Die neuen MotoGP-Concessions machen es möglich: Nächste Woche wird Stefan Bradl in Barcelona bereits zu seinem zweiten Renneinsatz im Jahr 2024 kommen. Der Deutsche startet beim Katalonien Grand Prix (24. - 26. Mai) per Wildcard-Option für seinen Arbeitgeber Honda. Bis zu sechs solcher Renneinsätze sind einem Hersteller der Concession-Kategorie D pro Jahr gestattet. Beim Spanien GP in Jerez war der HRC-Testfahrer erstmals am Start gewesen, nun folgt also schon der zweite beim erst sechsten WM-Lauf der diesjährigen MotoGP-Saison.

Offiziell bestätigt hat die Honda Racing Corporation Bradls Teilnahme am Katalonien Grand Prix zwar noch nicht, aufmerksame 'ServusTV'-Zuschauer werden es aber schon mitbekommen haben. Denn beim österreichischen Sender verriet Moderatorin Eve Scheer am Rande des Frankreich GP den zweiten Wildcard-Auftritt des Deutschen. Dieser war in Le Mans als MotoGP-Experte für 'ServusTV' am Start und sprach vor dem Start des Hauptrennens der Königklasse am Sonntagnachmittag im Grid über die derzeitige Situation beim strauchelnden Hersteller.

MotoGP unter GPS-Überwachung: Was soll das?! (09:16 Min.)

Stefan Bradl: Honda darf die Hoffnung nicht verlieren

"Du hast als nächstes eine Wildcard in Barcelona. Gibt es noch Hoffnung?", fragte Scheer den Honda-Testfahrer, der seinen Start beim Katalonien GP daraufhin nicht verneinte. Stattdessen antwortete Bradl: "Ja. Die Hoffnung dürfen wir nicht aufgeben, dazu sind wir zu lange dabei. Honda ist noch immer der erfolgreichste Hersteller in der Kategorie, auch wenn es jetzt gerade nicht so gut aussieht."

Anschließend erklärte der Deutsche, der seit 2018 im HRC-Kosmos unterwegs ist, was seiner Meinung nach beim einstigen MotoGP-Dominator falsch läuft: "Fakt ist natürlich, dass sie knapp zehn Jahre nicht gut entwickelt haben und sich nicht schnell genug angepasst haben. Andere Hersteller haben besser gearbeitet und die Richtung vorgegeben. Man hat über zehn Jahre den besten MotoGP-Fahrer [Marc Marquez, Anm.] gehabt und sich, ich will nicht sagen auf den Lorbeeren ausgeruht, aber man war nicht messerscharf in der Entwicklung. Man muss dazusagen: Die Ergebnisse kamen bis 2019 trotzdem, aber HRC ist ein großer Tanker, den du nicht so einfach manövrieren kannst. Das kam nicht von heute auf morgen, dass wir vom Weg abgekommen sind. So wird es jetzt auch sein, dass es einige Zeit dauern wird, um dieses große Schiff HRC wieder auf die richtige Spur zu bringen."

Einen schnellen Turnaround hält Bradl also für unrealistisch, vielmehr wird Honda dem Geschehen in der MotoGP wohl noch einige Zeit hinterfahren. Doch wie kann die Trendwende überhaupt gelingen? "Da müssen alle an einem Strang ziehen, es braucht viel Knowhow. Man muss auch mutig sein", sagt der gebürtige Augsburger und glaubt: "Das ist das, was in der japanischen Mentalität nicht immer einfach ist, den absoluten Grenzbereich auszuloten. Das sehe ich aktuell unseren größten Aufholbedarf. Wir müssen viele Puzzlestücke zusammenbringen, aber es ist immer eine Firmenentscheidung. Von oben wird der Stoff vorgegeben und dann geht es tief runter und muss abgearbeitet werden von Managern, Direktoren, Testfahrern und dann müssen die Ergebnisse von den GP-Fahrern kommen."

In Jerez kämpfte Stefan Bradl mit den anderen Honda-Fahrern am Ende des Feldes, Foto: LAT Images
In Jerez kämpfte Stefan Bradl mit den anderen Honda-Fahrern am Ende des Feldes, Foto: LAT Images

Stefan Bradl: Nächster Honda-Prototyp in Barcelona?

Bei Bradls erstem Wildcard-Einsatz in Jerez hatte er eine generalüberholte, praktisch vollkommen neue Honda RC213V ausprobiert. Diese entpuppte sich jedoch schnell als Fehlschlag, das Konzept wird laut HRC-Stammfahrer Joan Mir nicht mehr weiterverfolgt werden. Zumindest die richtige Richtung für zukünftige Entwicklungen wollte jedoch gefunden sein. Dass die Japaner bis zum Katalonien GP einen weiteren, runderneuerten Prototypen auf die Beine stellen konnten, muss jedoch bezweifelt werden. Dazu scheinen die knapp vier Wochen seit dem Jerez-Test doch etwas kurz. Was Bradl in Barcelona genau ausprobieren wird, bleibt also spannend zu beobachten.

Klar ist jedenfalls: Performance wird wohl zweitrangig sein. Allzu viel dürfte mit der Honda RC213V aber ohnehin nicht realisierbar sein. Besser als Platz 12 schnitt in einem Hauptrennen 2024 noch kein Pilot ab, zusammen kommen Mir, Johann Zarco und Takaaki Nakagami erst auf 27 Punkte. Luca Marini wartet sogar noch vollständig auf Zählbares.