Am Freitag deutete in Barcelona zunächst noch alles darauf hin, dass der Grand Prix von Katalonien zu einem Kampf der Yamaha-Werkspiloten Jorge Lorenzo und Valentino Rossi mit Suzuki-Ass Maverick Vinales wird. Doch dann kam das zweite Training der Moto2, der fatale Unfall von Luis Salom und der daraus resultierende Wechsel vom üblichen MotoGP-Layout auf die Formel-1-Strecke. Der nun deutlich engere und langsamerere vierte Sektor hilft plötzlich den Honda-Piloten und spülte Marc Marquez aus dem Niemandsland auf die Pole Position. Motorsport-Magazin.com nimmt seine Siegeschancen und die seiner Gegner unter die Lupe.

MotoGP Barcelona 2016: Die Top-Favoriten

Marc Marquez: Das geänderte Streckenlayout spielt Marc Marquez ganz klar in die Karten, darüber besteht kein Zweifel. Die nun gefahrenen engen Kurven im ersten Gang kommen dem Charakter seiner Honda RC213V entgegen, das hat sich in diesem Jahr bereits in ähnlichen Passagen in Austin gezeigt, wo Marquez die Konkurrenz ja in Grund und Boden fuhr. Beendete er die Freitagstrainings in Barcelona auf der Originalstrecke noch auf den enttäuschenden Rängen sieben und neun, musste er sich am Samstag nur in FP3 Maverick Vinales knapp geschlagen geben. Das vierte Training und auch das Qualifying entschied Marquez jeweils mit mehr als vier Zehntelsekunden Vorsprung für sich. Ein Blick auf seine Pace im Longrun von FP4 bestätigt Marquez' Favoritenrolle: Sieben Runden im Bereich von 1:45 Minuten drehte Marquez da, kein anderen Pilot schaffte mehr als drei. "Das neue Layout ist natürlich ganz anders, aber ich fühle mich wohl damit", stellte Marquez zufrieden fest. Spricht der Mann mit der Nummer 93 da schon mit dem Selbstvertrauen des sonntäglichen Siegers? Gut möglich! Der Weg zum Triumph in Barcelona führt auf jeden Fall über ihn.

Marquez startet in Barcelona von der Pole, Foto: Repsol
Marquez startet in Barcelona von der Pole, Foto: Repsol

Jorge Lorenzo: Der amtierende Weltmeister ist dieses Mal die große Unbekannte unter den Sieganwärtern. Im Qualifying war er trotz mehr als vier Zehntelsekunden erster Verfolger, zählt also sicher zu den stärksten Herausforderern. Doch seine Pace über mehr als eine Runde lässt sich schwer einordnen. Im sonst aufschlussreichen vierten Training fuhr Lorenzo nur mit gebrauchten Reifen und beendete die Session auf dem 14. Platz, in FP3 wurde er auch nur Sechster. "Erste-Gang-Kurven liegen uns nicht. Das ist sicher ein Vorteil für Honda", war Lorenzo vom neuen Layout nicht begeistert. Was den reinen Speed betrifft kann er aber wohl dennoch mit Marquez mithalten. Einzig der rapide Reifenverschleiß in Barcelona könnte dem Mallorquiner zusetzen. Ähnliche Probleme hatten ihm laut eigenen Aussagen ja schon den Sieg in Jerez gekostet.

Dani Pedrosa: Den kleinen Katalane sollte man bei seinem Heimrennen am Sonntag besser auf der Rechnung haben. In den Trainings überzeugte Pedrosa noch nicht wirklich, fuhr dafür im Qualifying in die erste Startreihe. Dabei war seine Runde alles andere als perfekt. "Es wäre deutlich mehr möglich gewesen", weiß Pedrosa selbst. Seine Pace im vierten Training war zwar nicht überzeugend, überbewerten sollte man diese Session unter den besonderen Bedingungen dieses Mal aber ohnehin nicht. Was für Pedrosa spricht ist auf jeden Fall seine Bilanz in den letzten Barcelona-Jahren: 2015 war er erster Verfolger des überlegenen Yamaha-Duos, eine Saison zuvor kämpfte er bis wenige Kurven vor Ende gegen Marc Marquez sogar um den Sieg. Fazit: Pedrosa darf sich durchaus in der Rolle des Geheimfavoriten sehen.

Valentino Rossi: "Normalerweise sind wir hier immer konkurrenzfähig, jetzt ist das anders", musste Valentino Rossi am Samstagabend ernüchtert feststellen. Wie Teamkollege Jorge Lorenzo bereitet dem Altmeister der neu gestaltete letzte Sektor Kopfschmerzen. Im Qualifying musste er lange Zeit sogar einen Startplatz in Reihe vier befürchten, erst in seiner allerletzten Runde rettete er sich noch auf Rang fünf nach vorne. Seine Qualifying-Zeit fuhr Rossi aber klarerweise auf den weicheren Reifen, im Rennen muss die harte Mischung her. "Sonst schaffen wir nur ein paar Runden", ist er überzeugt. Und mit den harten Pneus von Michelin funktionierte Rossis M1 bisher noch nicht gut. "Wir sind in einer sehr schwierigen Situation", weiß der Routinier. 20 Minuten Warm Up bleiben Rossi noch, um die Lösung zu finden. Es wäre nicht das erste Mal, dass ihm das gelingt. Zu den ganz heißen Sieganwärtern zählt Rossi, auch aufgrund seiner bestenfalls mittelmäßigen Pace im vierten Training, aber nicht.

Für Valentino Rossi lief es noch nicht nach Wunsch, Foto: Yamaha
Für Valentino Rossi lief es noch nicht nach Wunsch, Foto: Yamaha

Maverick Vinales: Über alle vier Trainingssessions verteilt macht der Suzuki-Pilot vielleicht den allerstärksten Eindruck. Vinales holte sich sowohl auf dem alten als auch dem neuen Layout je eine Bestzeit, scheint von der geänderten Streckenführung also ziemlich unbeeinflusst zu bleiben. Er mag zwar nur von Startplatz ins Rennen gehen, doch ein Blick in die Zeitenliste verrät, dass Vinales gerade einmal 22 Tausendstel auf Dani Pedrosa und Startplatz drei in Reihe eins fehlen. Im FP4-Longrun zeigte Vinales nach Marquez ebenfalls die beste Pace von allen Piloten. Gelingt ihm am Sonntag in Barcelona ein besserer Start als vor zwei Wochen in Mugello, ist auch der Sieg für Vinales nicht ausgeschlossen.

MotoGP Barcelona 2016: Die Tipps der Redaktion

Andrea Blendl: Am Freitag hätte ich noch auf einen Zweikampf Lorenzo-Vinales getippt. Das neue Layout scheint aber den Hondas besser zu liegen, insofern denke ich, dass Marquez vor Pedrosa einlaufen wird. Platz drei könnte sich Lorenzo wohl holen, wenn er im Warm-Up noch etwas findet. Rossi sehe ich nicht in der Nähe des Podiums.

Andreas Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Pedrosa, 3. Lorenzo

Chris Lugert: Marc Marquez war im Qualifying der Schnellste, er war auch zuvor in FP4 nicht ansatzweise zu schlagen. Kurzum: auf dem neuen Layout ist er unbesiegbar. Daher gewinnt er das Rennen souverän. Dahinter reiht sich nach einem starken Rennen Valentino Rossi ein, der sich in der letzten Runde in der Schikane an Lorenzo vorbeibremst. Rossi und Lorenzo geht immer in Barcelona.

Chris' Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Rossi, 3. Lorenzo

Marquez ist der Favorit in der Motorsport-Magazin.com-Redaktion, Foto: Repsol
Marquez ist der Favorit in der Motorsport-Magazin.com-Redaktion, Foto: Repsol

Sophie Riga: Ich glaube, dass Marc Marquez an diesem Wochenende bei seinem Heim-GP siegen wird. Jorge Lorenzo ist natürlich keine Konkurrenz, die man verachtet, aber Marquez hat bereits nach dem Qualifying betont, dass er viel Risiko eingegangen ist. Das wird morgen sicher nicht anders sein und gegen einen Marquez Version 2014 ist bisher selten jemand angekommen. Deshalb gewinnt der Local Hero vor Lorenzo und Valentino Rossi, der sich sicher nach vorn arbeiten wird.

Sophies Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Lorenzo, 3. Rossi

Markus Zörweg: Marc Marquez ist am Sonntag in Barcelona nicht zu stoppen. Das neue Layout mit schnellen und flüssigen aber auch ganz engen Passagen ist dem Repsol-Honda-Piloten und seiner Maschine wie auf den Leib geschneidert. Seine Pace kann niemand mitgehen, auch nicht Jorge Lorenzo oder Maverick Vinales. Der Yamaha-Pilot und sein Nachfolger im nächsten Jahr duellieren sich dafür um den zweiten Rang, Lorenzo behält die Oberhand.

Markus' Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Lorenzo, 3. Vinales