teamkollegen (136 Punkte). Für Manthey gilt es beim bevorstehenden 8-Stunden-Rennen in Bahrain, die Doppelführung vor dem Drittplatzierten #31 BMW M4 GT3 von WRT (Leung/Gelael/Farfus) zu behaupten.

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Weltmeister! Das Manthey-Trio Alex Malykhin, Joel Sturm und Klaus Bachler, Foto: LAT Images

Manthey-CEO Raeder: "Auf der Strecke waren wir nicht die Schnellsten"

"Ich bin sehr stolz auf unser gesamtes Team", konnte sich Manthey-Geschäftsführer Nicky Raeder über weitere Derivate in der ohnehin üppig ausgestatteten Pokalsammlung freuen. "Wir haben es wieder einmal geschafft, ein Rennen durch eine extrem gute Strategie und eine fehlerfreie Umsetzung zu unseren Gunsten zu entscheiden, denn auf der Strecke waren wir nicht die Schnellsten. Und auch die drei Piloten der Startnummer 92 haben alles richtig gemacht."

Tatsächlich war eine strategische Meisterleistung nötig, um die Weltmeisterschaft einzusacken, denn: Der #92 Porsche war nach einem schwierigen Qualifying nur vom 14. Platz im Feld der 18 GT3-Autos ins Rennen gestartet. Der Erfolgsballast von immensen 40 (!) Kilogramm half ebenfalls nicht. Doch dank einer angepassten Taktik gelang es der Manthey-Truppe, mit nur sechs Boxenstopps durchzukommen, während ein Großteil der Konkurrenz - darunter der siegreiche #54 Ferrari 296 GT3 von AF Corse (Flohr, Castellacci, Rigon) - sieben Stopps benötigte. Das brachte dem Porsche rund eine Minute Zeitgewinn ein.

Seltenheitswert: Bronze-Fahrer erhält die meiste Fahrzeit

Den Grundstein für den späteren Podestplatz legte Startfahrer Malykhin nach einem wahren Husarenritt. Nicht nur machte der 37-jährige Belarusse zwei Positionen gut, auch saß er ganze 2:22 Stunden im Auto. Üblicherweise absolvieren die Bronze-Fahrer - in Mantheys Fall Malykhin - eines GT3-Teams nur die 1:45 Stunden Mindestfahrzeit, bevor die schnelleren Fahrer der FIA-Kategorien Silber und Platin übernehmen. Am Ende absolvierte Porsche-Werksfahrer Bachler (Platin) mit 1:41 Stunden sogar die geringste Fahrzeit im #92 911er.

Malykhin erhielt für den zweiten Teil seines Triple-Stints einen frischen Satz Goodyear-Reifen anstatt durchzufahren, um so besser angreifen zu können. Dazu spielte das Glück eine Rolle, als Manthey ein Virtual Safety Car mit anschließender Safety-Car-Phase ab der 50. Runde nutzte, um beide Autos hereinzurufen, wobei bei Shahins #91 Porsche im Gegensatz zum Schwesterauto nur nachgetankt wurde.

Diese Strategie und Boxenstopps anderer Autos brachte Malykhin zwischenzeitlich bis auf die vierte Position nach vorne. "Alex hatte einen guten Start und alles unter Kontrolle. Es war aber schwierig, weiter nach vorne zu kommen", erklärte der Österreicher Bachler. "Deshalb hat sich das Team für eine andere Strategie entschieden. Das war riskant und ich dachte zuerst, dass es nicht aufgehen würde. Zehn Minuten später dachte ich dann: 'Okay, jetzt sind wir nicht mehr Zwölfter, sondern virtuell in den Top-5.'"

Als Silber-Fahrer Sturm das Auto zur 77. Runde übernahm, musste er seinen ersten Stint auf Malykhins alten Reifen absolvieren, bevor Manthey beim nächsten Boxenstopp die zuvor im Qualifying genutzten Schlappen aufziehen ließ. Bachler: "Joel musste Alex' alte Reifen nutzen, weil wir vor den anderen Autos bleiben wollten. Deshalb litt er sehr in seinem ersten Stint, hat es aber sehr gut gemanagt. Danach waren wir sogar Erster, bis ein Safety Car alle Autos wieder zusammengeführt hat. Wegen des Extra-Ballasts im Auto wusste ich, dass die letzten beiden Stints hart werden würden."

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Eine Macht in der WEC: Der Manthey-Porsche 911 GT3 R, Foto: LAT Images

Weltmeister Klaus Bachler: "Ein Traum ist wahrgeworden"

Bachler sprang in Runde 138 in den Porsche und legte einen Doppelstint bis zum Zieleinlauf in der 194. Runde ein. Zwischenzeitlich wurde er von einem United-Autosports McLaren überholt, der die Pace aber nicht mitgehen konnte. Nur gegen den #54 AF-Corse-Ferrari mit Werkspilot Davide Rigon war am Ende kein Kraut gewachsen. Bachler dürfte mit Blick auf die Weltmeisterschaft - und den nicht zu vergessenden 40 Kilo Erfolgsballast - aber auch nicht mehr volles Risiko gefahren sein, um den WM-Titelgewinn dingfest zu machen.

"Ein Traum ist wahrgeworden", sagte er später. "Ich hatte das Ziel, mit meinen Teamkollegen den Titel zu holen. Dass es uns vorzeitig gelungen ist, fühlt sich noch besser an. Dadurch haben wir beim letzten Rennen weniger Druck. Ein paar Jungs sind ziemlich hart gefahren, was klar ist, weil wir mehr zu verlieren hatten. In Bahrain wird es anders laufen, dann können wir auch mit den anderen kämpfen."

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Vorzeitiger Manthey-Triumph in der neuen LMGT3-Klasse der WEC, Foto: Porsche AG

Manthey-Porsche: Projekt Titelgewinn von langer Hand geplant

Die Weltmeisterschaft war am Ende der verdiente Lohn für ein von langer Hand und akribisch geplantes Projekt. Bachler, Sturm und Malykhin waren vor dem WEC-Saisonstart bereits in der GT World Challenge sowie in der Asian Le Mans Series während des Winters zusammen angetreten, um sich aufeinander einschießen zu können. Auch in Asien setzte sich der als 'Pure Rxcing' eingeschriebene Manthey-Porsche in der Klasse durch.

Malykhin: "Wir haben unser Fahrer-Lineup viel früher als die anderen Teams zusammengestellt. Es war das klare Ziel, den WEC-Titel zu gewinnen. Wir sind schon vorher zusammen Rennen gefahren, um eine gute Kommunikation aufzubauen. Die Saison hat toll begonnen, aber wir hatten auch mal Pech wie in Le Mans mit dem Getriebe. Das war ein großer Test für unsere Einstellung. Wir haben danach diskutiert, ob wir bereit sind für den WM-Titel oder nicht. Dann kehrte das Glück zurück, wie hier mit dem Safety Car. Wir haben es absolut verdient."