2023 dominierte Ducati die MotoGP-Saison nach Belieben und war auch in den diesjährigen Wintertestfahrten nicht zu schlagen. Francesco Bagnaia, Enea Bastianini und Jorge Martin sicherten sich sämtliche Bestzeiten. Dass Letzterer am Samstag dann sowohl die erste Pole Position als auch den ersten Sprintsieg des Jahres 2024 in Katar einfuhr, kam daher nicht überraschend. Zumal der Losail International Circuit mit seinen langen Geraden ohnehin als Ducati-Strecke gilt. Also sollten MotoGP-Fans ja wohl auch am Sonntag auf einen Ducati-Sieg setzen, oder etwa nicht?

Die überraschende Antwort: Nein! Denn trotz der auf dem Papier gelungenen Vorstellung am Katar-Samstag scheint die Ducati-Vormachtstellung in der MotoGP-Saison 2024 zu bröckeln. Warum dem so ist? Die Chattering-Probleme, die Martin bereits am letzten Testtag in Katar Kopfzerbrechen bereiteten, sind nicht nur zurück, sondern jetzt sogar auf die gesamte GP24-Armarde ausgeschwappt.

Ducati-Stars im Katar-Sprint von Chattering ausgebremst

"Ich muss gestehen, dass ich mich durch einen Fehler im Qualifying selbst etwas limitiert habe. Das hat mich die erste Startreihe oder vielleicht sogar die Pole gekostet. Davon abgesehen habe ich heute aber das Maximum erreicht", bilanzierte Weltmeister Francesco Bagnaia, der im Katar-Sprint das Podium als Vierter knapp verpasst hatte. "Ich hatte viel Chattering am Hinterreifen. Sobald ich nah hinter Binder war, hat sich das Bike noch mehr bewegt. Ich hatte überhaupt keine Traktion im ersten Teil der Beschleunigung", berichtet er.

Sprintsieger Jorge Martin zeigte sich am Freitag eigentlich noch zuversichtlich, seine Chattering-Probleme - also starke, hochfrequentierte Schwingungen bzw. Vibrationen - in den Freien Trainings gelöst zu haben. Das erste MotoGP-Rennen im Jahr 2024 offenbarte jedoch anderes. "Ich hatte schon früh im Rennen Probleme. Ich konnte nicht perfekt fahren, habe zu viel Bewegung im Bike gespürt", berichtet er und erklärt besorgt: "Über 22 Runden wird das noch schlimmer werden. Wir haben ein paar Ideen für morgen, aber nicht viel Zeit im Warm Up. Es wird ein schweres Rennen. Brad und Aleix haben eine bessere Pace. Wir werden sehen, ob wir ihn hinter uns halten können."

Jorge Martin konnte Brad Binder und Aleix Espargaro nur knapp hinter sich halten, Foto: LAT Images
Jorge Martin konnte Brad Binder und Aleix Espargaro nur knapp hinter sich halten, Foto: LAT Images

Aleix Espargaro in Lauerstellung: Starke Sprint-Pace macht Hoffnung

Speziell auf Aleix Espargaro sollten MotoGP-Fans am Sonntag ein genaues Auge werfen. Denn der Aprilia -Pilot, der von Platz zwei in den Katar Grand Prix starten wird, gilt bei vielen Piloten als Topfavorit auf den Rennsieg. "Im letzten Rennabschnitt ist er noch 1:52er-Zeiten gefahren. Er war verdammt schnell und hat seine Reifen sehr gut gemanagt. Es wird nicht leicht für, mit den Ducatis zu kämpfen, weil sie auf den Geraden schneller sind, aber er war in den Kurven unglaublich schnell", analysierte etwa Gresini-Superstar Marc Marquez. Bagnaia stimmt zu: "KTM ist auf einem Level mit uns, aber Aprilia war im letzten Renndrittel wirklich beeindruckend."

Tatsächlich war Aleix Espargaro in der Schlussphase des Sprints klar schnellster Pilot auf der Strecke, kämpfte sich noch von Platz fünf auf das Podium nach vorne. Hätte er sich beim ersten Angriff auf Francesco Bagnaia in Turn 4 nicht etwas verbremst und entscheidende Zeit verloren, hätte es sogar noch zu Platz zwei reichen können. Lediglich 0,181 Sekunden trennten Binder und Aleix Espargaro bei der Zielankunft. Zu Sprintsieger Martin fehlten ebenfalls nur 0,729 Sekunden.

"Im zweiten Teil des Rennens hatte ich eine wirklich gute Pace", strahlte Espargaro am Samstagabend. "Ich bin zuversichtlich für das Hauptrennen, weil ich heute im ersten Teil des Rennens mehr gelitten habe als im zweiten. Die ersten fünf Runden konnte ich nichts machen, weil wir nicht genug Power haben. Als ihr Grip am Hinterreifen nach fünf bis sechs Runden weniger wurde, konnte ich meine Beschleunigung aber halten und sie sind abgefallen. Der zweite Rennteil sollte morgen also gut für uns werden", blickt er optimistisch Richtung Grand Prix.

Ein Selbsläufer wird es aber nicht, denn auch Brad Binder rechnet sich Chancen aus: "Ich bin sicher, dass wir morgen im langen Rennen nochmal drauflegen können." Der Südafrikaner in KTM-Diensten speckte über den Winter extra einige Kilogramm Körpergewicht ab, um schonender mit seinen Reifen umgehen und am Rennende mehr attackieren zu können. Am Sonntag wird sich zeigen, ob sich das gelohnt hat.