Stoffel Vandoorne ist Formel-E-Weltmeister 2022 - aber ausgerechnet Mercedes-Teamkollege Nyck de Vries ist der lange erhoffte Aufstieg in die Formel 1 gelungen. Der Niederländer hat beim Italien GP seine Chance genutzt, im unterlegenen Williams auf Anhieb gepunktet und wenig später einen Cockpit-Deal bei AlphaTauri gelandet.

Vandoorne hingegen heuert nach dem seit August 2021 feststehenden Formel-E-Ausstieg von Mercedes bei der neuen Team-Kollaboration DS-Penske - ehemals DS-Techeetah und Dragon/Penske - an. Vandoorne selbst, der 2017 und 2018 bei McLaren in der Formel 1 keine einfache Zeit erlebte, wäre einer Rückkehr in die F1 ebenfalls nicht abgeneigt - sofern die Rahmenbedingungen aus seiner Sicht passen.

Vandoorne: F1-Comeback? "Sag niemals 'nie'"

"Es ist die F1, also sag niemals 'nie'", erklärte der 30-jährige Belgier. "Ich werde zwar auch nicht jünger, aber schaut euch Fernando (Alonso) an, bei dem läuft es auch mit 41 Jahren. Ich habe also noch Zeit." Alonso und Vandoorne starteten 2017 und 2018 gemeinsam für das damals enorm strauchelnde McLaren-Honda, wobei der Spanier im Teamduell die Oberhand behielt. 2023 wechselt der zweifache Formel-1-Weltmeister zu Aston Martin als Nachfolger von Sebastian Vettel.

Vandoorne über sein F1-Interesse: "Wenn sich eine Gelegenheit unter guten Bedingungen bietet, wäre ich interessiert. Man muss aber auch realistisch sein: Ich hatte meine Chance, wenngleich während diesen beiden Jahren nicht die besten Bedingungen herrschten. Es wäre schön, noch einmal eine Chance unter besseren Umständen zu bekommen. Aber das liegt nicht in meiner Macht, sondern an der F1-Umgebung, das zu entscheiden. Ich kann nur weiter auf der Strecke performen."

Kurios: Wie jetzt de Vries, empfahl sich auch Vandoorne einst mit einem unerwarteten Formel-1-Einsatz für höhere Aufgaben. Als 2016 in Bahrain der eigentliche Stammfahrer Alonso wegen einer Verletzung in Folge seines Australien-Unfalls kurzfristig ausfiel, kletterte Ersatzmann Vandoorne in den McLaren und punktete auf Anhieb als Zehnter. Teamkollege Jenson Button fiel vorzeitig aus.

Formel E: Stoffel Vandoorne und Nyck de Vries im Vergleich

StatistikStoffel VandoorneNyck de Vries
Rennen55 seit 201842 seit 2019
Siege34
Podien158
Platzierung im Schnitt9,611,1
Pole Positions72
Schnellste Rennrunde32
Punkte417265
WM-Titel1 (2022)1 (2021)

Vandoorne: Nyck verdient diese Gelegenheit

Über seinen ehemaligen Teamkollegen de Vries, der am Wochenende in Mexiko ein letztes Mal für ein Freies Training den Mercedes-Silberpfeil steuert, sagte Vandoorne: "Für Nyck ist alles in die richtige Richtung gelaufen und er verdient diese Gelegenheit auf jeden Fall. Ich glaube aber nicht, dass er der Einzige ist, der das verdient hätte. In der Formel E gibt es viele sehr gute Fahrer, die nie die Chance hatten, Formel 1 zu fahren. Aber so läuft es nun mal in der F1: Manchmal bekommst du die Gelegenheit, ein anderes Mal nicht."

Neben Vandoorne gingen in der abgelaufenen, achten Saison der Formel E mit Jean-Eric Vergne (DS-Techeetah), Lucas di Grassi (Venturi), Pascal Wehrlein, Andre Lotterer (beide Porsche), Sebastien Buemi (Nissan) und Antonio Giovinazzi (Dragon/Penske) sechs weitere ehemalige Formel-1-Fahrer an den Start. Dazu mehr- oder langjährige F1-Testfahrer wie Jake Dennis (Andretti), Robin Frijns (Envision), Sam Bird (Jaguar), Oliver Turvey (NIO) oder Sergio Sette Camara (Dragon/Penske).

Foto: LAT Images
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Der frühere McLaren-Junior de Vries galt in der Vergangenheit mehrfach als aussichtsreicher Kandidat für ein Cockpit in der Königsklasse des Formelsports. Etwa nach dem Gewinn der FIA Formel 2 in der Saison 2019 (Vandoorne dominierte die Vorgängerserie GP2 2015). oder auch nach dem Triumph in der Formel-E-Weltmeisterschaft 2020. Mehr als eine Testfahrt im Mercedes zum Ende jenes Jahres auf dem Yas Marina Circuit in Abu Dhabi sprang allerdings nicht heraus...

De Vries: Formel-1-Deal nach schwieriger Saison

Die AlphaTauri-Verpflichtung darf sicherlich als Überraschung bezeichnet werden, nachdem de Vries ein schwieriges drittes Jahr in der Formel E erlebte. Während Vandoorne in acht von 16 Saisonrennen auf das Podium fuhr und - eine Meisterleistung in der unsteten Elektro-Rennserie - 15 Mal in die Punkteränge fuhr, sah der Niederländer nur elf Mal die Zielflagge.

Mit zwei Siegen und 107 Punkten Rückstand auf Vandoorne beendete de Vries die Saison als Neunter. Mehrfach stand er bei Kollisionen im Fokus und machte sich damit nicht nur Freunde im Fahrerlager. Dass de Vries beim Rennen in London eine klare Platztausch-Anweisung von Mercedes-Teamchef Ian James missachtete, kam ebenfalls nicht allzu gut an bei den Silberpfeilen. Beim Gewinn von zwei Fahrer- und Team-Weltmeisterschaften in aufeinanderfolgenden Jahren hielt sich der Ärger jedoch in Grenzen.

Foto: LAT Images
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Vandoorne greift nun mit DS-Penske und dem zweifachen Formel-E-Meister Jean-Eric Vergne als neuem Teamkollegen nach der Titelverteidigung. Dass der in der Öffentlichkeit oftmals emotionslos wirkende Belgier seinen Spaß an der Elektro-Serie hat, glaubt man ihm gerne: "Du kannst als Fahrer den Unterschied ausmachen. Wenn du hier weißt, dass du deine Arbeit richtig gemacht hast, kämpfst du um die Spitze. In der Formel 1 kannst du das Rennen deines Lebens fahren, wirst vielleicht aber nur 13. oder 14. In der Formel E herrscht eine andere Mentalität und Denkweise."