Drei Tage lang bereiteten die MotoGP-Hersteller von Sonntag bis Dienstag in Sepang ihre Maschinen für die offiziellen Testfahrten am kommenden Wochenende (10. bis 12. Februar) vor. Shakedown nennt sich diese Veranstaltung dann und ist ausschließlich für die Testfahrer sowie Rookies der MotoGP (2023 nur Augusto Fernandez) reserviert.

Der MotoGP-Shakedown ist aber deutlich mehr als ein simpler Funktionstest. Hier zeigt sich erstmals, woran die Hersteller der Königsklasse in den vergangenen Monaten gearbeitet haben. Und das war in diesem Winter so einiges. Wir liefern euch die spannendsten Techniktrends aus Sepang:

MotoGP in Formel-1-Fußstapfen: Der S-Duct

Die optisch auffälligste Neuerung war in Sepang an der von Lorenzo Savadori pilotierten Aprilia RS-GP zu sehen. Sie zeigt sich 2023 mit großen Öffnungen im oberen Bereich des Windschilds. Hier tritt Luft aus, die weiter vorne und tiefer an der Verkleidung eingeleitet wird. Ein Konzept, das bereits aus der Formel 1 bekannt ist. Dort feierte der sogenannte S-Duct - der Name geht auf die S-förmige Luftführung in diesem Kanal zurück - bereits 2008 bei Ferrari sein Debüt und wurde später von der gesamten Konkurrenz kopiert.

In der MotoGP verfolgt man damit wohl die Idee, den Luftstrom vor allem in der geduckten Haltung auf Geraden besser über den Oberkörper des Fahrers zu leiten. Gleichzeitig könnte ein Stau in gewissen Bereichen an der Front verhindert werden, um den Luftwiderstand zu verringern und somit höhere Spitzengeschwindigkeiten zu erreichen. KTM verfolgt diese Technik ebenfalls, wenn auch in einer anderen, weniger ausgeprägten Form. Hier wird die Luft rund um den Einlass an der Front des Motorrads eingefangen und im hinteren Bereich der Verkleidung nahe der Fußrasten wieder abgegeben.

Die roten Pfeile zeigen den Luftstrom an der Aprilia RS-GP, Foto: MotoGP.com/Motorsport-Magazin.com
Die roten Pfeile zeigen den Luftstrom an der Aprilia RS-GP, Foto: MotoGP.com/Motorsport-Magazin.com

Ground effect für MotoGP-Bikes

Vorangetrieben wird in Sepang auch die Jagd nach dem Ground effect in Kurven. Hierbei geht es darum, durch eine ausladende Verkleidung im unteren Bereich des Motorrads bei großen Schräglagen einen schmalen Kanal zwischen Verkleidung und Asphalt zu erzeugen. Durch diesen engen Kanal muss der Luftstrom mit hoher Geschwindigkeit durchfließen, was das Motorrad regelrecht an die Streckenoberfläche saugt und somit für zusätzlichen Grip sorgt.

Ducati experimentierte als erster Hersteller mit diesem Effekt, ursprünglich aber nur mit relativ klein dimensionierten Zusätzen an der Verkleidung. Im vergangenen November in Valencia war dann bereits eine bauchigere Form zu sehen, die nun auch in Sepang zum Einsatz kommt. Ganz ähnlich, wenn auch sogar noch etwas radikaler, wirkt das Konzept der Aprilia RS-GP in diesem Bereich. KTM zeigte ebenfalls eine Verkleidung nach Muster.

Die rote Ellipse zeigt den Luftkanal zwischen Verkleidung und Asphalt, Foto: MotoGP.com/Motorsport-Magazin.com
Die rote Ellipse zeigt den Luftkanal zwischen Verkleidung und Asphalt, Foto: MotoGP.com/Motorsport-Magazin.com

Honda: Neuer Rahmen, neue Balance?

Mit dem größten Aufholbedarf aller Hersteller geht wohl Honda, Letzter der Konstrukteursweltmeisterschaft im Vorjahr, in die Sepang-Tests. Stefan Bradl scheint im Shakedown mit einem neuen Rahmen unterwegs gewesen zu sein, den er bereits bei einem Privattest im Januar in Jerez verwendete. Neu platziert sind auch die Aufhängungspunkte des Motors. Ein Feld, in dem Honda bereits in den vergangenen Jahr durch Verschiebungen vorwärts oder rückwärts nach der idealen Balance an seiner RC213V suchte. Ob der Motor für 2023 tatsächlich neu ausgerichtet wurde oder die anders gewählten Aufhängungspunkte nur durch den neuen Rahmen begründet sind, lässt sich durch die von der MotoGP gelieferten Bilder - Journalisten erhalten beim Shakedown keinen Zutritt zur Boxengasse - nur schwer beurteilen.