Zukunftsweisende Entscheidung für die Formel E: Porsche bekennt sich als dritter Hersteller zur Gen4-Ära ab der Saison 13 (2026/27) und bleibt bis mindestens 2030 in der Elektro-WM. Das gab der Stuttgarter Autobauer am Donnerstag vor der China-Rückkehr der Formel E am kommenden Wochenende (25./26. Mai 2024) bekannt. Die vierte technologische Generation der Formel E verspricht beeindruckende Performancedaten: 600 Kilowatt Leistung sowie bis zu 700 kW Bremsenergie-Rückgewinnung.
"Das war immer ein langfristiges Engagement", stellte Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach am Sonntag des Berlin ePrix vor rund zwei Wochen in einer Medienrunde klar, an der auch Motorsport-Magazin.com teilnahm. "Wenn wir in eine Serie einsteigen, ist es nicht so, dass wir rein und wieder raus gehen. Für uns war es immer klar, dass wir das langfristig machen, ein großer Teil dieser Meisterschaft sein und dabei helfen wollen, diese aufzubauen."
Porsche grundlegend für Formel E
Auch Formel-E-CEO Jeff Dodds sowie Mitgründer und Chief Championship Officer Alberto Longo zeigten sich zufrieden über die abgesicherte Porsche-Zukunft. "Sie sind grundlegend für uns. Wir sind eine Herausforderer-Marke, zehn Jahre alt in einem Markt, wo einige unserer Konkurrenten 75 oder sogar 100 Jahre alt sind", rief Dodds in Berlin ins Gedächtnis.
Zugleich lobte der Formel-E-Boss die technologischen Fortschritte der Rennserie. Das ab 2025 neue Gen3-Evo-Auto soll etwa schneller als die Formel 1 beschleunigen und zum ersten Mal über einen Allradantrieb verfügen. "Wir entwickeln sehr schnell. Was wir nicht sehr schnell entwickeln können, ist eine Lebensdauer voller Erbe und Vermächtnis, was jemand wie Porsche mit sich bringt", lobte Dodds die Bedeutung von Porsche für die Formel E. "Wenn jemand wie Porsche sich zu einer Meisterschaft wie unserer bekennt, sendet das eine Nachricht um die Welt, die lautet: 'Das ist ernsthafter Motorsport!'"
Alberto Longo stimmte in das Loblied mit ein: "Als ein Gründer der Formel E war es natürlich eine Ehre, Porsche all diese Jahre zu haben. Aber natürlich war es auch eine Herausforderung und große Verantwortung, so eine großartige Marke bei uns zu haben. Jetzt das Bekenntnis von Porsche den ganzen Weg bis 2030 zu haben, ist absolut fantastisch für die Formel E."
Porsche: Kein schneller Formel-E-Ausstieg wie Audi, BMW und Mercedes
Porsche ist der dritte Hersteller, der sich zur Gen4-Ära bekennt. Zuvor hatten bereits Nissan und Jaguar ihr fortlaufendes Engagement in der Formel E bekanntgegeben. Anders als noch in der Gen3-Ära ist das Porsche-Programm nun auch direkt bis zum Ende des viermaligen Reglementzyklus' 2030 angelegt. In der Gen3-Ära bekannten sich die Zuffenhausener zunächst für die ersten beiden Jahre bis Ende 2024, bevor das Engagement im Juli des vergangenen Jahres auch offiziell bis 2026 verlängert wurde.
Mit dem langfristigen Bekenntnis zur Formel E steht Porsche zudem in starkem Kontrast zu den anderen in der Vergangenheit in der Meisterschaft involvierten deutschen Herstellern. Sowohl Audi als auch BMW und Mercedes zogen nach dem werksseitigen Einstig in die Formel E nach wenigen Jahren den Stecker. Audi und BMW verließen die Rennserie 2021, Mercedes verabschiedete sich Ende 2022 nach zwei Fahrer- und Team-Titeln in Serie.
Porsche-Zukunft trotz kriselnder Zuschauerzahlen in Deutschland
Porsche entschied sich gegen diesen Schritt - und das trotz kriselnder Zuschauerzahlen auf dem deutschen Heimatmarkt in Folge des vorzeitigen Ausstiegs von TV-Partner ProSiebenSat.1. "Zwei Länder sind momentan ein bisschen ein Problemgebiet. Das ist einmal das Vereinigte Königreich und Deutschland. Und da muss in Zukunft auch was passieren", hatte etwa Porsche-Teamchef Florian Modlinger im exklusiven Gespräch mit Motorsport-Magazin.com am Rande des Porsche-Tennis-GP in Stuttgart im April 2024 gefordert. Die weltweiten Zahlen, welche derzeit einen klaren Aufwärtstrend verzeichnen sollen, genügten dem Porsche-Vorstand jedoch wohl.
Zudem erhofft sich Porsche von dem fortlaufenden Engagement nicht nur Erfolge auf der Strecke, sondern auch eine hohe Serienrelevanz. Als Aushängeschild galt zuletzt etwa der neue Porsche Taycan Turbo GT, der nach Formel-E-Vorbild über einen Attack Mode verfügt, bei dem kurzzeitig bis zu 120 kW Zusatzleistung aktiviert werden können. Das Auto kommt seit dem diesjährigen Berlin ePrix auch als neues Formel-E-Safety-Car zum Einsatz.
"Wenn es keinen Vorteil dadurch gäbe, würden wir es nicht machen. Das ist sehr klar und es muss einen Vorteil auf technischer Seite haben", stellte Laudenbach in Berlin klar. "Und das obwohl wir in der Formel E Restriktionen haben, was gut ist, weil wir auch die finanzielle Nachhaltigkeit balancieren müssen, was sehr wichtig ist, weil es bezahlbar sein muss." Dabei sei es der Formel E jedoch gelungen, die wichtigen Bereiche für die Entwicklung zu öffnen, so Laudenbach.
Porsche mit bewegter Formel-E-Historie
Aus sportlicher Sicht konnte Porsche seit dem Formel-E-Einstieg 2019 bereits zahlreiche Erfolge feiern. Bereits beim Debütrennen in Saudi-Arabien konnte durch Andre Lotterer der erste Podestplatz erzielt werden. In der zweiten Saison 2021 folgte auf der Strecke der erste Sieg durch Neuzugang Pascal Wehrlein, der jedoch aufgrund eines Formfehlers bei der Registrierung der Reifen aberkannt wurde.
Der erste Sieg für die Ewigkeit musste bis 2022 in Mexiko-City auf sich warten lassen. Dabei führte Wehrlein gar einen Doppelsieg vor Lotterer an. Die dadurch kurz aufflammenden Titelhoffnungen mussten im letzten Jahr der Gen2-Boliden jedoch früh beerdigt werden. Schlussendlich beendete Porsche auch die dritte Formel-E-Saison außerhalb der Top-5 der Team-Wertung.
Das änderte sich jedoch mit dem Beginn der Gen3-Ära 2023. Gemeinsam mit dem neuen Kundenteam Andretti konnten Fahrzeuge mit Porsche-Antrieb 6 von 16 Saisonrennen gewinnen, während sich Andretti-Pilot Jake Dennis zum Fahrerweltmeister kürte. Auch 2024 kann Porsche bislang auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken: Vier der zehn Saisonrennen entschied ein Auto mit Porsche-Power für sich.
Laudenbach: Gerichtsverfahren mit FIA ohne Einfluss auf Zukunftsentscheidung
In der Fahrer-WM liegt Wehrlein als bestplatzierter Porsche-Pilot mit 124 Punkten auf Rang zwei, während Werks-Teamkollege Antonio Felix da Costa den achten Rang bekleidet. Auch in der Team-Wertung befindet sich das Porsche-Werksteam auf Platz zwei mit 54 Punkten Rückstand auf das Jaguar-Werksteam im Titelkampf. Kundenteam Andretti belegt in dieser Wertung Platz fünf.
Auch in dieser Saison geriet Porsche jedoch wie schon beim Debütsieg auf der Strecke 2021 mit der FIA aneinander. Werksfahrer Felix da Costa wurde sein Sieg Mitte April in Misano aufgrund einer Strompedalfeder aberkannt, die sich nicht mehr auf der Teileliste von Einheitsbauteilhersteller Spark Racing Technology befand. Damit hätte diese Feder nicht im Auto von Felix da Costa verbaut werden dürfen.
Porsche geht derzeit mit einer Berufung gegen die Entscheidung vor, der Fall wird am 07. Juni 2024 vor dem Internationalen Berufungsgericht im Pariser Hauptquartier der FIA verhandelt. Einen Einfluss auf die Porsche-Zukunft habe dieser Konflikt Laudenbach zufolge jedoch nicht gehabt: "Absolut nicht. Manchmal hat man Probleme, die man miteinander klarstellen möchte, aber das hat nichts mit unserem langfristigen Engagement und Bekenntnis zu der Serie zu tun."
Formel-1-Einstieg trotz Formel-E-Bekenntnis nicht vom Tisch?
Ebenso unabhängig von der Formel-E-Zukunft Porsches soll auch das immer wieder medial präsente Thema eines Formel-1-Einstiegs sein. "Das hat nichts miteinander zu tun", stellte Laudenbach klar. Porsche galt zusammen mit VW-Schwesterkonzern Audi lange als Top-Anwärter auf eine Zukunft in der Rennserie, bevor eine mögliche Partnerschaft mit Red Bull überraschend doch ins Wasser fiel. Zuletzt wurde es ruhig um die Thematik.
Neben den bereits für die Gen4-Ära bestätigten Herstellern Porsche, Nissan und Jaguar engagieren sich mit DS Automobiles, Mahindra und ERT, ehemals NIO, drei weitere Hersteller in der Formel E. 2025 stößt mit Lola-Yamaha eine weitere Marke hinzu, die mit dem aktuellen Mahindra-Kundenteam Abt Sportsline zusammenspannen wird. Auch die anderen Hersteller müssen in den nächsten Monaten eine Entscheidung über ihre Zukunft in der Formel E treffen. Für die Einschreibung zur Gen4-Ära bleibt bis Ende des Jahres Zeit.
Sportlich stehen vor der Gen4-Ära jedoch die ab 2025 neuen Gen3-Evo-Autos im Fokus, welche in den Saisons 11 und 12 zum Einsatz kommen werden. Alle Infos zur mittelfristigen Zukunft der Formel E lest Ihr in diesem Artikel:
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