Es war das erwartete Chaos. In der ersten Kurve des MotoGP-Sprints in Ungarn sorgte Fabio Quartararo für eine Kollision, deren Folgewirkung auch zwei weitere Piloten zu spüren bekamen. Während die Fahrer Verständnis für den Franzosen äußerten, griffen die Stewards durch - auch bei Quartararos Kollisionsopfer.

"Da war es dreckig" - Quartararo erklärt MotoGP-Startkollision in Ungarn

Was war überhaupt genau passiert? "Für mich wirkte mein Bremspunkt in Ordnung, aber auf der rechten Seite begann mein Motorrad auf dem Dreck zu rutschen. Als Diggia [Fabio di Giannantonio] reinzog, musste ich die Bremse komplett öffnen, um nicht mit ihm zu kollidieren. Das sorgte dann für das Problem, dass viele andere vor mir auftauchten. Dann passiert sowas", erklärte der Yamaha-Pilot selbst, warum er da zu schnell innen in Kurve 1 angerauscht kam.

Einen der anderen traf er dann auch. Es handelte sich um Enea Bastianini. Der Tech3-Pilot konnte zunächst aber weiterfahren, während sich Quartararo selbst ins Kiesbett und damit auch aus dem Rennen beförderte. Er erklärte den Unfall nicht nur mit der engen ersten Kurve. "Da ist es sehr dreckig. Auf der Aufwärmrunde fahre ich immer als letzter. Ich sah Alex [Rins], da auf der rechten Seite fahren und sein Reifen war voller Sand. Das war ziemlich übel", erklärte der Ex-Weltmeister.

Pedro Acosta schäumt, Stewards bestrafen Quartararo

Ab dem Moment der Fehleinschätzung, hätte er nichts mehr tun können: "Wenn du dann bremst, dann blockierst du und kannst nicht stoppen." Auf die Frage nach einer drohenden Strafe meinte 'El Diablo' nur: "Ich hoffe nicht, aber ich weiß nicht. Es ist nicht meine Entscheidung und sicher schwierig nachzuvollziehen." Die MotoGP-Stewards kannten keine Gnade. Der Franzose muss im Grand Prix eine Longlap absolvieren.

Fabio Quartararo verschätzte sich in Kurve 1, Foto: IMAGO / PsnewZ
Fabio Quartararo verschätzte sich in Kurve 1, Foto: IMAGO / PsnewZ

Diese hält Pedro Acosta für gerechtfertigt. "Ich war vierter oder fünfter in der ersten Kurve, aber Quartararo kam angerauscht, als wäre niemand dort gewesen", beschwerte sich der KTM-Pilot. Seinen Tag habe er sich zwar auch selbst vermasselt, doch Quartararo bekam ebenfalls sein Fett weg: "Ich darf jetzt den Mist ausbaden, den ich mir mit meinem Fehler [ein Sturz, Anm. d. Red.] im Qualifying eingebrockt habe, aber ich hatte nicht so eine dramatische erste Kurve erwartet. Das war ein schwerwiegender Fehler von Fabio, kein kleiner." Auch sein Fehler im Qualifying hätte fast katastrophale Konsequenzen gehabt. Mehr dazu hier:

MotoGP-Fahrer zeigen Solidarität mit 'El Diablo': Kann jedem passieren!

Doch jetzt das Überraschende. Der wutendbrannte 'Hai' stand damit vollkommen allein da. Der Rest des Fahrerfelds verteidigte Quartararo fast schon. "Ich habe komplettes Verständnis. Es ist so einfach, hier den Bremspunkt für Kurve 1 zu verpassen. Diese Kurve ist so eng. Es sind vielleicht ein Fenster von zwei bis maximal fünf Meter, das ein gutes Bremsmanöver in die Kurve hinein ermöglicht. Ich habe also vollstes Verständnis für Fabios Fehler, obwohl es sich um einen Fehler handelte", meinte etwa der drittplatzierte Franco Morbidelli, vor dessen Augen sich der Vorfall ereignete.

"Wir haben gesehen, wie unglaublich einfach es hier ist, in Kurve 1 einen Fehler zu begehen. Ich habe ehrlicherweise Verständnis dafür, was Fabio passierte. Ja, es ist ein Fehler, aber der kann dir hier sehr leicht passieren", sprang auch Alex Marquez der Nummer 20 zur Seite. "Das ist etwas, das passieren kann. Es ist komplett verständlich und kann jedem von uns passieren. Es ist normal", zeigte sich Marco Bezzecchi ebenfalls milde.

Johann Zarco schäumt über Bastianini, kennt aber nicht alle Details

Dabei haben wir noch gar nicht ausführlich über das unschuldige Opfer des Startunfalls gesprochen: Enea Bastianini. Der Italiener sorgte danach aber noch in der Startrunde für den nächsten Zwischenfall, indem er Johann Zarco in Kurve 9 abräumte. "Ich bin in Ordnung, aber nicht das Motorrad. Das ist komplett zerstört. Es ist schade, der Start war nicht schlecht", seufzte der Franzose.

Doch dann teilte er auch noch ordentlich gegen 'La Bestia' aus: "Er macht sowas häufig und es geht ein bisschen zu weit. Er versucht Dinge, die ein bisschen zu verrückt sind. Manchmal hat er damit Glück und bekommt die Kurve und manchmal crasht er und haut andere Jungs raus. Es ist schade." Da kannte der Franzose aber noch nicht die gesamte Geschichte. Diese hat mit Landsmann Quartararo zu tun.

Quartararo sorgt für Defekte KTM bei Bastianini, doch Stewards kennen keine Gnade

Der Yamaha-Pilot hatte ja in Kurve eins die KTM des Italieners getroffen. "Diese Strecke ist schwierig, besonders in der ersten Runde für uns in der MotoGP. Ich kann den Fehler von Fabio verstehen. Er kam zu mir in die Box und entschuldigte sich", beschuldigte auch Bastianini den Unfallverursacher nicht. Doch der Vorfall hatte Konsequenzen.

Tech3-Pilot Enea Bastianini
Enea Bastianini wurde bestraft, Foto: IMAGO / Action Plus

"Ich wollte das Rennen fortsetzen, aber mein Ride-Height-Device war beschädigt und ich kam mit einem heruntergefahrenen Motorrad in Kurve 9 an. Ich versuchte viel früher als normal zu bremsen, aber ich konnte das Bike nicht stoppen und bin sehr schnell in Johann reingekracht", erklärte der Tech3-Pilot den Unfallhergang in dem Kontext, der Zarco unbekannt war.

Doch überraschenderweise akzeptierten die Stewards die durch Fabio Quartararo verursachte Beschädigung am Ride-Height-Device nicht als Entschuldigung für die Kollision. Von Bastianinis Ausführungen unbeeindruckt brummten sie dem eigentlichen Opfer der Startkollision gleich zwei Longlaps auf. Dazu waren sie per Reglement gezwungen, da es sich um das zweite Vergehen des Italieners in dieser Saison handelte. Bei Quartararo hingegen war es der erste Verstoß, welcher in einer Longlap mündete.

Von alle dem unbeeindruckt zog Marc Marquez vorne einsam seine Kreise. Die Dominanz des Ausnahmefahrers nimmt langsam fast absurde Züge an. Mehr dazu hier: