Die Bilanz von Franco Morbidelli beim Werksteam von Yamaha liest sich vernichtend. Seit er im viertzehnten Saisonlauf 2021 erstmals für die Truppe von Lin Jarvis an den Start ging, hat der Italiener gerade einmal 49 Punkte in 25 Rennen eingefahren. Zum Vergleich: Teamkollege Fabio Quartararo holte im gleichen Zeitraum 312 Zähler. Dabei war Morbidelli zuvor alles andere als langsam unterwegs. 2020 wurde er mit drei Siegen Vizemeister hinter Joan Mir und in den ersten Rennen 2021 erzielte der Italiener mit dem Petronas-Yamaha-Satellitenteam noch einen vierten und einen dritten Platz. Seit er für das Werksteam fährt, kam es zum Bruch. Rang 7 war das Höchste der Gefühle und das auch noch im Regenrennen von Indonesien 2022. Im Trockenen ging es zuletzt in Valencia bis auf Rang 10 nach vorne.

Morbidelli wurde bei seinem Wechsel als Ersatz von Maverick Vinales mit einem Vertrag bis 2023 ausgestattet. Teamchef Lin Jarvis hat mittlerweile zugegeben, dass er besser Superbike-Star Toprak Razgatlioglu auf die M1 gesetzt hätte. Der Italiener kämpft also 2023 um seinen Platz. Diesen Kampf will der 28-Jährige auch annehmen und sieht bei der Präsentation der neuen Yamaha Grund für Optimismus: "Immer wenn ich verloren habe, habe ich viel gelernt. Letztes Jahr habe ich also viel gelernt. Ich freue mich darauf, zurückzuschlagen. Als ich das neue Bike kennenlernte, musste ich mich erstmal neu anpassen. Das hat eine Weile gedauert. Am Ende der Saison habe ich dann aber etwas gespürt. Das möchte ich in dieses Jahr mitnehmen und weiter verbessern."

Sorge um Quartararo und Bike: Yamaha gibt sich kämpferisch (05:36 Min.)

Morbidelli: Stimmung bei Yamaha gut

Tatsächlich war gegen Ende der Saison 2022 eine Verbesserung der Pace Morbidellis zu sehen, auch wenn er von Quartararo immer noch weit entfernt war. Dies galt jedoch auch für die beiden anderen Yamahas von RNF. Das Team von Razlan Razali tritt ab 2023 allerdings mit Aprilia-Material an, sodass Quartararo als einzige Vergleichsreferenz für Morbidelli verbleiben wird. Andrea Dovizioso meinte vor seinem Rücktritt, dass die Yamaha ohnehin nur auf einen Piloten zugeschnitten sei, und dieser ist der Weltmeister von 2021.

Angesichts der über einjährigen Flaute könnte Yamaha seinen zweiten Fahrer also bereits abgeschrieben haben? Morbidelli betont die positive Einstellung des Teams: "Ich bin sehr aufgeregt, so eine Präsentation ist bereits Teil der Meisterschaft. Hier kommen alle zusammen und wir sehen uns die neue Lackierung an. Da bekommt man Kraft durch die ganzen Leute von Yamaha, man sieht und fühlt, dass sie in Stimmung für die neue Saison sind."

Kann Franco Morbidelli(r.) dieses Jahr besser mit Fabio Quartararo(l.) mithalten?, Foto: Monster Energy Yamaha
Kann Franco Morbidelli(r.) dieses Jahr besser mit Fabio Quartararo(l.) mithalten?, Foto: Monster Energy Yamaha

Morbidelli freut sich auf Sprints: Noch mehr Zweikämpfe

Aus dem eigenen Team erwartet der Moto2-Weltmeister von 2017 trotz bisher ausbleibender Ergebnisse also keinen Gegenwind. Diesen erhielt er jedoch von seinen Fahrerkollegen, denn Morbidelli fiel auf der Strecke zuletzt mit mehreren unnötigen Aktionen auf, die ihn auf den Zettel der Stewards und andere Piloten auf die Palme brachten. Angesichts der neuen MotoGP mit Sprints gibt es noch mehr Möglichkeiten, dass Morbidelli mit seinen Kollegen aneinandergeraten könnte.

Der Yamaha-Pilot dachte aber nicht an die Kritik von Aleix Espargaro & Co., sondern freute sich auf mehr Rennaction: "Das neue Format des Rennwochenendes wir sowohl physisch als mental anders sein. Man wird noch härter von Verletzungen getroffen werden, aber ich mag es, wenn die Karten neu gemischt werden. Es ist aufregend für die Fans, denn jeder liebt die Zweikämpfe. Da wird es mit Sicherheit noch mehr Reibung geben."

Erfolglosigkeit frustriert: Ein Jahr ohne Champagner

Reibung mit den anderen Piloten gab es für Morbidelli zuletzt aber nur Aufgrund von Unachtsamkeiten in Trainingssessions und beim Kampf um hintere Platzierungen. Der Italiener möchte endlich wieder weiter vorne kämpfen. Auch wenn er weiterhin an sich glaubt, so ließ er doch durchblicken, wie sehr die Erfolglosigkeit an ihm nagt: "Ich sehne mich nach etwas Erlösung in diesem Jahr. Ich habe letztes Jahr dazugelernt und fühle mich nun besser. Ich habe gut gearbeitet und bin mehr im Einklang mit den Leuten zuhause und meiner Crew. Ich habe ein Jahr lang Erfahrungen gesammelt. Es fühlt sich nach einem Aufwärtstrend an. Ich vermisse das Podium, es ist jetzt schon mehr als ein Jahr ohne Champagner." Wenn er über 2023 hinaus für Yamaha fahren will, dann wird Morbidelli Podestplätze anpeilen müssen, denn Toprak Razgatlioglu würde zu seinem MotoGP-Platz wohl kaum nein sagen.