Im Grand Prix der Niederlande überlegte Jorge Lorenzo am Sonntag zwischenzeitlich, das Rennen zu beenden. Nicht etwa, weil er körperliche Beschwerden hatte oder weil sich ein Defekt an seiner Yamaha M1 ankündigte. Nein, Lorenzo fühlte sich einfach zu schlecht, um diesen GP zu Ende zu fahren. Unglaublich aber wahr: In Runde elf, also kurz vor der Unterbrechung, lag Lorenzo nur auf dem 20. und somit vorletzten Rang, fast 39 Sekunden hinter der Spitze. Das macht mehr als drei Sekunden Zeitverlust pro Runde!

Wenig verwunderlich, dass Lorenzo keine Chance auf Punkte mehr sah und für ihn das Risiko im strömenden Regen von Assen in keinem Verhältnis zum möglichen Lohn in Form von WM-Zählern stand. Dennoch fuhr Lorenzo weiter und rettete nach dem Restart mit Rang zehn immerhin sechs Weltmeisterschaftspunkte. Doch seine Leistung im zweiten Rennen war mindestens ebenso desaströs wie die im ersten. Genau drei Piloten landeten hinter Lorenzo - Tito Rabat, Dani Pedrosa und Bradley Smith. Sie waren allesamt gestürzt. Lorenzo war also der langsamste Fahrer auf der Strecke.

Lorenzo wurde wie nie zuvor durchgereicht, Foto: Avintia
Lorenzo wurde wie nie zuvor durchgereicht, Foto: Avintia

Wie kann es sein, dass der bei Idealbedingungen ohne Zweifel schnellste Pilot der MotoGP im Regen plötzlich zum schwächsten der 21 Herren auf der Strecke wird? Eine Frage, die im Endeffekt wohl nur Lorenzo selbst beantworten kann. Die Antwort scheint er jedoch noch nicht gefunden zu haben, war es doch bei weitem nicht das erste Mal, dass er im Regen große Schwierigkeiten hatte. In der Außenansicht wirkt eine mentale Blockade seit seinem schmerzhaften Assen-Crash 2013 wahrscheinlich. Denn natürlich verschiebt sich das Kräfteverhältnis auf nasser Strecke immer etwas, einen derart langsamen Weltmeister auf Full-Wets hat es aber wohl noch nie gegeben.

Immerhin: In Assen gestand der stolze Mallorquiner erstmals öffentlich ein, dass er im Regen Schwächen hat. Bisher hatte sich Lorenzo oft regelrecht angegriffen gefühlt, wenn er darauf angesprochen wurde. Oftmals flüchtete er sich in kuriose Erklärungen. Einsicht ist hier definitiv der erste Schritt zur Besserung. Lorenzo muss seine Regen-Schwäche schnellmöglich in den Griff bekommen. Denn Leistungen wie am Sonntag in Assen sind einem Piloten mit seinem Können schlicht unwürdig. Und, viel wichtiger: Sehen wir 2016 noch ähnlich viele Rennen bei schwierigen Verhältnissen wie in der Vorsaison, kann nur dieser Schritt auf den Weg führen, der für Lorenzo am Ende das große Ziel 'MotoGP-Titel Nummer Vier' bereithält.