Der Fanboost ist ein einzigartiges Merkmal der Formel E in der Welt des Motorsports - und damit kommt offenbar nicht jeder auf Anhieb zurecht. Beim Saisonauftakt in Saudi-Arabien erwischte es den früheren Formel-1-Fahrer Felipe Massa bei seinem ersten Rennen in der Elektro-Rennserie. Der Venturi-Neuzugang nutzte den Fanboost zu früh im Rennen und bekam dafür eine 5-Sekunden-Zeitstrafe aufgebrummt.

Beim vergangenen Rennen in Mexiko-City war dann Stoffel Vandoorne der Fanboost-Verlierer. Dem ehemaligen McLaren-Piloten blühte die gleiche Strafe wie Massa, nachdem er seinen Zusatz-Boost in der 13. Rennrunde auf Anweisung seines Teams HWA gezündet hatte.

Aber: Im Fall Vandoorne ist die Angelegenheit längst nicht so eindeutig wie bei Massa. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com dürfte die 5-Sekunden-Strafe des Belgiers sogar zu einer baldigen Anpassung des Sportlichen Reglements der Formel E führen.

Erlaubt ist der Einsatz des Fanboost laut Reglement nach der 22. Rennminute, also etwa zur Hälfte der vollen Renndistanz von 45 Minuten plus einer Runde. In Mexiko-City herrschten besondere Bedingungen. Nach dem heftigen Unfall von Nelson Piquet in der dritten Runde unterbrachen die Stewards das Rennen für rund 25 Minuten.

Während der Rotphase lief die verbleibende Rennzeit allerdings weiter runter. Die durch die Unterbrechung 'verlorenen' Minuten wurden nach der Wiederaufnahme des Rennens hinzuaddiert. Nach einer Runde hinter dem Safety Car wurde das Rennen mit einer Restdauer 37 Minuten plus einer Runde durch die Rennleitung erneut freigegeben.

Formel E 2019, Mexiko: Alle Unfälle, Crashes und Dreher (04:17 Min.)

Vandoorne nutzte seinen Fanboost acht Runden nach der Wiederaufnahme des Rennens im 13. Umlauf - und damit nach Ansicht der Stewards vor der 22. Rennminute, wofür er wenig später eine 5-Sekunden-Zeitstrafe kassierte.

HWA-Teamchef Uli Fritz zu Motorsport-Magazin.com: "Aus unserer Sicht ist das Reglement eindeutig beschrieben: Man darf nach 22 Minuten den Fanboost einsetzen. Während der roten Flaggen lief die Zeit weiter. Dementsprechend sind wir uns sicher, dass wir den Fanboost-Call zum richtigen Zeitpunkt gewählt haben. Die Regelhüter waren aber anderer Meinung. Die meinten, dass während der roten Flagge die Zeit nicht zählt. Das stimmt aus unserer Sicht aber nicht, weil die Zeit ja runtergezählt wurde."

Die Zeiten aus den Ergebnislisten geben dem HWA-Teamchef und -Vorstand Recht: Vandoornes 13. Runde wurde nach 40:13 Minuten notiert - und damit tatsächlich deutlich nach der 22. Rennminute. Hinzukommt, dass die Renndistanz im offiziellen Ergebnis mit 71 Minuten plus einer Runde vermerkt wurde - und damit die Zeit während der Rotphase ins Rennen inkludiert wurde.

Ein sicherlich unglückliches Ereignis, bei dem Uli Fritz betonte, dass es sich nicht um einen Fehler der FIA handele: "Ich glaube, dass wir alles richtig gemacht haben. Aber am Schluss war das Reglement nicht ganz eindeutig."

Das Ausmaß der Strafe hielt sich für Vandoorne in Grenzen. Ohne die zusätzlichen 5 Sekunden wäre der Formel-E-Rookie in Mexiko auf dem 17. statt auf dem 18. Platz gelandet. Empfindlicher war stattdessen eine zweite Strafe, die er ebenfalls wegen seiner Fanboost-Nutzung kassierte: Weil er während der Aktivierung 150 statt der erlaubten 100 Kilojule nutzte, wurde er mit einer Durchfahrtsstrafe sowie einem Strafpunkt belegt.

Danach war das Rennen für Vandoorne, der schon zu Rennbeginn wegen eines Power-Shutdowns an seinem Auto viel Zeit verlor, quasi gelaufen. Zum vierten Mal in Folge verpasste er die Punkteränge. Genau wie Teamkollege Gary Paffett, womit HWA das einzige Team in der Formel E ohne einen Punktgewinn ist. Das fünfte Saisonrennen steigt am 10. März in Hongkong.