Egal, wen Yamaha Valentino Rossi im Laufe seiner Karriere bei den Japaner an die Seite stellten - der Doktor blieb die unangefochtene Nummer eins im Team. Das könnte sich mit Neuzugang Maverick Vinales jetzt ändern.

Zwar hat Yamaha-Neuzugang Vinales erst wenige Outing mit der M1 hinter sich, trotzdem fährt er der Konkurrenz fast ausnahmslos davon. An drei der sechs offiziellen MotoGP-Testtage in diesem Jahr war er der schnellste Mann auf der Strecke. Damit beendete er sowohl den Sepang- als auch den Australien-Tests als Schnellster. Davon ist Altmeister Rossi weit entfernt. Seine beste Platzierung in Sepang war ein dritter Platz an Tag Nummer eins, seine Bestzeit 0.221 Sekunden hinter der schnellsten Zeit von Vinales. In Australien kam es sogar noch dicker für den Italiener. Vinales fuhr in die 1:28er Zeiten und ließ Rossi mit seiner Zeit von 1:29.470 um fast eine Sekunde im Regen stehen.

Macht das Vinales automatisch zum Nummer-eins-Fahrer bei Yamaha? "Ich denke nicht, dass ich jetzt schon ein Referenzpunkt für Yamaha bin", stellte Vinales gegenüber der italienischen 'GPOne" klar. "Ich starte meine Yamaha-Karriere ja gerade erst."

Rossi hingegen kann auf eine lange Geschichte mit dem japanischen Konzern zurückblicken, insgesamt vier Weltmeistertitel in der Königsklasse sicherten sich Fahrer und Team gemeinsam. Auch war Rossi maßgeblich an der Verbesserung der M1 in seinem Wechsel-Jahr 2004 beteiligt. Mit diesen Erfolgen und der 15-jährigen MotoGP-Erfahrung, die Rossi mitbringt, ist es nur verständlich, dass Yamaha Rossi bisher als Referenzpunkt ansah.

Und auch wenn die Testfahrten bisher nicht weltmeisterlich für Rossi verlaufen sind, vor allem in den letzten Jahren hat der Rekordweltmeister bewiesen, dass am Rennsonntag einfach immer mit ihm zu rechnen ist. Beim Frankreich-GP 2016 schaffte es Rossi an Tag eins nur auf Platz zehn in den kombinierten Trainingszeiten, am Sonntag fuhr er jedoch hinter Jorge Lorenzo aufs Podium. Noch dazu sprechen drei Vizetitel in den letzten drei Jahren eine deutliche Sprache. "Valentino zu unterschätzen wäre ein großer Fehler", ist sich Vinales deshalb auch sicher. Momentan sieht es also so aus, als wäre Rossis Vormachtstellung im Yamaha-Team ungebrochen.

Vinales oder Rossi: Wer ist Yamahas Referenz?, Foto: Yamaha
Vinales oder Rossi: Wer ist Yamahas Referenz?, Foto: Yamaha

Vinales als Yamahas Blick in die Zukunft

Nichtsdestotrotz müssen die Japaner aber auch an die Zukunft denken. So schade es für Millionen von Fans und den Sport selbst ist, ewig fahren kann auch der Doktor nicht. Mit mittlerweile 38 Jahren ist Rossi bei weitem der älteste Fahrer im Feld - früher oder später wird seine aktive Rennkarriere zu Ende sein. Mit Vinales' Vertragsunterzeichnung hat Yamaha einen wichtigen Schritt in die Zukunft gemacht: sich einen potenziellen neuen Rossi ins Boot geholt, der Weltmeisterschaften gewinnen kann. Vinales' als zukünftigen Referenzpunkt der Motorrad-Entwicklung zu sehen, ist deshalb sicher keine Fehlentscheidung. Trotz Rossis weiterhin starken Leistungen wird Yamaha mit Vinales in der Zukunft um mehr WM-Titel kämpfen können als mit dem Doktor.

Bleiben die Leistungen des Neuzugangs weiterhin so konstant und auf einem derart hohen Level, könnte sich Vinales schon dieses Jahr den Titel sichern. Das weiß auch Rossi, der gegenüber 'Crash.net' verlauten ließ: "Vinales ist sehr schnell und das überall. Er fühlt sich wohl auf dem Motorrad. Das ist aber wirklich keine Überraschung, denn jeder wusste, dass er schnell ist." Von Maestro Rossi kann der Spanier in dieser Saison dennoch die eine oder andere Lektion lernen. So folgte Vinales seinem Teamkollegen beispielsweise während der Tests in Australien. Rossi stört das allerdings nicht: "Ich denke, dass wir gut zusammenarbeiten können. Wir teilen alle Informationen, um das Motorrad zu verbessern."

Möglicherweise ist diese Entwicklung sogar der richtige Schritt für Yamaha. Noch kann man von Rossis Expertise profitieren und ihn mit Neuzugang Vinales die M1 weiterentwickeln lassen. Früher oder später wird es aber allem Anschein nach Vinales sein, der der Referenzpunkt des japanischen Herstellers wird.