Die bunten Werbebanden sind entfernt und nacktem Metall oder Beton gewichen. Die Hospitalitys, in denen die Teams am Wochenende noch Haute Cuisine servierten, wurden abgebaut. Die Fans sind verschwunden. Nur der zurückgelassene Abfall erinnert noch daran, dass hier am Vortag knapp 80.000 Menschen die Tribünen und Hänge gesäumt haben. So ein Montagstest der MotoGP wirkt im Vergleich mit dem vorangegangenen Rennwochenende etwas farblos, ja beinahe schon trist.
Mit dem Zieleinlauf am Sonntagnachmittag fällt auch der größte Druck von Fahrern, Mechanikern und Ingenieuren ab. Die Anspannung des Rennbetriebs weicht der gemütlicheren Testatmosphäre - normalerweise. Denn an diesem Montag in Misano ist alles anders. Es geht um extrem viel. Für manche Hersteller und Fahrer sogar um mehr als am vorangegangen Rennwochenende. Konkret betrifft das die in die Krise geschlitterten japanischen Hersteller Honda und Yamaha. Ihre Einsatzfahrer haben erstmals die Möglichkeit, die Prototypen für die Saison 2024 zu testen. Ein Ereignis, das nicht nur eine erste Standortbestimmung für das nächste Jahr, sondern auch eine Entscheidung über die langfristige Zukunft der Giganten aus Fernost bedeuten kann. Denn ihre Superstars Marc Marquez und Fabio Quartararo machen seit längerer Zeit keinen Hehl aus ihrem Frust über die ausbleibenden Fortschritte in der technischen Weiterentwicklung. Ein weiterer Stillstand könnte für sie den Verlust der Ausnahmekönner bedeuten.
Honda: Vom MotoGP-Dominator zum Crashkönig
Die Honda RC213V, mit der Marc Marquez zwischen 2013 und 2019 noch zu sechs Weltmeistertiteln innerhalb von sieben Saisons raste, wurde in den vergangenen Jahren zum schlechtesten Motorrad der MotoGP. Die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Aerodynamik und Ride-Height-Devices hat die Honda Racing Corporation gnadenlos verschlafen. Im Vergleich zu den Maschinen der europäischen Konkurrenz von Ducati, Aprilia und KTM wirkt die Maschine wie ein Relikt aus vergangenen Tagen. Es fehlt an einem ganzheitlichen Konzept, das den Anforderungen an ein modernes MotoGP-Bike gerecht wird. Die Honda-Fahrer kämpfen mit desaströsem Grip am Hinterrad. Reifen, die auf anderen Motorrädern funktionieren, kommen für sie gar nicht in Frage. Und selbst mit den weichsten Mischungen generiert die Honda kaum Traktion.
Nach dem Rennwochenende auf dem notorisch rutschigen Circuit de Catalunya Anfang September verriet Takaaki Nakagami, dass er und seine Crew die von den Sensoren aufgezeichneten Werte für den Wheelspin, also das Durchdrehen des Hinterrades, zunächst für einen Messfehler hielten. Denn diese sprengten sämtliche der üblichen Anzeigen. "So etwas habe ich in sieben Jahren MotoGP noch nicht gesehen", gestand ein fassungsloser Nakagami. Doch die Werte entsprachen der Realität. Ein Einblick, der den Ernst der Lage im Honda-Projekt verdeutlicht. Fehlender Grip führt zu schlechter Beschleunigung und dementsprechend schwachem Topspeed. Die einzige Gelegenheit für die Fahrer, die verlorene Zeit wieder gutzumachen, bildet sich in der Anfahrt zu den Kurven. Extraharte Bremsmanöver führen aber zu einer großen Belastung des Vorderreifens, was wiederum zu Temperaturanstiegen an den hitzeanfälligen Michelin-Pneus führt und somit in weiterer Folge für zu hohen Reifendruck sorgt, was die Maschinen praktisch unfahrbar macht.
Es ist daher kein Zufall, dass die Honda-Werksfahrer Marc Marquez und Joan Mir als Sturzkönige der bisherigen Saison Misano verließen. Marquez crashte bereits 17-mal, Mir kommt auf 15 Abflüge. Ein Trend, der sich auch im weiteren Saisonverlauf fortsetzte. Es sind Stürze, die für die Fahrer schwerwiegende Folgen haben. Marquez zog sich schon beim Saisonauftakt in Portimao eine Handverletzung zu, aufgrund derer er die nächsten drei Grands Prix als Zuschauer verfolgen musste. Multiple Verletzungen, die er sich bei seiner Crash-Serie am Sachsenring mit fünf Stürzen zuzog, machten eine Teilnahme an den Rennen zum Deutschland-Grand-Prix und der Dutch TT in Assen eine Woche später unmöglich. Joan Mir musste nach einem heftigen Highsider auf einen Start in Argentinien verzichten, eine in Mugello erlittene Handverletzung kostete ihn drei weitere Rennteilnahmen. Alex Rins brach sich ebenfalls beim Italien-GP - also Anfang Juni - das Schien- und Wadenbein. Er kehrte erst knapp vier Monate später für kurze Zeit auf sein Motorrad zurück, ehe er erneut einige Wochen ausfiel.
Honda: Misano-Test kann hohe Erwartungen nicht erfüllen
Honda befindet sich offensichtlich in einem Teufelskreis. Um aus diesem zu entkommen, ist ein völliger Neustart des Projekts nötig. Darüber gibt es im MotoGP-Paddock keine zwei Meinungen. Auch Team-Manager Alberto Puig war sich darüber im Vorfeld des Misano-Tests im Klaren: "Mit kleinen Veränderungen sind uns bislang keine Fortschritte gelungen. Ich glaube deshalb nicht, dass das der richtige Weg nach vorne ist. Wir denken daher über radikale Lösungen nach." Eine Ankündigung, die in den Ohren des geplagten Marc Marquez wie Musik klingen musste. Die Enttäuschung folgte aber prompt. Nach einigen Eingewöhnungsrunden mit dem aktuellen Motorrad stieg Marquez am Montagmorgen in Misano auf den 2024er-Prototypen, den Testfahrer Stefan Bradl am vorangegangen Rennwochenende bereits mit einer Wildcard eingesetzt hatte. Schon in der Mittagspause des Testtages kam Marquez ins Media Center des Misano World Circuit Marco Simoncelli, um zur versammelten MotoGP-Presse zu sprechen. Bereits seine Körpersprache beim Betreten des Raumes sprach Bände, seine Ausführungen unterstrichen den ersten Eindruck. "Das neue Motorrad verlangt einen ziemlich anderen Fahrstil, aber die Probleme sind mehr oder weniger dieselben. Wir müssen weiterarbeiten", beantwortete Marquez die Frage nach dem Gefühl bei seinem Debüt auf der neuen Maschine ungewohnt wortkarg. Noch kürzer fiel seine Antwort auf die Frage aus, ob es der Honda weiterhin an Grip am Hinterrad fehle: "Ja."
Eine Einschätzung, die nicht sonderlich überraschend kam. Denn schon am Rennwochenende hatten Marquez und seine HRC-Kollegen mokiert, dass der von Testfahrer Stefan Bradl eingesetzte Prototyp nicht nach der radikalen Neuausrichtung aussehe, die man sich erhoffte. Beweise für diese Vermutung fehlten den Einsatzfahrern aber noch, da sie im Laufe des Grand Prix keinen Einblick in die Datenaufzeichnungen von Bradls Maschine erhielten. Sie sollten sich am Montag selbst unvoreingenommen einen Eindruck verschaffen. Dieser bestätigte allerdings ihre Befürchtungen. Honda verpasste seiner RC213V eine voluminösere Heckpartie, in der sich wohl ein neuer Massedämpfer zur Reduzierung von Vibrationen befindet. Außerdem spendierte man der Maschine einen neuen Rahmen, der sich sowohl in Form als auch Profil vom bisherigen Modell unterschied. Die damit erzielten Fortschritte waren wie bereits erwähnt minimal beziehungsweise gar nicht vorhanden.
Honda feilt seit Monaten an seinem Rahmen, um mehr Grip zu generieren. Man engagierte sogar den deutschen Chassis-Bauer Kalex, der fortan das Motorrad wieder konkurrenzfähig machen sollte - vergeblich. Und das ist nicht unbedingt verwunderlich. Denn auch wenn die Vermutung naheliegen mag, dass Teile wie der Rahmen oder die Schwinge für die Traktion eines Bikes hauptverantwortlich sind, liegt die Wahrheit woanders. Wie angesehene MotoGP-Ingenieure bestätigen, sind etwa 80 Prozent des Gripniveaus vom Motor abhängig. Zum einen von dessen Positionierung und der daraus resultierenden Balance des Motorrads, zum anderen von dessen Ansprechverhalten und Leistungsabgabe. Honda brachte für Marquez, Mir und Co. allerdings keinen neuen Motor nach Misano. Eine Entscheidung, die für Kopfschütteln sorgte. Denn an einem neuen Triebwerk arbeiten die Ingenieure zu diesem Zeitpunkt des Jahres definitiv.
Dass dieser noch nicht bis ins letzte Detail perfektioniert wurde, ist klar. Man hätte den Fahrern aber eine erste Variante zur Verfügung stellen können - mit dem Hinweis, dass es sich hier nur um einen Vorgeschmack handelt, der ihnen die eingeschlagene Entwicklungsrichtung verdeutlichen soll. Damit hätte man vor allem Marquez, der gerade an jenem Wochenende wieder mit einem Wechsel ins Ducati-Lager in Verbindung gebracht worden war, den eigenen Willen zur Veränderung verdeutlichen können. Denn auch wenn die V4-Aggregate Honda reihenweise um die Ohren geflogen wären, hätte man sich zumindest den Vorwurf der Behäbigkeit nicht gefallen lassen müssen.
Honda nutzt letzte Chance nicht: Marc Marquez forciert Abgang
Genau daran stören sich ja die Honda-Piloten. Nun soll ein neuer Motor beim Valencia-Test nach dem Saisonfinale Ende November zur Verfügung stehen. Ein sehr großzügiger Zeitplan in Anbetracht der Äußerungen, die Marc Marquez noch am Tag des Misano-Tests tätigte. Da stellte er erstmals klar, dass er über drei Optionen für die Saison 2024 verfüge. Um welche es sich dabei genau handelte, wollte Marquez nicht verraten. Nur er und sein allerengstes Umfeld seien in die Pläne eingeweiht. "Das sind ein oder zwei Menschen, denen ich bedingungslos vertraue", erklärte Marquez. Dass ein Verbleib bei Honda eine Option war, lag auf der Hand. Schnell wurde aber auch klar, dass die Alternative dazu ein Wechsel zu Gresini Racing sein würde, wo er 2024 Teamkollege von Bruder Alex wäre und auf die überlegene Ducati Desmosedici GP wechseln würde, wenn auch in einer Vorjahresversion.
Schnell wurde klar, dass der Abgang ins Ducati-Lager Marquez bevorzugte Variante war, denn ein Karriereende kam ihm zwar in seiner langen Verletzungsmisere nach dem Oberarmbruch 2020 und insgesamt vier Operationen in den Sinn, nicht aber jetzt. "Darüber denke ich nicht nach, denn ich bin motiviert. Ich bin hungrig, fühle mich auf einem guten Niveau und bin körperlich fit. Als ich physisch in einem schlechten Zustand war, habe ich es in Erwägung gezogen, weil ich einfach so gelitten habe. Ich hatte keinen Spaß am Motorrad. Aktuell sehe ich mich hingegen auf einem guten Level. Ja, die Resultate stimmen nicht, aber ich genieße meine Leidenschaft - den Motorradsport." Somit kam für Marquez auch eine Auszeit, wie sie Spaniens zweiter großer Motorsportheld Fernando Alonso in den Jahren 2019 und 2020 eingelegt hatte, nicht in Frage. "Im Motorradsport funktioniert das generell nicht. Und auch im Automobilsport können das wohl nur außergewöhnlich talentierte Fahrer wie Fernando. Ich habe meine Pläne A, B und C. Oder C, B und A. Es gibt da keine Reihenfolge", so Marquez.
Unterschiedliche Pläne also - nicht nur im Hinblick auf Marc Marquez' Zukunft, sondern auch für die verbleibende Saison. Da bilden sich nämlich im Honda-Fahrerkader zwei unterschiedliche Lager heraus. Joan Mir und Testpilot Stefan Bradl erkannten mit dem 2024er-Prototypen zumindest kleine Verbesserungen und wollen Elemente wie den neuen Rahmen deshalb schon möglichst bald, also an den restlichen Rennwochenenden des Jahres einsetzen. Takaaki Nakagami und Marc Marquez hingegen wollen am bisherigen Paket festhalten. Marquez erklärt in deutlichen Worten, warum dem so ist: "Wenn ein Fahrer in der Zeitenliste ganz oben landet, dann kann ich verstehen, dass er das neue Modell bevorzugt. Das ist aber nicht der Fall. Somit gilt, was ich gesagt habe: Dieses Motorrad ist nicht gut genug, um damit im nächsten Jahr um Spitzenpositionen zu kämpfen. Ja, es ist vielleicht ein bisschen besser, aber wir suchen hier ja nicht nach einer Zehntelsekunde. Wir brauchen sechs oder gar sieben Zehntel pro Runde. Da macht es für mich keinen Sinn, dieses Motorrad zu fahren. Wir benötigen viel mehr. Wenn Honda mir solche Neuerungen bringt, dann werde ich sie gerne testen."
Dass sich Marquez mit minimalen Fortschritten nicht mehr zufriedengibt, ist klar. Doch massive Änderungen lassen weiter auf sich warten. Honda ist dem Wunsch seines Superstars gefolgt und hat neue Ingenieure verpflichtet, welche die RC213V auf Vordermann bringen sollen. Diese brauchen aber Zeit. Zeit, die Marquez nicht mehr hat. Denn er blickt mit den Saisons 2020, 2021, 2022 und 2023 nun bereits auf vier verlorene Jahre im HRC-Lager zurück. Und so entschied er sich knapp einen Monat später zu jenem Schritt, den vorher kaum jemand für möglich hielt. Zwei Tage nach Hondas Heim-Grand-Prix in Motegi verkündete der spanische Superstar seinen vorzeitigen Abgang mit Jahresende. Er entschied sich für 2024 zum Wechsel zu Gresini Racing.
Yamaha: Neuer Motor sorgt für zwiegespaltene Meinungen
Ähnlich unzufrieden wie Marc Marquez bei Honda war und ist Fabio Quartararo bei Yamaha. Hier musste der Arbeitgeber allerdings keinen frühzeitigen Abgang mit Jahresende befürchten. Quartararo wird seinen bis 2024 gültigen Vertrag erfüllen. Daran ließ er nie Zweifel aufkommen. Was darüber hinaus passiert, ist aber noch völlig offen. Schafft es Yamaha nicht bald, 'El Diablo' von einer Trendwende zu überzeugen, ist ein Wechsel Quartararos zur Konkurrenz durchaus wahrscheinlich. Beim Misano-Test betrieb Yamaha jedenfalls keine Eigenwerbung. Quartararo und seine aktuellen sowie ehemaligen Markenkollegen klagen ja seit Jahren über zu wenig Motorleistung. Der Weltmeister von 2021 durfte ein neues Triebwerk für seine M1 testen.
Über den Erfolg dieses Tests gab es im Yamaha-Lager allerdings sehr unterschiedliche Ansichten. "Der neue Motor ist stärker, als wir das erwartet haben", stellte Teamdirektor Massimo Meregalli zufrieden fest. "Wir haben einen Zuwachs im Topspeed festgestellt. Der neue Motor scheint auch einfacher zu fahren zu sein. Es gab keine wirklichen Probleme damit. Ich denke also, dass wir heute Abend mit einem Lächeln nach Hause gehen können. Wir haben unser Ziel erreicht." Kurz nach diesen Äußerungen Meregallis trat Fabio Quartararo vor die Presse - und ordnete den von Formel-1-Guru Luca Marmorini entwickelten Motor völlig anders ein: "Ich habe mir etwas viel Besseres von diesem Test erwartet. Das Gefühl ist anders, aber ich habe mir mehr Leistung erhofft. Es ist ein bisschen schwierig, etwas wirklich Positives über diesen Motor zu sagen." Da Franco Morbidelli wegen seines Wechsels zu Pramac Ducati für die MotoGP-Saison 2024 den nächstjährigen Motor nicht ausprobieren durfte und Testfahrer Cal Crutchlow in Misano nicht mit dabei war, steht somit Aussage gegen Aussage.
Ein Blick auf die nackten Zahlen des Testtages legt nahe, dass Quartararos Aussagen eher der Realität entsprechen und jene Meregallis eher ein Versuch waren, etwas öffentlichen Druck aus dem Yamaha-Projekt zu nehmen. Denn Quartararo erreichte am Montag in Misano mit dem neuen Motor einen Topspeed-Höchstwert von 295,8 km/h. Dieser entspricht exakt seiner Bestmarke vom Rennwochenende mit dem bisherigen Triebwerk, wenn man einige wenige windschattenbedingte Ausreißer aus der Statistik entfernt. Dementsprechend verständlich war es, als Quartararo anderthalb Wochen nach dem Misano-Test im Vorlauf des ersten Indien-Grand-Prix der MotoGP-Geschichte mächtig Dampf abließ. Angesprochen auf die Diskrepanz zwischen seinen Aussagen und jenen von Team-Manager Meregalli fand Quartararo deutliche Worte: "Unsere Aussagen sind wie Tag und Nacht. Ich kann klar sagen, dass es eine Enttäuschung war. Wenn der Team-Manager sagt, dass es besser ist, dann muss man vielleicht auf ihn hören. Meiner Meinung nach sind aber die Aussagen des Fahrers ein bisschen wichtiger. Er sitzt auf dem Bike und er weiß, ob etwas einfacher oder schwieriger zu fahren ist. Wenn wir da schon nicht auf einer Linie sind, dann wird 2024 gleich schlecht wie diese Saison."
Yamaha droht der Verlust Fabio Quartararos zur Saison 2025
Eine Ansage, die sich gewaschen hatte. Und eine, die im Ton deutlich härter ausfiel als die ursprünglichen Worte Quartararos nach dem Misano-Test. Da hatte er sich zwar über erneut ausgebliebene Fortschritte geärgert, blieb aber bewusst höflich in seinen Ausführungen. Er hielt fest, dass es sich beim neuen Motor natürlich nur um eine erste Version des 2024er-Pakets handelte. Bei den nächsten Testfahrten nach dem Saisonfinale in Valencia Ende November sollte eine Ausbaustufe folgen, die finale Variante will man dann nach der Winterpause bei den Tests in Sepang bringen. Und Quartararo erinnerte auch daran, wie viel er Yamaha zu verdanken habe. "Sie haben an mich geglaubt, als ich noch in der Moto2 war", so der mittlerweile elffache MotoGP-Rennsieger. Nach nur einem Grand-Prix-Erfolg in der mittleren Klasse erhielt er damals einen MotoGP-Vertrag bei Petronas SRT. "Mein Verhalten zu Jahresbeginn war deshalb deutlich arroganter als es sein hätte müssen. Wir befinden uns in einer schwierigen Situation, aber ich muss dennoch höflich bleiben. Natürlich ist es schwierig, aber ich bevorzuge diese ruhige Herangehensweise, um ein besseres Verhältnis mit allen involvierten Personen zu haben. Im Endeffekt wollen wir ja alle das Gleiche."
Diese Ausführungen tätigte Quartararo wohl noch bevor ihm die Statements von Team-Manager Meregalli zu Ohren kamen. Denn sein Auftritt beim Indien-Grand-Prix erinnerte wieder massiv an jene vom Saisonanfang, als er kaum eine Gelegenheit ausließ, die Verfehlungen Yamahas breit zu treten, selbst in Folge der ersten Podiumsplatzierung nach neun Grands Prix ohne Top-Drei-Resultat: "Wir wissen, wo wir eine Menge Zeit verlieren: Beim Herausbeschleunigen, beim Topspeed und beim Grip." Zweifelsohne unangenehmes öffentliches Feedback für jeden Motorradhersteller, doch eine Verschleierungstaktik, wie man sie nach dem Misano-Test versuchte, ist sicher nicht der richtige Weg, um dies zukünftig zu vermeiden.
Will man fortan positive PR von seinen Fahrern haben, dann muss Yamaha endlich wieder ein konkurrenzfähiges Motorrad stellen. Oder auf Piloten setzen, die mit Resultaten im Mittelfeld zufrieden sind. Dazu könnte die Marke, die bislang 18 Fahrerweltmeisterschaften in der Königsklasse gewinnen konnte, 2025 auch gezwungen sein. Denn die jüngsten Vorkommnisse werden Quartararo sicherlich nicht zu einer Vertragsverlängerung bewegen. Und bei der Konkurrenz könnten sich im übernächsten MotoGP-Jahr interessante Alternativen ergeben. Routinier Aleix Espargaro denkt laut über ein Karriereende 2024 nach. Aprilia wäre dann auf der Suche nach einer neuen Speerspitze für sein Projekt. Wer käme da gelegener als Fabio Quartararo?
Dieser Artikel über den Misano-Test der MotoGP wurde ursprünglich in Ausgabe 93 unseres Print-Magazins veröffentlicht. Auf den Geschmack gekommen? Hier kannst du dir unser neuestes Heft sichern!
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