Nun also doch! Ducati entscheidet sich dafür, sein Werksteam unter Open-Reglement an den Start zu bringen. Was auf den ersten Blick wie ein Schwächebekenntnis aussehen mag, ist in Wahrheit eine große Chance. Nicht nur für Ducati, sondern für das gesamte Konzept der MotoGP.

Größere Tankfüllung hin, mehr Motoren und weichere Reifen her - die große Kernidee hinter der Open-Kategorie ist die Einheitselektronik (ECU). Diese soll auf kurz oder lang in der Königsklasse für alle verpflichtend werden, wie Dorna-Boss Carmelo Ezpeleta erst vor kurzem erneut klarstellte. Die Gegner dieses Konzepts waren bislang die drei Hersteller, vor allem Honda wehrte sich nach Kräften und drohte zuletzt wieder einmal mit Ausstieg. Yamaha sprach sich bislang ebenfalls dagegen aus, wohl um aus technischer Perspektive genug Abgrenzung gegenüber dem Erzrivalen Honda schaffen zu können.

Dass Ducati nun die Fronten wechselt und künftig im Ezpeleta-Lager spielt, verändert das Kräfteverhältnis zugunsten von Dorna und FIM. Suzuki wird 2015 auch mit der ECU starten, testet diese bereits intensiv und auch Aprilia (geplanter Einstieg 2016) wird wohl diese Karte spielen. Die Fabelzeiten von Aleix Espargaro auf seinem Open-Motorrad könnten selbst bei Yamaha zu einem Umdenken führen. Erhaltung der Factory-Privilegien in Form eigener Software um jeden Preis? Wohl nicht mehr die einzige Option. Zumal das Werksteam in den beiden Jahren ohne Rossi ohnehin Probleme bei der Suche nach externen Sponsoren hatte.

Ezpeleta hält an der ECU fest - und hat nun Ducati im Rücken, Foto: Milagro
Ezpeleta hält an der ECU fest - und hat nun Ducati im Rücken, Foto: Milagro

"Das Potenzial der Elektronik hat keine Grenzen, ebenso wenig die Ausgaben dafür", sagte Ezpeleta unlängst. Tatsächlich schossen die Ausgaben im Elektronik-Bereich in den letzten Jahren in ungeahnte Höhen und sind längst größter Preistreiber in den Budgets der Werksteams. Honda als weltgrößter Motorrad-Hersteller hatte damit die wenigsten Probleme, könnte mit dem Widerstand gegen die ECU aber bald komplett alleine dastehen. Und Ausstiegsdrohungen ziehen bei bald fünf Herstellern bei weitem nicht mehr so wie in den letzten Jahren mit nur drei engagierten Werken. Vor allem, da Ezpeleta auch in den kleinen Klassen nicht mehr um jeden Preis auf Honda angewiesen ist. In der Moto3 dominiert der österreichische Hersteller KTM, der auch Interesse an einem Engagement in der Moto2 artikuliert hat, wo noch bis 2015 ein Honda-Monopol festgeschrieben ist.

Doch zurück zur MotoGP: Deren Zukunft, so man sie finanziell absichern will, liegt in der kostengünstigen ECU. Vom Motor über das Getriebe bis hin zur Geometrie gibt es in der MotoGP genug Kriterien, in denen sich die Hersteller voneinander differenzieren können. Spart man sich die hohen Elektronik-Kosten, kann man eventuell weitere Hersteller anlocken. Dass dieses "Weniger ist mehr"-Konzept im technischen Bereich funktionieren kann, haben Dorna und FIM bereits durch ein neues Reglement - mit weniger Freiheiten für Hersteller - in der Superbike-WM bewiesen. Dort standen beim Saisonauftakt auf Phillip Island vergangene Woche satte acht unterschiedliche Fabrikate in der Startaufstellung, mit Bimota wird ein weiterer Hersteller im Laufe des Jahres dazu stoßen. Ducati könnte sich durch sein frühes Bekenntnis zur ECU einen wichtigen Knowhow-Vorsprung sichern. Denn spätestens 2017 will Ezpeleta die Einheitselektronik für alle einführen.