Gebetsmühlenartig wiederholt sich seit Jahren die Kritik von Yamahas MotoGP-Piloten. Das Handling der M1 ist gut, aber es fehlt dramatisch an Beschleunigung und in weiterer Folge an Topspeed. Eine Schwäche, die sich auch wie ein roter Faden durch die Saison 2022 zieht. Liegen die Yamaha-Fahrer im Rennen hinter Konkurrenten auf anderen Fabrikaten, ist Überholen so fast unmöglich.

Der japanische Hersteller hat zuletzt aber die Zeichen der Zeit erkannt. Für die Motorenabteilung holte man sich externe Verstärkung in der Person von Luca Marmorini, der in der Vergangenheit Formel-1-Triebwerke für Ferrari und Toyota konstruiert hat. Am Dienstag bekamen Fabio Quartararo und Franco Morbidelli - im nächsten Jahr die einzigen beiden Yamaha-Fahrer im MotoGP-Feld - eine erste Kostprobe von Marmorinis Arbeit. Im Misano-Test durften sie einen ersten Prototypen für 2023 fahren und somit auch die erste Entwicklungsstufe des neuen Motors.

Das Feedback fiel überaus positiv aus. "Wir haben einen ersten Motor für 2023 getestet und es war ein guter Schritt nach vorne", sagte Quartararo. "Ich bin sehr zufrieden damit, weil uns ja auch noch viel Zeit bis zum ersten Rennen in Portimao bleibt. Ich bin glücklich, weil ich zum ersten Mal auf die Topspeed-Liste blicken kann und meine Analyse dabei eher positiv als negativ ausfällt." Der Abstand zwischen Quartararo als schnellster Yamaha und Topspeedkönig Maverick Vinales betrug am Dienstag nur 2,8 km/h - 291,9 zu 294,7. In den Trainingssitzungen am Rennwochenende in Misano war die schnellste 2022er-Yamaha von der Spitze im Schnitt 3,7 km/h entfernt. Ein kleiner Unterschied, allerdings fällt die Streuung auf der kurzen Geraden von Misano ohnehin gering aus. In längeren Vollgaspassagen wie in Mugello oder Katar wird der Fortschritt Yamahas also wohl deutlicher sichtbar werden.

Das positive Feedback des sonst nicht kritikscheuen Quartararo sollte die Stimmung im Yamaha-Lager also erst einmal beruhigen. "Wenn sie gute Arbeit leisten, dann müssen wir das auch anerkennen", sagte der amtierende Weltmeister am Dienstag. "Wir können nicht immer nur kritisieren. Ich habe immer noch viele Forderungen, aber ich weiß jetzt zumindest, dass der erste Schritt ein guter war. Jetzt brauchen wir natürlich weitere Schritte. Mir ist klar, dass diese nicht mehr so groß sein werden, aber ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind."

Quartararos Analyse fällt positiv aus, Foto: LAT Images
Quartararos Analyse fällt positiv aus, Foto: LAT Images

Eine Einschätzung, die auch Teamkollege Franco Morbidelli teilte: "Der Motor fühlt sich gut an. Er hat immer noch diese angenehme und ruhige Charakteristik, die man von der Yamaha kennt. Gleichzeitig erreichen wir damit aber in den höheren Gängen und bei höherer Drehzahl einen guten Topspeed. Das ist alles, was wir uns erhofft haben."