Nachdem man bei KTM vor wenigen Tagen die Reißleine gezogen und Johann Zarco ab sofort von seinen Pflichten als MotoGP-Pilot des Teams entbunden hat, ist Mika Kallio jetzt nach Jahren der Testfahrer-Arbeit zurück im Rennbetrieb. Was will der Finne in den verbliebenen sechs Saisonrennen erreichen?

"Bisher weiß noch niemand, wie wir uns schlagen werden", schätzt Kallio vor dem Aragon GP seine Lage ein. Für den Finnen aber gut zu wissen: Zumindest von Seiten seines Arbeitgebers braucht er keinen Druck zu erwarten. Wenn dieser auf ihm lastet, dann aus eigener Entscheidung. "Vom Team kriege ich keinen Druck, was die Ergebnisse angeht", verrät Kallio und nennt für diese Situation auch einen klaren Grund: "Alle wissen, dass es nicht einfach ist. Die Situation ist schwierig."

Denn nach einer heftigen Verletzung ist es mittlerweile schon über ein Jahr her, dass Kallio an einem Rennwochenende mit der KTM RC16 unterwegs war. "Ich würde sagen, dass zumindest die ersten paar Rennen eine Art Warm-Ups für uns sind, um wieder ein Gefühl für den Ablauf zu bekommen und herauszufinden, was wir erreichen können", schätzt der Finne seine Situation realistisch ein.

Denn die Voraussetzungen als Einsatzfahrer sind für ihn jetzt grundverschieden als die für seine Testfahrer-Rolle. Bevor man sich auf Ergebnisse konzentrieren kann, muss in der Box noch viel Arbeit geleistet werden. "Wir müssen ein Basis-Setup für mich suchen", beschreibt Kallio. "Außerdem muss ich ein Gefühl für Johanns Crew finden. Wie sie arbeiten und mit der Umstellung zurechtkommen."

Mika Kallio wird in den letzten sechs MotoGP-Rennen 2019 für KTM starten, Foto: KTM
Mika Kallio wird in den letzten sechs MotoGP-Rennen 2019 für KTM starten, Foto: KTM

Zwar hat die Möglichkeit auf einen spontanen Renneinsatz des Finnen immer bestanden, beispielsweise wenn einer der Stammpiloten des österreichischen Herstellers verletzt gewesen wäre, aber in der Praxis liegt Kallios letzter Einsatz aber schon ein Jahr und eine schwere Verletzung zurück. Das lässt auch ihn nicht völlig kalt. "Es ist sehr speziell für mich. Seit dem letzten Einsatz ist viel passiert. Meine Verletzung am rechten Knie hätte mich fast meine Karriere gekostet. Ich will diesen Moment einfach nur genießen", führt Kallio aus.

Kallio über Zarco-Ersatz: Hätte damit nicht gerechnet

Dass es zu diesem Einsatz überhaupt gekommen ist, damit hätte der Finne allerdings nicht gerechnet. Das der Franzose Probleme mit der RC16 hatte, war natürlich auch für Kallio kein Geheimnis, von der Umstrukturierung erfuhr der Finne aber wie Zarco selbst erst am Dienstag. "Ich hätte das nicht erwartet", so Kallio. "Wir wussten zwar die ganze Zeit über, dass Zarco Probleme hatte, aber die Entscheidung von KTM kam recht überraschend."

So überraschend, dass Fahrer und Team erst einmal damit beginnen müssen, das Bike auf den neuen Piloten abzustimmen. Weit wird man dabei aber von den Einstellungen Zarcos nicht abweichen, wie Kallio vorab verriet: "Mein Bike wird sehr ähnlich zu dem von Johann sein", so der Finne. "Natürlich müssen wir das Bike etwas an mich und meinen Fahrstil anpassen. Es wird ein kleiner Mix, aber sehr ähnlich zu dem Bike von Johann und auch von Pol."

Nach langer Verletzungs-Pause: Fast wieder bei 100 Prozent

Wenn die Ansprüche an das Wochenende und das Bike geklärt sind, bleibt für Kallio nur noch eine Frage offen: Sein Gesundheitszustand. Der Finne ist sich jedoch sicher, dass ihm seine Knieverletzung aus dem letzten Jahr in Aragon keine allzu großen Schwierigkeiten mehr machen wird. Immerhin erholte er sich schneller als im Reha-Plan vorgesehen von der Verletzung, die er sich bei einem Crash als Wildcard-Pilot auf dem Sachsenring 2018 zuzog.

"Fünf Monate nach dem Crash saß ich weder auf dem Bike", erklärt Kallio. "Die Reha verlief ein bisschen schneller als geplant. Eigentlich sollte ich erst zu Beginn dieses Jahres wieder auf dem Bike sitzen, aber wir konnten einen Monat früher starten." Bereits kurz vor Weihnachten des vergangenen Jahres war Kallio erstmals wieder auf der RC16 unterwegs. "Jetzt bin ich wieder so gut wie 100 Prozent fit. Ich denke, es sollte daher keine Probleme geben", ist sich Kallio deshalb sicher.