Im Schatten des großen Titelduells blickte das MotoGP-Paddock in Sepang gespannt mit einem Auge auf ein weiteres Ereignis. Andrea Iannone durfte nach über vier Jahren Pause nach langer Dopingsperre wieder auf ein Motorrad in der Königklasse steigen, nachdem er sich mit guten Leistungen in der Superbike-Saison empfohlen hatte. Er ersetzte den frisch operierten Fabio Di Giannantonio bei VR46. Für den Italiener eine große Chance, und eine große Qual.

Andrea Iannone: Ich war das Limit, nicht das Motorrad

Am Sonntag war die Zielflagge nach 20 Runden so etwas wie eine Erlösung für den 'Maniac'. Er musste zugeben, dass die modernen Motoräder der MotoGP in einer Hinsicht eine Nummer zu groß für ihn waren: "Ich habe mehr nachgelassen als meine Reifen. Ich bin fertig. Es war schwierig. Meine Arme, meine Schultern, alles...mein gesamter Oberkörper ist am Ende." Während er bei seinem Comeback in der Superbike-WM sofort überzeugen konnte, war die Königklasse dann doch eine andere Nummer.

Dabei war der Sepang International Circuit mit seinem Layout, den hohen Temperaturen und dem Sauna-Effekt der hohen Luftfeuchtigkeit sicherlich nicht gerade der beste Ort für eine Rückkehr. Seine weiterhin vorhandene fahrerische Klasse ausreizen konnte der 34-Jährige da nicht: "Das Limit war ich selbst und nicht das Motorrad. Als ich noch frisch war, da habe ich das Limit gespürt. Wenn du müde bist, dann ist es schwierig, an die Grenzen zu gelangen. Heute im Rennen war ich nicht am Limit." Den Beweis für seine Aussagen trat er im Übrigen im Qualifying an. Über eine Runde setzte noch keine Ermüdung ein und mit Startplatz 17 schlug er sich mehr als achtbar.

MotoGP-Comeback dennoch ein Erfolg: Schneller als Bautista 2023!

Trotz seines körperlichen Defizits will Iannone kein negatives Fazit ziehen. "Das Ziel des Wochenendes war, keinen Fehler zu begehen und jedes Rennen zu beenden. Das haben wir zu 100% erfüllt", gab er an. Auch mit seinen Fortschritten im Verlauf des Wochenendes war er zufrieden: "Am Anfang war ich 3 bis 4 Sekunden hinter dem Führenden. Am Ende war ich schon näher dran." Letztlich verlor er am Rennende dennoch fast 50 Sekunden auf Sieger Francesco Bagnaia, der zusammen mit Jorge Martin allerdings auch die anderen etablierten Fahrer klar abhängte. Außerdem war ein Großteil des Rückstands durch die körperlichen Grenzen erklärbar: "Das Problem waren die Arme am Bremspunkt. Da hatte ich nicht die Kraft dafür. Es war nicht möglich, mit hoher Intensität zu bremsen. Da habe ich viel verloren. Eigentlich alles am Bremspunkt."

Andrea Iannone in Malaysia
Iannone konnte nicht richtig bremsen, Foto: LAT Images

Doch ein Vergleich mit Bagnaia oder den anderen Stammpiloten wäre nach über 4 Jahren Abwesenheit auch nicht angemessen, selbst für einen 118-fachen MotoGP-Starter. Vielmehr zog er mit etwas Humor die für sich passende Richtmarke zu rate: "Ich habe gelernt, dass ich schneller als Bautista im letzten Jahr war." Superbike-Konkurrent Alvaro Bautista fuhr damals eine Wildcard, ebenfalls auf einer Ducati GP23. Fairerweise sollte aber erwähnt werden, dass auch der Spanier damals aufgrund einer Verletzung körperlich nicht ganz fit war. Außerdem sind die Reifen des Jahrgangs 2024 schneller als noch im Vorjahr. Das dürfte Iannone aber wohl nicht interessieren, wenn er Bautista im Superbike-Paddock die Rundenzeiten mitteilt.

Iannone wohl nicht in Barcelona am Start, aber "10 Tage trainieren am trainieren" falls doch

Aller Voraussicht nach wird beim Saisonfinale Ducati-Testfahrer Michele Pirro bei VR46 fahren. Das bestätigt auch Iannone indirekt: "Ob ich auch in Barcelona fahren werde? Ich weiß es nicht. Bis jetzt hat mich keiner gefragt. Ehrlicherweise habe ich gerade nicht viel Kraft, darüber nachzudenken oder über Barcelona zu sprechen. Ich werde abwarten. Wenn mich Vale [Valentino Rossi], Gigi [Dall'Igna] oder wer auch sonst danach fragen, dann werde ich eine Entscheidung treffen."

Falls es aber doch zur zweiten Chance für den 'Maniac' kommen sollte, dann stehen harte Stunden im Fitnessraum an: "In dem Fall würde ich in diesen 10 Tagen mehr trainieren." Außerdem kämen Bedingungen und Streckencharakteristik zu Hilfe: "Ich denke Barcelona ist einfacher als Malaysia." Eine offizielle Bestätigung, wer in Barcelona für VR46 fahren wird, steht noch aus.

Vielleicht könnte aber auch Barcelona als Ersatz für Valencia wackeln. Auch die katalanische Hauptstadt ist von Fluten betroffen. Mehr dazu hier: