War das die Vorentscheidung im Showdown um die Formel-E-Weltmeisterschaft 2022? Im Sonntags-Qualifying zum Seoul ePrix erlebte Titelanwärter Mitch Evans ein Debakel, während WM-Spitzenreiter Stoffel Vandoorne einmal mehr ablieferte. Der Mercedes-Pilot nimmt das letzte Rennen der Saison vom vierten Startplatz auf, während sich Evans von Platz 13 durchs komplette Feld nach vorne durchboxen muss. Die Pole Position sicherte sich Antonio Felix da Costa vor Edoardo Mortara.

Vor dem großen Finale auf dem Olympia-Gelände in der südkoreanischen Hauptstadt ist die Ausgangslage glasklar: Bei einem Vorsprung von 21 Punkten muss Evans zwingend das Rennen (heute um 09:00 Uhr deutscher Zeit bei ProSieben) gewinnen, um seine minimale Titelchance zu wahren. Vandoorne reicht ein Platz in den Top-7 des Klassements, um die Meisterschaft aus eigener Kraft zu gewinnen und Mercedes den zweiten Fahrer-Titel in Folge zu bescheren.

Dass Überholmanöver auf dem 2,6 Kilometer langen Kurs, auf dem die Formel E erstmals gastiert, ein Kunststück sind, zeigte bereits das Samstagsrennen. Eine Besonderheit in Seoul: Aufgrund der Platzierung der Attack-Mode-Zone im Olympia-Stadion von 1988 sind Platzgewinne mithilfe des 250-kW-Zusatzboost kaum möglich, weil die Piloten bei der Fahrt über die Aktivierungszone abseits der Ideallinie kaum Zeit verlieren.

Vandoorne zog größtenteils souverän durch das Qualifying: In der Gruppe A belegte der Belgier den zweiten Platz und zog damit in die K.o.-Phase ein. Im Viertelfinale war Jean-Eric Vergne dran. Erst im Halbfinale war für Vandoorne vorzeitig Feierabend, im Duell der Mercedes-Antriebsstränge gegen Venturi-Fahrer Mortara zog Vandoorne den Kürzeren.

Ganz anders und deutlich bitterer lief es bei Titelrivale Evans: Der Neuseeländer scheiterte bereits in der Gruppenphase und verpasste damit den Sprung in die nächste Runde des Qualifyings. Evans musste sich in der Gruppe B mit dem siebten Platz begnügen, was automatisch mit einem Platz in der siebten Reihe der Startaufstellung verbunden ist. Evans fehlte diesmal die Performance und ein leichter 'Mauerkuss' auf dem letzten Run half sicherlich auch nicht.

Angesichts des letzten Saisonrennens - und dem letzten Lauf der Gen2-Ära - spielen die weiteren Startpositionen heute eine untergeordnete Rolle. Der Vollständigkeit halber die Top-10 der Startaufstellung: 1. Antonio Felix da Costa, 2. Edoardo Mortara, 3. Jake Dennis, 4. Stoffel Vandoorne, 5. Robin Frijns, 6. Lucas di Grassi, 7. Dan Ticktum, 8. Jean-Eric Vergne, 9. Maximilian Günther, 10. Sergio Sette Camara.

Der amtierende Weltmeister Nyck de Vries musste sich mit dem zwölften Startplatz begnügen - ausgerechnet direkt vor Evans' Nase. Für die Porsche-Piloten Pascal Wehrlein und Andre Lotterer lief mit den Plätzen 15 und 17 ebenfalls kaum etwas zusammen.

Formel E in Seoul: So lief das Qualifying am Sonntag

Gruppe A: Vandoorne, Mortara, Di Grassi, Frijns, de Vries, Cassidy, Rowland, Sims, Turvey, Sette Camara, Nato

Mercedes-Power in der ersten Qualifying-Gruppe: Edoardo Mortara im Kunden-Venturi, Stoffel Vandoorne und Mortaras Teamkollege Lucas di Grassi belegten drei Plätze in den Top-4 der Zeitenliste. Nur Nyck de Vries aus dem Mercedes-Quartett verpasste den Sprung in die K.o.-Phase. Stattdessen sicherte sich Robin Frijns als Dritter einen Platz im Viertelfinale. Mortara erzielte die Bestzeit in 1:21.770 Minuten - 0,041 Sekunden schneller als Vandoorne.

Gruppe B: Evans, Vergne, Felix da Costa, Dennis, Wehrlein, Lotterer, Buemi, Askew, Günther, Ticktum, Fenestraz

Debakel für Titelanwärter Mitch Evans! Der Jaguar-Pilot kam in der zweiten Qualifying-Gruppe nach einem 'Mauerkuss' nicht über den siebten Platz hinaus und verpasste damit den automatischen Sprung in die Top-8 der Startaufstellung. Evans muss jetzt aus der siebten Startreihe angreifen. Deutlich schneller als der Neuseeländer war Jake Dennis, der in 1:21.673 Minuten die Gruppen-Bestzeit erzielte. Neben dem Andretti-Piloten zogen auch Antonio Felix da Costa, Techeetah-Teamkollege Jean-Eric Vergne sowie erstmals Dan Ticktum (NIO) in die K.o.-Phase ein.

Maximilian Günther landete auf dem fünften Platz, 0,024 Sekunden fehlten für den Sprung in die Top-4. Nichts zu holen gab es unterdessen für das Porsche-Duo: Pascal Wehrlein kam nicht über den achten Platz hinter Evans hinaus, Teamkollege Andre Lotterer wurde nur Neunter.

Formel E in Seoul: So lief die K.o.-Phase

Das Viertelfinale

Im ersten Duell des Viertelfinales setzte sich Edoardo Mortara gegen Überraschungs-Mann Dan Ticktum durch. Der Venturi-Pilot ließ nichts anbrennen und hatte bei einer persönlichen Bestzeit von 1:21.229 Minuten einen deutlichen Vorsprung von knapp vier Zehntelsekunden auf den jungen Briten.

Im zweiten Viertelfinale hatte Jean-Eric Vergne nach einem Fahrfehler im ersten Sektor keine Chance gegen Streckengegner Stoffel Vandoorne. Der Mercedes-Pilot leistete sich keinen einzigen Patzer und zog mit einer 1:21.260 - sechs Zehntel schneller als der Techeetah-Pilot - ins Halbfinale ein.

Bombenrunde von Antonio Felix da Costa im dritten Duell: In nur 1:20.920 Minuten umrundete der Techeetah-Pilot den Kurs. Gegner Robin Frijns präsentierte sich mit einer 1:21.194 ebenfalls stark, doch gegen den Portugiesen war diesmal kein Kraut gewachsen.

Noch enger war es im letzten Duell des Viertelfinales zwischen Jake Dennis und Lucas di Grassi. Der Andretti-Fahrer benötigte 1:21.035 Minuten für seine schnelle Runde, während sich 1.000-Punkte-Mann di Grassi mit einer persönlichen Bestzeit von 1:21.205 Minuten knapp geschlagen geben musste.

Das Halbfinale

Im ersten Duell des Halbfinales kam es zum Duell der Mercedes-Antriebsstränge: Stoffel Vandoorne im Werks-Silberpfeil gegen Edoardo Mortara im Kunden-Venturi! Am Ende setzte sich der Kunde durch - Mortara knackte die 1:21er-Marke und erzielte eine persönliche Bestzeit von 1:20.913 Minuten. Vandoorne war auf seiner Runde nur knapp langsamer und kam auf eine 1:21.069.

Im zweiten Halbfinale gelang es Antonio Felix da Costa ebenfalls, die 1:21er-Grenze zu unterbieten: 1:20.925 Minuten und damit um wenige Hundertstelsekunden schneller als Gegner Jake Dennis (1:21.050 Minuten).

Das Finale

Antonio Felix da Costa erzielte im Finale seine neunte Pole Position in der Formel E! Der Techeetah-Pilot umrundete den Kurs beim Showdown in 1:21.078 Minuten. Keine Bombenzeit, doch es reichte, um die Oberhand gegen Edoardo Mortara (1:21.342 Minuten) zu behalten.