Seit Jahren stagniert das MotoGP-Projekt von KTM in Sachen Ergebnisse. Dafür sorgt eine andere Marke: Ducati. Die Italiener dominierten die Königsklasse zuletzt nach Belieben. Sollte sich KTM nicht stärker an der Truppe von Gigi Dall'Igna orientieren, oder diese gar kopieren? Für zwei Neuzugänge in Mattighofen ist die Sachlage nicht so einfach.

KTM-Teamchef Aki Ajo: Natürlich mit einem Auge auf Ducati…

Aki Ajo war in den letzten Jahren erfolgsverwöhnt. Seine Mannschaften gewannen in der Moto2 und der Moto3 zahlreiche Weltmeistertitel. Dort tritt Ducati aber auch nicht an. Nun ist er bei KTM der neue Teamchef einer Mannschaft, die vom Titelgewinn bisher noch deutlich entfernt war.

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Sollte in diesem Fall nicht einfach versucht werden, das Erfolgsrezept Ducatis auch in Mattighofen zu implementieren? "Natürlich blickt man darauf, wenn jemand es wirklich gut macht, aber ich mag das Wort Kopie nicht. Das ist nicht unbedingt etwas, das man tun sollte. Aber sie verfolgen und analysieren, natürlich. Man kann immer lernen", äußert sich der Finne zunächst etwas unentschlossen.

KTM-Führungspersonal soll eigenen Weg gehen

Seine Aufgabe ist vor allem im Bereich des Managements. In dieser Hinsicht ist es auch zu verstehen, wenn er meint: "Man sollte auf jeden Fall den Richtwert verfolgen und sie [Ducati, Anm. d. Red.] mit einem Auge betrachten, das versucht zu erkennen und zu verstehen, wie man daraus vielleicht etwas für sein eigenes Projekt lernen kann." Bei Ducati ist eben nicht nur das Motorrad stark. Auch im internen Umgang und der Teamstruktur setzt Borgio Panigale Maßstäbe.

Bei KTM gibt es andere Strukturen. Einen Techniker an der Spitze der MotoGP-Abteilung, wie Gigi Dall'Igna, gibt es nicht. Dies soll auch weiterhin so bleiben, denn solche Führungskräfte sind kein Produkt von der Stange: "Jedes Projekt ist anders. Jeder Mensch ist anders. Wir haben viele sehr wichtige Positionen in der Führungsebene. Es ist schwierig, eine andere Person zu imitieren. Zumindest meine Denkweise ist, dass ich immer zuerst versuche zu verstehen, was man selbst hat und wie man es verbessern kann. Wir müssen uns auf KTM-Art verbessern, auf unsere Art." Wie das aussehen wird, muss Ajo erst noch zeigen. Er kündigt jedoch an, dass sich KTM auf die eigenen Stärken besinnen solle.

Enea Bastianini will keine Kopie: Motorrad muss eine KTM bleiben

Damit gleicht sich der Tenor eines weiteren Neuzuganges bei KTM, auch wenn dieser bei Tech3 und nicht im Werksteam unter Aki Ajos Ägide fährt. Enea Bastianini kam von den Dominatoren des Sports zur Satellitenmannchaft. "Der Vergleich mit der Ducati ist nicht einfach, weil die Maschine anders ist. Es ist nicht dasselbe, die Stärken liegen anderweitig", gibt 'La Bestia' an.

Obwohl der Italiener direkt benennt, wo die Desmosedici der RC16 deutlich voraus ist, will auch er keine Kopie: "Wir müssen am Herausbeschleunigen arbeiten, denn da funktionierte die Ducati sehr schön. Aber ich will nicht zu viele Vergleiche anstellen. Dieses Motorrad ist anders und muss eine KTM sein und bleiben." Der siebenfache MotoGP-Rennsieger unterstreicht: "Wir müssen den stärksten Teil des Motorrads nutzen. Für mich erscheint das als das Beste."

Enea Bastianini in der Tech3-Box
Enea Bastianini will die Stärken der KTM erlernen, Foto: Red Bull Content Pool

Und das bedeutet für ihn, aus der eigenen Komfortzone zu gehen. Wenn KTM einfach so gut wie möglich die Ducati imitieren würde, wäre der Umstieg nach vier Jahren auf demselben Motorrad wohl einfacher. Doch Bastianini will gar nicht den leichten Weg gehen: "Ich muss meinen Fahrstil etwas anpassen. Nach vier Jahren ist es nicht einfach, sich zu ändern, aber ich bin hier, um es zu versuchen." Inwiefern der KTM-eigene Weg 2025 zum Erfolg führen kann, wird sich zeigen.

Die finanzielle Krise des Motorrad-Herstellers macht die Sache sicherlich nicht einfacher. Mehr zur Lage in Mattighofen erfahrt ihr in unserem Exklusiv-Interview mit Motorsport-Chef Pit Beirer: