Der Sachsenring sah am Freitag in der MotoGP eine wahre Sturz-Orgie. Mit Jorge Lorenzo, Cal Crutchlow, Andrea Dovizioso, Michele Pirro, Nicky Hayden und Bryan Staring machte ein Viertel des Feldes in den beiden Sessions unliebsame Bekanntschaft mit Asphalt oder Schotter. Doch warum gab es so viele Stürze?

Für Andrea Dovizioso ist Kurve elf - die erste Rechtskurve nach neun Mal links - der große Schuldige: "Die Streckencharakteristik beschwört das geradezu herauf. Es geht bergab, sechster Gang, hohe Geschwindigkeit, wenn man dann die Front verliert, ist es beinahe unmöglich, sich zu retten", sagte der Italiener, der schon am Vormittag das Experimental-Bike zerstörte und auf die alte Desmosedici GP13 zurück wechseln musste.

Rookie Andrea Iannone, der bei seinem Abflug das gesamte Heck seiner Pramac-Ducati herausriss, pflichtete seinem Markenkollegen bei: "Es ist auf dieser Strecke nicht einfach mit den Reifen, da es einige Linkskurven gibt und dann eine schnelle Rechtskurve folgt, in der die rechte Seite der Reifen ziemlich abgekühlt ist." Und auch Bradley Smith stimmte in den Tenor mit ein: "Am Ende des Tages die die Stelle, wo sie alle stürzen, eine Fünfte-Gang-Kurve. Ich kenne die genaue Geschwindigkeit nicht, aber es sind sicherlich über 200 Stundenkilometer. Da willst du dich nicht hinlegen."

Das Layout ist den Piloten allerdings seit Jahren bekannt und hat sich nicht verändert. Warum also fabrizierte selbst ein weltmeisterlicher Fahrer wie Lorenzo in Turn elf einen Highsider? Altmeister Valentino Rossi weiß, was in dieser kritischen Passage gefragt ist: "In dieser Kurve muss man in jeder Runde mit dem richtigen Gefühl ankommen." Allerdings räumte der neunfache Champion ein: "Für mich ist sie sehr gefährlich. Es geht sehr steil bergab und der rechte Teil der Reifen ist kalt. Ich weiß nicht, wie man die Situation verbessern kann." Schließlich sei der Sachsenring eine Traditionsstrecke, die nicht nur viele Fans anlockt, sondern die auch vielen Fahrern gefällt.

Im Vorjahr wurden nach vielen Stürzen noch Bridgestone der Schwarze Peter zugeschoben. Mit derartiger Kritik hielten die Fahrer diesmal hinter dem Berg. So lobte etwa Smith: "Bridgestone hat einen fantastischen Job gemacht und sie haben die Performance des Hinterreifens in dieser Kurve stark verbessert." Er räumte aber ein: "Dass sie die Hinterreifen so verbessert haben, macht es für die Front schwieriger. Die Fahrer haben ein bisschen zu viel Vertrauen und pushen noch mehr. Der Hinterreifen verträgt es, der Vorderreifen nicht."

Bridgestone Entwicklungschef Shinji Aoki hat für Samstag und Sonntag nur einen Tipp für die Piloten: "Diese Stelle benötigt ganz präzises Anfahren." Schließlich sollen sich ja in der MotoGP auch die Besten der Besten messen. Und in Turn elf herrscht eben das Motto: Der Schwächste fliegt.