Wäre da nicht das langersehnte Ducati-Debüt von MotoGP-Superstar Marc Marquez gewesen, wären im Valencia-Test wohl alle Augen auf Pedro Acosta gerichtet gewesen. Das 19-jährige KTM-Supertalent, das sich vor knapp zwei Wochen zum jüngsten Moto2-Weltmeister aller Zeiten gekrönt hatte, drehte am Dienstag seine ersten Runden auf einem MotoGP-Bike, der GasGas-gebrandeten KTM RC16. Auch sein Königsklassen-Debüt wurde gespannt erwartet, gilt Acosta doch als "Weltmeister in der Mache". Und während die MotoGP-Welt auf die Gresini-Box blickte, wusste der GasGas-Neuling in Valencia gleich mal zu gefallen.
Zwar beendete Acosta den Testtag nach insgesamt 70 absolvierten Runden nur auf Platz 18 und als schlechtest-platzierte KTM, aber eben auch nur 1,223 Sekunden hinter der Bestzeit von Maverick Vinales. Auf Teamkollege Augusto Fernandez (14.) fehlten keine vier Zehntel, auch Jack Miller (9.) war nur etwas mehr als eine halbe Sekunde entfernt. "Das war besser als ich es mir erträumt hatte", zeigte Acosta selbst sehr zufrieden. "Wir müssen ja auch realistisch sein. Ich kann nicht sagen, dass ich hier ankomme und den Rundenrekord zertrümmere. Ich bin sehr froh, dass ich den ganzen Tag innerhalb von 1,0 bis 1,7 Sekunden [zur Bestzeit, Anm.] war. Zwei Zehntel schneller und ich wäre schon in Nähe der Top Ten gewesen. Alles in allem war das ein sehr guter Tag."
Der Umstieg von der Moto2 auf eine MotoGP-Maschine fiel dem jungen Spanier also nicht schwer. Am Ende seines ersten Outings konnte er schon niedrige 1:33er-Zeiten fahren und steigerte sich im Verlauf des Tages immer weiter. Ab Runde 50 bewegte sich Acosta konstant im oberen 1:30er-Bereich und war damit nur unweit langsamer als der Großteil seiner Konkurrenten. Auch in den TV-Bildern war unweigerlich zu erkennen, dass er sich bereits sehr wohl auf dem MotoGP-Bike fühlte. Acosta sorgte für einige spektakuläre Bilder. "Es hat mir heute viel Spaß gemacht", strahlte er am Dienstagabend darauf angesprochen. "Wir haben mich mit den anderen KTM-Fahrern verglichen, es gibt nicht viel Unterschied. Alles fühlt sich ziemlich natürlich an. Es war gut, das Team hat großartige Arbeit geleistet, um mir einen positiven ersten Eindruck vom Motorrad zu verschaffen."
Acosta lacht: Erster Sturz schonmal aus dem Weg geräumt!
Selbst ein Sturz rund 30 Minuten vor Testende konnten der Freude des GasGas-Piloten keinen Abriss verschaffen. "Das passierte, weil ich einen Fehler in Turn 1 gemacht habe. Dadurch hatte ich dann viel Bewegung zwischen T1 und T2 und war etwas zu weit links neben der korrekten Linie", analysierte er und verdeutlichte, wie viel Selbstvertrauen er zu dieser Zeit schon getankt hatte. "Ich habe gesehen, dass Maverick [Vinales, Anm.] und Rins dort einen verrückten Kurvenspeed hatten. Ich sagte mir, dass ich das auch kann", lachte er und haderte anschließend mit sich: "Es ist zum Glück nichts passiert. Jetzt weiß ich aber, dass es manchmal besser ist, noch eine Runde länger zu warten und noch mehr fahren zu können, als zu stürzen. Ich bin aber froh, dass das [der erste Sturz, Anm.] jetzt aus dem Weg geräumt ist."
Voller Selbstvertrauen ließ sich Acosta dann auch schon zu einer ersten Ansage an seine MotoGP-Konkurrenz hinreißen. "Ich werde nicht vom WM-Titel sprechen, das wäre verrückt nach nur einem Tag. Aber ich werde sehr konkurrenzfähig sein. Ich weiß nicht, ob es schon nächstes Jahr oder das Jahr danach so weit sein wird. Aber ich werde schon bald sehr konkurrenzfähig sein", ist er sich sicher und ergänzt: "Du kannst sehen, wie das Bike immer besser wird. Ihr könnt nicht vorstellen, wie viele Leute daran arbeiten. Dieses Motorrad wird schon bald verdammt schnell sein."
Ein großes Lob also an KTM, obwohl dort die 2024-Spezifikation erst im kommenden Jahr im Sepang-Test zum Einsatz kommen wird. In Valencia musste Acosta noch mit dem 2023er-Bike Vorlieb nehmen, es wurden nur einzelne neue Teile getestet. Trotzdem zeigte sich der einzige MotoGP-Rookie im Jahr 2024 beeindruckt: "Ich war überrascht, wie viele Leute in der Box zu dir kommen und deinen Kommentaren lauschen. Anfangs war ich dabei ziemlich nervös, aber es ist schön zu sehen, wie viel Unterstützung wir von der Fabrik erhalten und wie viele Leute in KTM-Farben zu uns kommen, mir zuhören und versuchen mir dabei zu helfen, zu lernen und besser zu fahren." Speziell die Zusammenarbeit mit Crewchief Paul Trevathan funktioniert bereits ausgzeichnet. "Er weiß genau, wie er mir helfen kann, damit ich verstehe, wie ich fahren muss. Er weiß genau, was er wie am Motorrad verändern muss", findet Acosta lobende Wort. "Ich bin wahnsinnig froh, dass ich mit dieser Truppe zusammenarbeiten kann. Sie sind fantastisch, sie helfen mir sehr."
Acosta stellt klar: Muss körperlich und mental noch zulegen
Sehr zum Bedauern des talentierten Spaniers steht nun erstmal die Winterpause an, ehe die MotoGP Anfang Februar in Sepang endgültig in das Jahr 2024 startet. Die Zeit bis dahin will er nutzen, um sich körperlich und mental bestmöglich auf seine erste Saison in der Königsklasse vorzubereiten. "Ich werde sicherlich ein Foto vom Dash mit all den Knöpfen und Hebeln mitnehmen, damit ich das über den Winter nicht vergesse", scherzt Acosta und ergänzt: "Körperlich muss ich sicher zulegen. Ich fühle mich heute nicht müde, hatte kein Armpump oder Schmerzen in Bizeps und Rücken. Aber das hier war auch keine sonderlich anstrengende Strecke. Die anderen Fahrer haben alle größere Rücken, Ärme, Schultern und Nacken, weil sie das auch brauchen, um diese Motorräder zu fahren. Und ich werde das auch, wenn ich über 22 Wochenenden und 44 Rennen schnell und konkurrenzfähig sein will."
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