Das gesamte MotoGP-Paddock stellte sich vor dem Saisonstart 2015 wieder auf eine herausragende Saison von Marc Marquez ein. Der Weltmeister der letzten beiden Jahre hatte im Vorjahr nach einem kurzen Durchhänger die letzten beiden Rennen in eindrucksvoller Manier gewonnen und präsentierte sich bei den Testfahrten im Winter in Bestform. Sepang I und II führte er an, in Losail wurde er knapp hinter Andrea Dovizioso Zweiter. Vier von acht Tagesbestzeiten bei den Testfahrten gingen an Marquez, kein anderer Pilot schaffte mehr als eine. Die Favoritenrolle war ganz klar vergeben, vor allem wenn man in Betracht zog, dass der Repsol-Honda-Pilot 2014 nach verpassten Wintertests aufgrund eines Beinbruchs die ersten zehn Rennen gewonnen hatte.

Patzer in Katar

Beim Saisonauftakt in Katar lief für Marquez dann zunächst auch alles nach Wunsch. Er führte die ersten Trainings an, qualifizierte sich als Dritter hinter Dovizioso und Teamkollege Dani Pedrosa in Startreihe eins. Doch in der ersten Rennkurve der Saison begann die Pannenserie des Überfliegers. Marquez kam am Start nicht gut weg, bremste in Folge für Kurve eins viel zu spät, musste seine Honda aufrichten um eine Kollision mit Bradley Smith zu vermeiden und kam so von der Strecke ab. Der Vorjahressieger fand sich plötzlich auf dem 25. und letzten Rang wieder. Zwar kämpfte sich Marquez wie schon öfter in seiner Karriere eindrucksvoll nach vorne, auf Rang fünf hinter den vier Werksmaschinen von Yamaha und Ducati war aber auch für ihn Endstation.

Marquez machte noch 19 Ränge gut, Foto: Repsol Honda
Marquez machte noch 19 Ränge gut, Foto: Repsol Honda

Kollision in Argentinien

14 Tage später in Austin gewann Marc Marquez wie schon in den vergangenen beiden Jahren in souveräner Manier, musste aber am Samstag im Qualifying einen Motorschaden hinnehmen. Damit kann er 2015 nur noch vier Triebwerke verwenden. Schon am nächsten Wochenende sollte die nächste Panne folgen.

In Termas de Rio Hondo holte er seine zweite Pole Position in Serie und dominierte das Geschehen im Rennen vom Start weg. Über fünf Sekunden betrug Marquez' Vorsprung auf das restliche Feld zwischenzeitlich. Dann aber baute der Vorjahressieger des Argentinien-Grand-Prix, der mit dem weicheren Hinterreifen ins Rennen gegangen war, konstant ab, während Valentino Rossi auf der härteren Mischung Runde für Runde zulegen konnte. Zwei Umläufe vor dem Ende kam es zum Showdown der beiden Superstars. Der in dieser Phase bereits deutlich schnellere Rossi ging an Marquez vorbei, doch der spanische Heißsporn wollte sich nicht mit 20 Punkten für Rang zwei abfinden und startete einen ebenso gewagten wie aussichtslosen Angriff auf Rossi. Es kam wie es kommen musste, die beiden Rivalen berührten sich, Marquez stürzte aus dem Rennen und Rossi gewann. Der Titelverteidiger hatte weitere 25 Zähler auf sein ehemaliges Vorbild und jetzigen Gegner verloren.

Im Zweikampf mit Rossi hatte Marquez das Nachsehen, Foto: motogp.com
Im Zweikampf mit Rossi hatte Marquez das Nachsehen, Foto: motogp.com

Fingerbruch im Training

Den nächsten Tiefschlag musste Marquez noch vor dem folgenden Europaauftakt der MotoGP in Spanien hinnehmen. Beim Dirt-Track-Training kam er gut eine Woche vor seinem Heimrennen zu Sturz, ein nachkommender Freund fuhr ihm versehentlich über die linke Hand und brach ihm so den kleinen Finger. Marquez ließ sich sofort von Dr. Mir in Barcelona operieren, der ihm eine Titanplatte einsetzte, so dass die Rehabilitation umgehend beginnen konnte. Marquez fuhr in Anbetracht der Umstände ein tapferes Wochenende, mehr als Platz zwei direkt vor Rossi und hinter Jorge Lorenzo war aber nicht drinnen und die Chance, endlich einmal ordentlich Punkte auf den WM-Leader mit der Nummer 46 gutzumachen, erneut dahin.

Unfahrbare Honda in Frankreich

Fest entschlossen, in Frankreich zurückzuschlagen, kam Marquez nach Le Mans. Die zweiwöchige Pause nach dem Spanien-Grand-Prix hatte sich auf die Heilung seines verletzten Fingers mehr als positiv ausgewirkt und er konnte wieder voll angreifen. Mit einer absoluten Fabelrunde stellte er seine Honda im Qualifying am Samstag zum dritten Mal 2015 auf Startplatz eins und brachte mehr als eine halbe Sekunde zwischen sich und die Konkurrenz. Im Rennen sollte es für Marquez aber einmal mehr nicht nach Wunsch laufen. Die im Vergleich zum restlichen Wochenende deutlich gestiegene Streckentemperatur von 32 Grad bereitete Honda gewaltige Probleme. Dani Pedrosa, Scott Redding und Cal Crutchlow stürzten, auch für Marquez war mit einer herausragenden Fahrt nur Rang vier nötig. So ließ er im Kampf um den Weltmeistertitel erneut sieben Zähler auf den zweitplatzierten Rossi liegen, der ihm nun schon um 33 Punkte enteilt ist.

In Le Mans musste Marquez gegen Iannone um Rang vier kämpfen, Foto: Repsol Honda
In Le Mans musste Marquez gegen Iannone um Rang vier kämpfen, Foto: Repsol Honda

Mit Mugello, Barcelona und Assen folgen nun drei Grands Prix, die von der Streckencharakteristik her ebenfalls eher der Yamaha M1 als der Honda RC213V entgegen kommen dürften. Die M1 ist traditionell auf schnellen, flüssigen Kurven überlegen. Auf den langen Geraden in Italien und Katalonien könnte auch die Ducati Desmosedici mit Andrea Dovizioso oder Andrea Iannone ihren ersten Sieg feiern. Marquez wird mit seiner aktuell ziemlich störrischen Honda alles geben müssen, um seine Gegner im Titelkampf nicht schon in der ersten Saisonhälfte enteilen zu lassen.