Marc Marquez war am MotoGP-Rennsonntag in Assen das erste Opfer der 2024 neuen und verschärften Reifendruckregel. Im Sprint von Jerez mussten bereits einige Fahrer eine Achtsekundenstrafe hinnehmen, die 16 in einem Hauptrennen vorgesehenen Sekunden kassierte vor Marquez aber noch kein Pilot.
Schlussendlich waren Nuancen für die Strafe des MotoGP-Superstars ausschlaggebend. In 60 Prozent aller Runden - in Assen waren das 16 Stück - muss der Druck im Vorderreifen über den vorgegebenen 1,8 bar liegen. Marquez schaffte trotz geschickter Tricks wie dem bewussten Vorbeiwinken von Rivalen nur 15 Runden. In einer Runde fehlten ihm 0,01 bar.
Bastianini beschert Marc Marquez Strafe
Es handelte sich dabei um Lap 21. Jene Runde also, in der Marquez mit einem harten, aber wohl vertretbaren Manöver von Enea Bastianini in Kurve eins weitgeschickt wurde. Marquez kam in die Auslaufzone und sammelte dort eine Menge Schmutz auf. In den folgenden Kurven musste er daher Tempo rausnehmen, um keinen Sturz zu riskieren. Das gedrosselte Tempo ließ die Temperatur im Vorderreifen sinken, wodurch auch der Druck abnahm und Marquez ohne Eigenverschulden im illegalen Bereich landete.
Eine Situation, die eine massive Ungerechtigkeit dieser Regelung zeigt. Nur um das klarzustellen: Die Stewards handelten - und das ist selten genug der Fall - am Sonntag in Assen absolut korrekt. Das aktuelle Reglement gibt Freddie Spencer und Co. in derartigen Situationen keinen Handlungsspielraum. Es ist eine klare Ja-Nein-Regelung.
Lücke im MotoGP-Reglement: Aus Fehler lernen!
Nun wäre es auch falsch, Vorwürfe an die Regelmacher zu richten. Nicht jede Eventualität kann vorhergesehen werden. Das ein harter Zweikampf einen Verstoß gegen die Reifendruckregel zur Folge haben könnte, hatten wohl auch keiner der Insider auf dem Schirm. Doch aus Fehlern muss gelernt werden. Denn nicht nur Marquez, sondern auch zahlreiche andere Fahrer bewegten sich am Sonntag am Rande einer Reifendruckstrafe. Genaue Daten hierzu liefert die MotoGP nicht, doch auch Fabio Di Giannantonio gestand, bewusst Gegner vorbeigelassen zu haben, um Temperatur im Vorderreifen zu generieren und die vorgegebene Rundenanzahl so knapp zu erreichen. Auch in ihrem Fall hätte ein Zweikampf wie jener zwischen Bastianini und Marquez zum Verstoß führen können.
Harte MotoGP-Strafen brauchen bewusste Vergehen
16 Sekunden Strafe in den heutzutage extrem engen und nur rund 40 Minuten langen MotoGP-Rennen sind ein mächtiger Brocken. Über die Sinnhaftigkeit der Reifendruckregel wurde ausreichend diskutiert. Michelin besteht aufgrund von Sicherheitsbedenken darauf und das ist zu akzeptieren. Für eine derart harte Strafe braucht es aber ein klares Fehlverhalten von Fahrer oder Team - und das war in diesem Fall nicht gegeben.
Der einzige richtige vorwärts ist deshalb eine Adaptierung der Regelung weg vom Schwarz-Weiß-Modus hin zu einem Paragraphen, der den Stewards Spielraum erlaubt. Eine derartige Herangehensweise gibt es bereits bei Verstößen gegen die Track-Limits. Auch hier ist der Fall eigentlich klar: Entweder die Strecke wird korrekt befahren oder ein Pilot kommt davon ab und begeht somit einen Regelverstoß. Wird das Überschreiten der Track-Limits aber von einem Gegner im Zweikampf erzwungen, dann ist dieses nicht zu ahnden. So muss es zukünftig auch im Fall der Reifendruckstrafen gehandelt werden.
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