Seit er sich Anfang Juni erneut unters Messer legen musste, ist es ruhig geworden um Marc Marquez. Abgesehen von einigen Postings auf seinen Social-Media-Kanälen und einer Pressemitteilung von Repsol Honda gab es kaum Auskünfte über die Genesung des MotoGP-Superstars. Nun meldet er sich mit einem ausführlichen Brief. Das sind Marquez' Worte:

"Hallo an alle! Es ist eine Weile her, dass ich mich gemeldet habe, aber ich habe euch nicht vergessen. Ich habe viele aufmunternde Nachrichten von euch erhalten, die ich vor allem in Zeiten wie diesen sehr zu schätzen weiß. Jetzt will ich euch wissen lassen, wie meine Genesung läuft.

Die Idee, dass ich eine weitere Operation benötigen könnte, kam erstmals im vergangenen September auf. Wir haben meinen Arm immer wieder überprüft, um zu sehen, wie die Fraktur nach dem dritten Eingriff verheilt. Im Winter wollte ich mich selbst davon überzeugen, dass ich es schaffen kann. 'Stärke liegt im Geist' war mein Motto. Als die Saison begonnen hat, ist mir aber schnell klar geworden, dass die Einschränkungen massiv waren. Ich wollte die ganze Saison fahren, obwohl der Knochen nach der dritten Operation immer noch nicht vollständig verheilt war. Ich habe das aber verborgen, um ständige Fragen diesbezüglich zu verbergen. Nur mein engstes Umfeld wusste bescheid.

Der entscheidende Moment kam rund um den Frankreich-GP, als wir einen 3D-Scan vorbereitet hatten. Da haben wir uns für eine erneute Operation entschieden. Die Arbeitsweise der Chirurgen in den USA hat mich sehr überrascht. Sie ist ganz anders als in Spanien. Die postoperative Phase verlief sehr zügig. Ich wurde sofort entlassen, durfte fliegen und nachhause kommen. Die Vorbereitung wiederum wurde akribisch geplant.

Vor der Operation war ich sehr gut gelaunt, aber in den Stunden danach ging es mir durch die Narkose und die Schmerzen schlechter. Die ersten zwei, drei Tage waren hart, aber es war ja nicht meine erste Operation am Arm, also wusste ich schon, wie es sich anfühlen würde. Mir war klar, dass die Schmerzen normal sind und sich legen würden.

Jetzt fühle ich mich ziemlich gut, denn ich habe keine Schmerzen mehr. Mein Arm ist noch fixiert und ich kann nur leichte Übungen machen. Ich bin aber motiviert und möchte mit der Reha beginnen, sobald mir die Ärzte die Erlaubnis geben. Dann werden wir sehen, ob mein Arm so funktioniert, wie er soll.

Aktuell bin ich hoffnungsvoll. So wie ich zuletzt gefahren bin, habe ich mich nicht mehr für lange Zeit auf dem Motorrad gesehen - vielleicht noch ein oder zwei Jahre. Nach der Operation in Rochester habe ich jetzt aber die Hoffnung, dass ich wieder ohne Schmerzen Rennen fahren und Spaß auf dem Bike haben kann.

In der sechsten Woche nach der Operation findet ein weiteres Röntgen statt. Das Resultat wird darüber entscheiden, wie meine Reha aussieht. Bis dahin genieße ich ein bisschen Urlaub, denn eine Reha ist aktuell nicht zu 100 Prozent möglich. Es sieht vielleicht so aus, als hätte ich derzeit viel Freizeit, aber ich habe jeden Tag durchgeplant. Ich stehe früh auf und gehe anderthalb Stunden spazieren. Dann bin ich mit Telefonaten mit meinem Team und meiner Familie beschäftigt oder mache Sachen im Haushalt. Am Nachmittag trainiere ich dann etwas meinen Unterkörper und meinen linken Arm.

Ich denke viel über Motivation nach und in meinem Fall komme ich immer zur Erkenntnis, dass sie durch meine Leidenschaft und meinen Enthusiasmus entsteht. Sie ist gleich stark wie seit mehr als zehn Jahren. Sie treibt mich an, an mein großes Ziel zu denken: Spaß zu haben und auf einem guten Level Rennen zu fahren, ohne zu leiden oder Schmerzen zu haben.

Glücklicherweise bin ich auf diesem Weg zurück nicht alleine. Mich unterstützen Fahrer wie Alex Criville - er hat Ähnliches durchgemacht, Alberto Puig - die Person, mit der ich am meisten Kontakt habe, weil er ja auch mein Team-Manager ist und Mick Doohan - auch er hatte mehrere schwere Verletzungen. Diese Leute geben mir die besten Ratschläge und ich möchte ihnen für ihre Unterstützung danken.

Eine Referenz für mich ist auch Rafael Nadal. Die Menschen hatten ihn abgeschrieben, aber er ist zurückgekommen und gewinnt wieder. Ich habe ihn beim Madrid Masters 1000 getroffen. Ich kenne seine Leiden und deshalb ist er ein Vorbild für mich. Er ist zwar nicht bei seinem Maximum, kann aber dennoch Turniere wie Roland Garros gewinnen. Er hat in einer Pressekonferenz darüber gesprochen, wie ihn die Schmerzen verändert haben. Das kann ich nachvollziehen.

Bevor ich mich verabschiede, möchte ich mich einmal mehr für eure Unterstützung bedanken. Ich verspreche euch, dass ich alles geben werde, um wieder Rennen fahren und gute Zeiten mit euch gemeinsam genießen zu können."
MM93