Danilo Petrucci könnte zu einem prominenten Opfer im MotoGP-Transferpoker werden. Die Karten für einen Verbleib in den Reihen von KTM stehen schlecht, nachdem die Österreicher laut übereinstimmenden Medienberichten eine Option auf eine vorzeitige Verlängerung verstreichen ließen und stattdessen am Mittwoch Remy Gardner als Neuzugang für das Satellitenteam Tech3 präsentierten.

Da Brad Binder einen Tag zuvor bis 2024 verlängert hatte und Miguel Oliveira über einen gültigen Vertrag für 2022 verfügt, hat KTM für das nächste Jahr nur noch einen freien Platz. Gerüchten zufolge könnte dieser aber für Moto2-Shootingstar Raul Fernandez freigehalten werden und im Zweifelsfall immer noch mit Iker Lecuona gefüllt werden, der zehn Jahre jünger als Petrucci ist.

Kaum noch offene Plätze für 2022

Der 30-jährige Italiener hat im Falle eines Aus bei KTM nicht allzu viele Optionen. Die Werksteams von Honda, Suzuki, Yamaha und Ducati sind bereits voll. Einzig bei Aprilia könnte sich eine Option auftun, falls sich Andrea Dovizioso doch gegen ein MotoGP-Comeback entscheidet und Lorenzo Savadori keine deutlich Leistungssteigerung an den Tag legt.

Doch auch bei den Privatteams dürften sich für Petrucci kaum Möglichkeiten bieten. LCR ist für 2022 ebenso besetzt wie Pramac. Die Plätze von VR46 dürften an Academ Rider gehen, während Gresini im Fall einer Zusammenarbeit mit Ducati wohl auf Enea Bastianini (Vertrag mit Ducati für 2022) und Fabio Di Giannantonio (Vorvertrag mit Gresini für einen MotoGP-Aufstieg) gehen.

Bliebe am Ende nur eine einzige Möglichkeit: Als Ersatz für Valentino Rossi bei Petronas-Yamaha. Ob der malaysische Ölkonzern oder der japanische Hersteller ein Interesse an Petrucci haben, sei dahingestellt. Die italienische "Motosprint" bringt daher eine neue Variante ins Spiel: Ein Wechsel des Italieners in die Superbike-WM.

Interesse aus der Supberbike-WM

Dort interessieren sich laut Informationen des Fachblattes zwei Hersteller für Petrucci: Honda und Ducati. Bei HRC ist der 37-jährige Veteran Leon Haslam nicht mehr glücklich, während Ducati nach einem Ersatz für den ebenfalls nicht mehr ganz zufriedenen Chaz Davies in einem Kundenteam sucht. Zwischen Ducati und Petrucci wurde allerdings im Zuge der Trennung im Vorjahr sehr viel Porzellan zerschlagen.

Mit Danilo Petrucci würde ein Fahrer die MotoGP verlassen, der sich aus eigener Kraft von ganz unten an die Spitze kämpfen konnte. Bis 2011 fuhr der Italiener mangels Sponsorgeldern in den Superstock-Klassen und wurde dort Vize-Europameister und italienischer Meister. Ab 2012 mühte er sich drei Saisons auf dem CRT-Projekt des Ioda-Teams ab, ehe er 2015 von Ducati geholt und bei Pramac geparkt wurde.

2015 holte er seinen ersten Podestplatz und bekam ab 2017 volle Werksunterstützung. Nach fünf weiteren Podestplätzen wurde er 2018 ins Werksteam befördert, wo er in Mugello 2019 seinen ersten Sieg feierte und im Vorjahr in Le Mans einen zweiten folgen ließ.

Notnagel bei KTM

Bereits vor dem Start der Corona-Saison 2020 hatte er für 2021 bei KTM unterschrieben. Denn die Österreicher brauchten einen Ersatz, nachdem Jorge Martins Manager ein Schlupfloch im KTM-Vertrag seines Schützlings für 2021 gefunden hatte, der ihm einen Wechsel zu Ducati ermöglichte. Petrucci startete mit zwei Nullnummern in die neue Saison, holte zuletzt in Le Mans aber einen 5. Rang und in Mugello einen 9. Platz.

Petrucci trug die Ereignisse der letzten Tage mit Fassung und meinte in seinem Videocall am Donnerstag: "Meine Karriere war immer wie eine Schiebetür, die immer wieder auf und zu geht. Ich habe noch nicht mit anderen Teams gesprochen. Ich weiß aber, dass meine Zukunft in meinen eigenen Händen liegt und sich wohl gegen Ende dieses Monats entscheiden wird."