Selten war die Bezeichnung "Crash-Festival" so verdient wie für den Grand Prix von Argentinien am Sonntag. Das halbe Feld der MotoGP verabschiedete sich bei schwierigen Bedingungen in den Kies, darunter prominente Fahrer wie Jorge Lorenzo oder Andrea Iannone. Eine Kombination aus unberechenbaren Michelin-Reifen, teils feuchtem, teils trockenem Asphalt und einem verpflichtenden Motorrad-Wechsel zu Rennmitte machte die 20 Runden in Termas de Rio Hondo für viele Fahrer zum Russischen Roulette.

"Es gab überall noch feuchte Stellen. Es war ein paar Mal ganz schön knapp bei mir", erklärte Stefan Bradl nach dem Rennen, der als einer von nur neun Fahrern die volle Renndistanz ohne Sturz absolvieren konnte. Selbst routinierte Fahrer wie Dani Pedrosa hatten ihre liebe Mühe bei diesen Bedingungen. "Auf der Outlap waren die Probleme am größten. Da wäre ich mit kalten Reifen zweimal fast weggerutscht", gestand der Katalane.

Motorsport-Magazin.com bringt ein wenig Licht in das Crash-Chaos und klärt aus, warum so viele Fahrer von der Strecke purzelten:

Das Ducati-Inferno: Iannone räumt Dovi ab

Der folgenschwerste Crash geschah aus reinem Übermut. Nur noch wenige Sekunden Fahrzeit lagen vor den beiden Ducati-Fahrern, die zur Freude ihrer Box beide voll auf Podest-Kurs lagen. In der letzten Kurvenkombination versuchte Andrea Iannone aber plötzlich, sich innen an seinem Teamkollegen Andrea Dovizioso vorbeizuschieben. Iannone verlor seine Ducati und nahm Dovizioso gleich mit ins Kiesbett, wo Ducati durch diese unüberlegte Attacke 33 WM-Punkte versenkte.

"So etwas ist inakzeptabel. In dieser Kurve hatte er keine Chance zu überholen. Ich weiß nicht was in seinem Kopf vorgeht", ätzte Dovizioso nach dem Rennen über seinen Teamkollegen. Immerhin konnte der Italiener seine Ducati über die Ziellinie schieben und als 13. und Letzter drei Zähler für die WM mitnehmen. Iannone bekam für sein Verhalten von den Stewards eine Strafe aufgebrummt und muss in Austin in der Startaufstellung drei Plätze zurück.

Die Opfer von Kurve 1

Schon während der verschiedenen Trainings-Sessions und dem Qualifying war die erste Kurve, ein mittelschneller Rechtsknick, eine der Schlüsselstellen. Vor allem die vielen nassen Stellen machten diese Passage im Rennen unberechenbar. Die Opferliste von Turn 1 am Sonntag umfasst prominente Namen: Jorge Lorenzo warf dort sein Rennen weg, Maverick Vinales stürzte auf Podestkurs. Yonny Hernandez und Alvaro Bautista kamen dort ebenso zu Sturz wie Cal Crutchlow und Aleix Espargaro, die dort in der zweiten Runden einen Synchron-Abflug hinlegten.

Crutchlow und Espargaro sowie Bautista konnten ihre Rennen wieder aufnehmen, für Hernandez, Lorenzo und Vinales hingegen war Endstation. Besonders bitter war der Crash für Vinales, der drei Runden vor Schluss als Dritter sein erstes MotoGP-Podium schon vor Augen hatte. "Leider bin ich auf einen feuchten Fleck gekommen, weil ich nur ein ganz kleines bisschen über die Ideallinie hinaus geraten bin. Dafür habe ich mit einem sehr hohen Preis bezahlt", ärgerte sich Vinales. Lorenzo hingegen gab sich reumütig: "Das war vollkommen meine Schuld."

Die Mehrfach-Crasher

Cal Crutchlow und Alvaro Bautista waren gleich in mehrere Zwischenfälle verwickelt. Beide stürzten in Kurve 1, nahmen das Rennen danach aber wieder auf. Bautista unterlief danach beim Boxenstopp ein Fehler, als er mit einem vom Sturz ramponierten Bike in der Boxengasse beim Bremsen die Aprilia verlor und einen seiner Mechaniker rammte. Der Mann überstand den Crash unverletzt und Bautista holte mit dem zweiten Bike Rang zehn.

Nicht ins Ziel schaffte es hingegen Crutchlow. Zwar überstand er seinen Boxenstopp ohne Probleme, doch in der letzten Runde kam er auf eine feuchte weiße Begrenzungslinie und segelte auf Platz elf liegend ab. "Natürlich bin ich enttäuscht", sagte der Brite nach seiner zweiten Nullnummer in dieser Saison.

Die restlichen Ausfälle

Michele Pirro segelte unmittelbar nach seinem Boxenstopp in Turn 2 ab, konnte das Rennen aber wieder aufnehmen und beendete es als Zwölfter. Jack Miller erwischte es schon in der dritten Kurve seiner vierten Runde, als er gerade die Ducati von Iannone verfolgte. "Ich habe die Front verloren", kommentierte der Australier trocken. Sein Rennen war mit dem Crash beendet und die Chance auf eine Sensation dahin.

Zwei Fahrer mussten ihre Rennen auch ohne Crash vorzeitig beenden. Bei Scott Redding streikte in Runde 16 die Technik seiner Ducati. Mit einem Defekt rollte der Brite aus, als er rund eine Sekunde vor Dani Pedrosa auf dem sechsten Rang lag. Loris Baz duellierte sich mit Eugene Laverty, als seine Ducati plötzlich unfahrbar wurde. "Nach dem Boxenstopp flog ich beinahe in jeder Kurve ab. Ich weiß nicht was los war, aber ich konnte so nicht fahren. Daher musste ich zum erst zweiten Mal in meiner Karriere ein Rennen freiwillig aufgeben", gab sich Baz niedergeschlagen.