Dreieinhalb Monate und 102 Tage Wartezeit haben am Freitag endlich ein Ende, wenn die MotoGP mit dem Katar Grand Prix offiziell in die neue Saison 2024 startet. Die brennende Frage dabei: Wer wird am Jahresende zum nächsten MotoGP-Weltmeister gekrönt? Kann Francesco Bagnaia den Titel ein zweites Mal verteidigen oder sehen wir einen neuen Champion? Danach wurden am Donnerstag auch die Stars der Motorrad-WM auf der offiziellen MotoGP-Pressekonferenz befragt. Das sind ihre Tipps:

MotoGP-Tipps: Bagnaia, Bagnaia und nochmal Bagnaia

Beginnen wir beim amtierenden Weltmeister: Francesco Bagnaia. Der Ducati-Pilot kämpfte in sämtlichen seiner drei MotoGP-Saisons in Rot um den Titel, in den letzten beiden Jahren ging er erfolgreich aus den packenden WM-Fights mit Fabio Quartararo und Jorge Martin hinaus. Speziell der letzte Titelgewinn im Vorjahr scheint 'Peccos' Brust dabei ordentlich breit gemacht zu haben. Denn der amtierende Weltmeister sieht sich am Jahresende zum dritten Mal mit dem MotoGP-Weltmeisterpokal im Arm auf dem Bankett.

Francesco Bagnaia startet als Topfavorit in die MotoGP-Saison 2024, Foto: LAT Images
Francesco Bagnaia startet als Topfavorit in die MotoGP-Saison 2024, Foto: LAT Images

Eine Erklärung, warum er auf sich selbst setzt, erschien ihm nicht für nötig. Und tatsächlich sprechen die Zahlen auch für sich: Bagnaia führte nicht nur drei der fünf offiziellen Winter-Testtage an, er fuhr auch beide Test-Bestzeiten und brachte dabei auch mehrere Zehntel Abstand zwischen seine stärksten Verfolger. Der Ducati-Pilot scheint seine zwischenzeitlich verlorengegangene Pace auf eine Runde wiedergefunden zu haben, was ihn in Kombination mit seiner Stärke am Rennsonntag, wenn die meisten WM-Punkte vergeben werden, zum Titelfavoriten macht. Ein Selbstläufer wird es 2024 dennoch nicht. Zum einen ist Bagnaia unter Druck immer wieder für Fehler gut, zum anderen erscheint die Ducati-interne Konkurrenz stärker denn je. Doch dazu später nochmal mehr.

Ein Fahrer, der nach seinem Honda-Abgang in den vergangenen Monaten von vielen MotoGP-Experten und -Fans zum Titelfavoriten erklärt worden war, übt sich weiterhin in 'Understatement': Marc Marquez. Der Gresini-Neuzugang hat mit der Ducati Desmosedici GP23 wieder ein erwiesenes Weltmeistermotorrad zur Verfügung, benötigte in den Wintertests aber auch etwas mehr Anpassungszeit als gedacht.

Kann Marc Marquez Francesco Bagnaia 2024 herausfordern?, Foto: LAT Images
Kann Marc Marquez Francesco Bagnaia 2024 herausfordern?, Foto: LAT Images

Marquez setzt daher nicht auf sich selbst, sondern auf den Titelverteidiger. "Pecco, das ist einfach. Er hat zwei Weltmeisterschaften in Folge gewonnen. Außerdem war er zusammen mit Martin in der Saisonvorbereitung am stärksten", erklärt er. Doch wie stehen die Chancen des bald 32-jährigen Katalanen auf WM-Titel Nummer neun? Leider schwierig einzuschätzen. Eigentlich muss einem Fahrer mit solchem Ausnahmetalent der große Wurf immer zugetraut werden, allerdings sitzt Marquez eben auch auf einer Vorjahresmaschine in einem Kundenteam. Der Rückstand auf die Ducati GP24 erscheint groß und wird im Saisonverlauf wohl noch größer werden. Somit sind die ersten Rennen des Jahres bereits entscheidend. Ob sich Marquez dort schon die nötigen Bigpoints sichern kann? Es muss bezweifelt werden.

Gleiches gilt natürlich für Ducati-Kollege Marco Bezzecchi. Der Italiener in Diensten des VR46-Racing-Teams muss 2024 ebenfalls mit einer Vorjahresmaschine Vorlieb nehmen. Dass ein WM-Kampf mit einem solchen Bike aber durchaus möglich ist, hat 'Bezz' schon im Vorjahr unter Beweis gestellt. Eine Verletzung bremste ihn im letzten Saisondrittel aus, sonst wäre vielleicht sogar noch mehr möglich gewesen als WM-Rang drei. Deshalb ist auch bei ihm die Brust breit. "Ich habe erst mich selbst aufgeschrieben, mag das aber nicht so. Deshalb habe ich dann Pecco genommen. Auch, um ein bisschen Druck auf ihn zu machen", scherzt er.

Jorge Martin selbstbewusst: Kann Bagnaia vom Thron stoßen!

Noch knapper als Bezzecchi scheiterte 2023 Pramac-Pilot Jorge Martin am ersten MotoGP-Titelgewinn. Der 26-jährige Madrilene musste sich Bagnaia erst im letzten Saisonrennen in Valencia geschlagen geben, als er nach einer Kollision mit Marc Marquez aus dem Grand Prix stürzte. Speziell in der zweiten Saisonhälfte war Martin aber der deutlich schnellere der Beiden und machte seine Ambitionen bereits deutlich. Für ihn zählt 2024 nur der Titelgewinn. Sein WM-Tipp kommt daher wenig überraschend: "Ich war letztes Jahr schon ein Anwärter. Hoffentlich haben wir über den Winter einen Schritt nach vorne gemacht und sind nochmal stärker als letzte Saison."

Wie stehen die Chancen des 'Martinator'? Auf dem Papier startet er bei Pramac Raing zwar 'nur' in einem Kundenteam, bekommt dort von Ducati aber volle Werksunterstützung. Anders als Marquez und Bezzecchi kann der Spanier also mit gleichen Waffen gegen Bagnaia kämpfen. Die Wintertests verliefen vielversprechend, dort bewegten sich zumindest im Longrun beide Piloten auf Augenhöhe. Kann Martin aus den Fehlern des Vorjahres lernen und in den entscheidenden Momenten ruhig bleiben, hat er alle Möglichkeiten.

Jorge Martin will 2024 Revanche nehmen gegen Francesco Bagnaia, Foto: LAT Images
Jorge Martin will 2024 Revanche nehmen gegen Francesco Bagnaia, Foto: LAT Images

Fabio Quartararo hofft auf Yamaha-Wunder

Ein zweiter MotoGP-Star, der am Donnerstag auf sich selbst setzte, war Fabio Quartararo. Der Franzose krönte sich 2021 als letzter Pilot vor Bagnaia zum Weltmeister, konnte seinen Titelgewinn in den vergangenen beiden Jahren aber nicht mehr wiederholen. Speziell die letzte Saison verlief enttäuschend, weshalb Quartararos Tipp durchaus überrascht. Er ist allerdings auch nicht ganz erst gemeint: "Ich hoffe auf mich selbst, denke aber eher, dass es wieder Pecco wird. Er wird wieder sehr stark sein."

Tatsächlich stehen die Chancen auf einen zweiten Titelgewinn Quartararos im Jahr 2024 alles andere als gut. Sein fahrerisches Talent ist zwar unbestritten, aber die Yamaha-M1 in den letzten anderthalb Jahren einfach zu sehr ins Hintertreffen geraten. Seit dem Deutschland GP 2022 wartet das französisch-japanische Duo auf einen Rennsieg, mehr als vereinzelte Podien waren zuletzt nicht mehr drin. Und trotz neuer Concessions scheint Yamaha über den Winter kein großer Fortschritt gelungen zu sein. Ein WM-Angriff kommt 2024 definitiv zu früh. Vielmehr wird sich Quartararo strecken müssen, überhaupt in die Top Ten zu kommen.

Pedro Acosta setzt auf KTM: Müssen an uns glauben!

Widmen wir uns abschließend noch Superrookie Pedro Acosta. Krönt er sich 2024 zum ersten Rookie-Weltmeister seit Marc Marquez im Jahr 2013? Der 19-jährige Spanier winkt ab und betont, ohne Zielsetzung in die Saison starten zu wollen. Das hindert den GasGas-Piloten aber nicht daran, auf seinen Arbeitgeber zu setzen. "Ich habe die aufgeschrieben, die am Monatsende meine Rechnungen bezahlen", lacht er und ergänzt: "Natürlich habe ich den Test gesehen und weiß, dass Ducati starke Fahrer hat. Aber wir sind auch stark und müssen daran glauben."

Die besten Chancen dürfte im KTM-Lager wohl Brad Binder haben. Der Südafrikaner war schon im Vorjahr die Speerspitze des Herstellers aus Mattighofen und beendete die Saison als bester Nicht-Ducati-Pilot auf einem beachtlichen WM-Rang vier. Ein Angriff auf den WM-Titel ist das erklärte Ziel, für den Moment kreisen aber noch viele Fragezeichen über KTM. Bei den Wintertests war vom erhofften Fortschritt wenig zu sehen, Ducati und auch Aprilia präsentierten sich in besserer Frühform. Im Longrun war Binders Rückstand gering, Sorgen macht aber die Pace auf eine Runde. Ein Problem, das KTM schnellstmöglich lösen muss, wenn Binder (oder auch Acosta) um den Titel kämpfen soll.

Was glaubt ihr: Wer wird MotoGP-Weltmeister 2023? Schreibt es uns in die Kommentare! Unsere eigenen Tipps haben wir bereits abgegeben, ihr findet sie hier: