Die Favoritenrolle auf alle drei WM-Titel 2023 scheint nach den ersten offiziellen MotoGP-Testfahrten des Jahres bereits klar vergeben. Ducati dominierte den Test und sicherte sich nicht nur alle drei Tagesbestzeiten, sondern brachte am letzten Testtag auch sieben der acht Motorräder unter die Top neun. Doch es gibt zumindest einen Hersteller, der in Sepang mit den Roten mithalten konnte: Aprilia.

Das Team aus dem italienischen Noale fand sich schon am ersten Testtag mit beiden Stammfahrern unter den besten Sechs wieder und wiederholte dieses Kunststück auch am finalen Tag: Maverick Vinales wurde Dritter, Aleix Espargaro Sechster. Einzig am zweiten Testtag waren sie nicht im Spitzenfeld vorzufinden, dafür dann allerdings die beiden Kundenmaschinen von Miguel Oliveira (2.) und Raul Fernandez (6.) aus dem RNF-Team.

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Zumindest auf dem Papier also eine starke Vorstellung von Aprilia. Kann Noale die dominanten Ducatisti 2023 erneut herausfordern? "Es ist noch zu früh, um unser Level zu bewerten", hielt sich Teamleader Espargaro am Sonntag bedeckt. Er sehe noch keine großen Veränderungen im Kräfteverhältnis gegenüber der Vorsaison, in der sich Aprilia den Roten letztlich doch recht klar geschlagen geben musste: "Ducati ist immer noch etwas stärker. Sie sind vor allem auf eine Runde schneller - aber nicht viel."

Lediglich 0,418 Sekunden fehlten dem 33-jährigen Katalanen auf die schnellste Zeit der Testfahrten von Luca Marini. Am Sonntag war Espargaro eine Rundenzeit von 1:58.307 Minuten gelungen, womit er schon jetzt mehr als sechs Zehntelsekunden schneller war als noch im Sepang-Qualifying im vergangenen Oktober. "Wir haben uns noch gar nicht auf eine Zeitenattacke konzentriert", versprühte Espargaro plötzlich Optimismus, nur um kurz danach schon wieder zu warnen. Er wolle auch die restlichen Hersteller noch nicht abschreiben: "Das ist erst der Auftakt, wir müssen ihnen Zeit geben. Portimao wird ein ganz anderes Streckenlayout, die Saisonvorbereitung ist noch lang."

Aleix Espargaro beendete die Testfahrten in Sepang auf Platz sechs, Foto: MotoGP.com
Aleix Espargaro beendete die Testfahrten in Sepang auf Platz sechs, Foto: MotoGP.com

Vinales lobt Aprilia: Bike passt jetzt viel besser zu mir

Deutlich zufriedener zeigte sich da Stallgefährte Maverick Vinales, der den Sepang-Test mit lediglich 0,147 Sekunden Rückstand auf Platz drei beendet hatte. "Ich bin sehr erfreut über die Arbeit, die Aprilia über den Winter geleistet hat. Das Bike passt jetzt viel besser zu meinem Fahrstil", lobte er am Sonntagnachmittag bei 'After the Flag'. Neu an der RS-GP ist 2023 u. a. eine große Öffnung im oberen Bereich des Windschilds: Der sogenannte 'S-Duct'. Außerdem wurde mit überarbeiteten Verkleidungen experimentiert, um den 'Ground effect' noch besser nutzen zu können. Ein neuer Rahmen und eine neue Schwinge waren in Sepang ebenfalls zu sehen.

"Wir haben einige Aspekte des Motorrads verbessert, die ich bereits letztes Jahr gebraucht hätte", findet Vinales. So sei etwa die Verbindung zum Motor jetzt deutlich verbessert und die Traktion der Reifen während dem Rutschen exzellent. "Genau das brauche ich, denn das Potenzial meines Fahrstils liegt im Beschleunigen", verrät der 28-Jährige. Er ist sich sicher: "Wenn wir da das Maximum herausholen, bin ich schnell. Dann kann ich um Siege kämpfen."

Maverick Vinales fühlt sich auf der neuen RS-GP deutlich wohler als zuvor, Foto: MotoGP.com
Maverick Vinales fühlt sich auf der neuen RS-GP deutlich wohler als zuvor, Foto: MotoGP.com

Aprilia: Neuer Motor soll in Portimao weitere PS bringen

Auch Teammanager Paolo Bonora versprühte am Sonntag in Sepang Zuversicht: "Wir haben eine gute Basis für 2023 gefunden. Unser Fokus lag auf Schlüsselstellen, vor allem bei der Aerodynamik." Zudem habe Aprilia Fortschritte bei der Elektronik gemacht. So verfüge die RS-GP jetzt über eine bessere Drehmomentabgabe: "Beide Fahrer haben den Fortschritt bestätigt. Wir sind glücklich mit dem Ergebnis, wir haben gute Arbeit geleistet. In Portimao konzentrieren wir uns jetzt auf Verbesserungen auf der Motorenseite."

Am Autodromo International do Algarve finden am 11. und 12. März die letzten MotoGP-Testfahrten vor dem Saisonstart [zwei Wochen später an gleicher Stelle, Anm.] statt. Dort will Aprilia seinen neuen Motor für die Saison 2023 debütieren. In Sepang war dieser aufgrund einiger fehlender Teile noch nicht einsatzbereit. "Der neue Motor wird stärker sein als unser aktueller", versprach Espargaro schon am Freitag. Sollte dem tatsächlich so sein, dürfte auch der 'Capitano' schon bald noch mehr Optimismus versprühen.