59 Rennen und sechs Weltmeistertitel haben Marc Marquez und Honda in der MotoGP gemeinsam gewonnen. Von diesem Glanz ist nichts mehr geblieben. Die Auftritte der einstigen Dominatoren sind zu einer absoluten Lachnummer verkommen. Nur um das klarzustellen: Das ist nicht die Schuld der Fahrer. Marquez ist wahrscheinlich immer noch der beste Fahrer im Feld, Joan Mir ein ehemaliger MotoGP-Champion und Alex Rins ein mehrfacher Rennsieger in der Königsklasse.

Ihr Arbeitsgerät ist allerdings meilenweit von den hohen Ansprüchen der schnellen Spanier entfernt. Der Honda RC213V fehlt es in allen Belangen. Sie bietet ihren Fahrern kein Gefühl für das Vorderrad. Es fehlt ihr an Grip am Hinterrad. Die Elektronik fabriziert immer wieder Aussetzer und sorgt für schlimme Stürze. Das Aerodynamikkonzept ist im Vergleich zur europäischen Konkurrenz steinzeitlich. Ja, auch die Yamaha M1 ist aktuell alles andere als schnell. Doch sie ist zumindest sicher. Die Honda ist 2023 langsam und gefährlich. Eine derart fatale Kombination und ein dadurch insgesamt dermaßen verpfuschtes Motorrad hat die MotoGP lange nicht mehr gesehen.

Marc Marquez' Meinung zur 2023er-Honda in einer Geste zusammengefasst, Foto: MotoGP/Screenshot
Marc Marquez' Meinung zur 2023er-Honda in einer Geste zusammengefasst, Foto: MotoGP/Screenshot

Wie schwierig die Aufgabe für Marquez und Co. in dieser Saison werden würde, war schon nach dem Auftakt in Portimao klar. Die vergangenen Rennwochenenden - vor allem jene nach dem Verletzungs-Comeback von Marquez - untermauerten das. Wenn eine Strecke zumindest vorübergehend Erlösung bescheren und dem am Boden liegenden HRC-Projekt zumindest wieder etwas Zuversicht einhauchen hätte können, dann wäre es der Sachsenring gewesen.

Hier war Marc Marquez in seinen letzten elf Starts ungeschlagen und fuhr dabei regelmäßig Kreise um die Konkurrenz. Davon war an diesem Wochenende nichts zu sehen: Marquez taumelte beim Versuch, sein unterlegenes Motorrad doch wieder an die Spitze zu führen von einem Sturz in den nächsten. Der fünfte Abflug war für den ehemaligen Dominator schließlich das entscheidende Zeichen: Die Situation ist aussichtlos. Außer weiteren Verletzungen neben dem im Warm-Up angebrochenen Daumen gab es am Sachsenring für ihn nichts mehr zu holen. "Ich fühle mich nicht bereit, hier zu fahren", sagte Marquez in einem bezeichnend kurzen Interview folgerichtig vor seiner Abreise aus Deutschland.

Er verlässt seine vormalige Paradestrecke mit null Punkten. Doch das ist beinahe nebensächlich. Dieses Wochenende scheint den endgültigen Bruch in der schon langen kriselnden Beziehung zwischen Marquez und Honda darzustellen. Das war in seinen Reaktionen zu sehen: In jener nach einem Save im Training, als er seiner Maschine unmissverständlich den Mittelfinger zeigte. In jenen nach seinen letzten beiden Stürzen, als der für ihn so typische Ehrgeiz nur noch Gleichgültigkeit und Verachtung für sein Motorrad gewichen war. Und auch in seinen Statements gegenüber den Medien, in der Marquez trotz aller Bemühungen nicht verbergen konnte, wie enttäuscht er darüber ist, dass ihn Honda auf technischer Ebene dermaßen im Stich lässt. Der Hersteller, an der er sich zu besseren Zeiten für die ungewöhnlich lange Dauer von vier Jahren gebunden hatte.

Der damals unterschriebene Kontrakt läuft bis Ende 2024. In der Gerüchteküche des MotoGP-Fahrerlagers gibt es mittlerweile die wildesten Spekulationen. Könnte Marquez' Vertrag vorzeitig aufgelöst werden und er schon im kommenden Jahr auf einem Fabrikat sitzen, welches seinem fahrerischen Können auch gerecht wird? Das weiß aktuell niemand. Eine Zusammenarbeit mit Honda über 2024 hinaus scheint nach dem Untergang am Sachsenring aber endgültig ausgeschlossen.