Man erlebt es immer häufiger in der Welt des Motorsports: Bei Saisonfinals, wo es wirklich um die Wurst geht, wird nicht nur auf der Rennstrecke mit harten Bandagen gekämpft. So auch beim großen Finale der Formel E beim erstmaligen Besuch in Südkorea.

Was kaum jemand in der Öffentlichkeit mitbekam: Das Mercedes-Werksteam legte nach dem Samstagsrennen einen Protest gegen das Andretti-Auto von Jake Dennis ein. Der Brite hatte das vorletzte Rennen der Saison auf dem vierten Platz beendet - exakt eine Position vor Mercedes-Fahrer Stoffel Vandoorne, der beim Finale gegen Mitch Evans um den WM-Titel kämpft.

Im Falle einer Disqualifikation bzw. Strafe im Zuge eines möglicherweise erfolgreichen Protestes von Dennis wäre Vandoorne automatisch einen Platz nach vorne gerückt und hätte zwölf WM-Punkte kassiert. Für seinen fünften Platz erhielt der Belgier zehn Zähler. Vor dem letzten Rennen der Saison heute (09:00 Uhr deutscher Zeit bei ProSieben) führt Vandoorne die Tabelle mit 21 Punkten an. Sein letzter verbliebener Titelrivale Evans muss zwingend siegen, während Vandoorne mit einem Platz in den Top-7 aus eigener Kraft den Titel holt.

Tatsächlich zog Mercedes nach dem eingeleiteten Protest selbigen noch am Abend zurück. "Das Team hat den Protest zurückgezogen", bestätigte Mercedes-Teamchef Ian James in Seoul gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Nachdem wir weitere Informationen hatten, wurde beschlossen, den Protest zurückzuziehen."

Derartige Fälle gibt es häufiger im Motorsport. Pikant ist allerdings, wogegen genau Mercedes einen Protest eingelegt hat. Da halten sich alle Parteien nämlich auffällig zurück. Das Protestschreiben selbst ist öffentlich zudem nicht einsehbar. Das führt zwangsläufig zur Frage: Hatte Mercedes an Dennis' Andretti wirklich etwas Relevantes entdeckt, oder handelte es sich nur um einen Versuch, Vandoorne weitere WM-Punkte zuzuschustern?

Das lässt sich abschließend nicht verifizieren und letztendlich ist nichts passiert. Hört man sich in Seoul aber an unterschiedlichen Stellen im Fahrerlager um, kann man schnell zu dem Schluss kommen, dass Mercedes in diesem Fall einen Protest wegen einer "Nichtigkeit" (O-Ton einer Person, die namentlich nicht genannt werden möchte) eingelegt hat.

Möglicherweise ist den Mercedes-Verantwortlichen im Verlauf des eingeleiteten Verfahrens ein Licht aufgegangen, dass man sich einen derartigen Protest auch hätte sparen können... Nach unbestätigten Informationen von Motorsport-Magazin.com soll sich der Einspruch gegen eine Unstimmigkeit an einem Bremssattel gerichtet haben. Das Schreiben der FIA zum zurückgezogenen Protest ohne weitere Folgen wurde am Samstagabend um 19:58 Uhr veröffentlicht - rund drei Stunden nach dem Rennende.