Was kann Vettel erreichen?
Die beiden Motorschäden in Valencia lösten eine regelrechte Motorenhysterie aus. Dabei steht fest: Vettel hat nur noch zwei frische Motoren bis zum Saisonende, das bedeutet allerdings nicht, dass alle anderen Motoren bereits vollständig verbraucht sind. Trotzdem sparte er im verregneten ersten Training Kilometer, wobei ihm die Verhältnisse entgegenkamen. Für den Samstag ändert sich allerdings nichts - trotz herbei geschriebener Motorenkrise: "Das Ziel ist es, anzugreifen und das Auto ganz nach vorne zu stellen." Die Pole Position soll her.
Einfach wird das nicht. "Die Autos lagen heute enger zusammen als vermutet." Zwischen Platz 1 und Platz 18 lag nur eine Sekunde. Am hinteren Ende der Zeitenliste fanden sich Jenson Button und Rubens Barrichello ein. "Die Brawn sind ziemlich weit hinten, aber morgen werden sie stark sein", glaubt Vettel. "Wir haben zum Ende der 2. Session etwas ausprobiert, vielleicht sind wir auf einer Runde deshalb so weit vor ihnen." Sprich: Vettel und Red Bull nahmen etwas Sprit aus dem Tank.
Hat Brawn die Probleme wirklich überwunden?
In Valencia war Brawn GP wieder ganz vorne, doch vor dem Freitagstraining in Spa-Francorchamps herrschte leichte Verunsicherung: Würden die Verbesserungen und Erkenntnisfortschritte auch auf einer schnellen Strecke und bei kühlen Temperaturen wirken? Ross Brawn sagt ja: "Wir haben keine Temperaturprobleme mit den Reifen." Die Zeitenliste bestätigt das noch nicht. Trotzdem meint der Teamboss: "Es ist gut zu sehen, dass unsere harte Arbeit auf diesem Gebiet sich ausgezahlt hat."
Bestätigt wird die Aussage von Jenson Button, der meistens noch mehr Temperaturprobleme mit seinen Reifen hatte als Rubens Barrichello. "Wir haben hier definitiv kein Problem mit den Reifentemperaturen", betonte Button. "Wir sind sogar ziemlich warm. Es ist ein recht rauer Asphalt, also haben wir keine Probleme."
Warum ist Brawn trotzdem so langsam?
Egal, ob die Reifen auf Temperatur kamen oder nicht, Brawn war am Freitag noch nicht schnell genug - und gibt das zu. "Offensichtlich sind wir im Moment nicht so schnell, wie wir es gerne wären", sagt Button, der noch Verbesserungspotenzial bei der Balance sieht. Das Potenzial sei aber vorhanden. "Ich denke aber - ich hoffe -, dass es Dinge sind, die wir morgen lösen können."
Brawn habe sich vor allem auf das Rennen und die Long-Run-Pace konzentriert, die durchaus ansprechend gewesen sein soll. "Wir müssen aber noch an unserer Qualifying-Pace arbeiten, denn im Vergleich mit den schnellen Autos, sind wir über eine Runde nicht schnell", so Button. Das steht im 3. Training am Samstagmorgen auf dem Programm. Barrichello betont derweil, dass man anhand der Freitagszeiten noch nicht alles ablesen könne. "Das Auto fühlt sich nicht so konkurrenzfähig an wie in Valencia am letzten Wochenende. Trotzdem werden wir in einer Position sein, um im Qualifying hart zu kämpfen."
Bedeutet die Hamilton-Bestzeit, dass McLaren überall schnell ist?
"Es sieht viel besser aus", sagt Lewis Hamilton. Beim letzten Highspeed-Rennen in Silverstone war McLaren unterlegen. In Spa konnte man zumindest am Freitag vorne mithalten und sogar die Pace vorgeben. Teamkollege Heikki Kovalainen bremst jedoch die Euphorie etwas: "Langsame Kurven liegen uns noch immer besser", sagt der Finne. "Wir verlieren noch immer Zeit in den schnellen Ecken."
Das bestätigt Hamilton: "Uns mangelt es im Vergleich zu anderen Teams immer noch an Abtrieb, deshalb sind wir nicht so schnell wie wir es gerne wären - speziell im zweiten Sektor. Aber wir haben KERS und das können wir zu unserem Vorteil im ersten und dritten Sektor nutzen."
Kovalainen verweist zudem auf die Verbesserungen der letzten Wochen, die sich auch in Belgien bezahlt machen. "Wir haben uns seit Silverstone verbessert. Dort hatten wir Probleme, mittlerweile haben wir Fortschritte in schnellen Kurven gemacht." Diese Fortschritte sollen ein ähnlich gutes Ergebnis wie in Valencia ermöglichen. "Wir können um die vorderen Plätze mitfahren und hoffentlich am Sonntag um den Sieg kämpfen", kündigt Kovalainen an.
Welche Chancen hat Ferrari?
Bei den letzten beiden Rennen stand Kimi Räikkönen jeweils auf dem Podium. Sein Ziel ist es, das in Spa zu wiederholen. Nach dem Freitag ist er sich allerdings noch nicht sicher, wie schnell Ferrari wirklich ist. "Es ist sehr schwer zu sagen, wo wir im Vergleich mit Red Bull, Brawn GP oder McLaren liegen. Ich weiß es nicht", sagte der Finne. "Von den Rundenzeiten heute lässt sich nicht sagen, was die anderen Teams gemacht haben. Das Feld liegt ganz eng beieinander."
Teamchef Stefano Domenicali ist optimistisch. "Kimi war sehr schnell und könnte dieses Wochenende eine wichtige Rolle spielen", glaubt er. Allerdings weiß auch er, wie eng es zugeht. "Mit zehn Liter mehr oder weniger Sprit an Bord könnte man die Zeitentabelle komplett umwerfen." Und dann besteht in Spa immer die Chance eines Wetterrouletts.
Hat sich Badoer verbessert?
Luca Badoer war der Prügelknabe des Europa GP in Valencia. Statt eines siebenfachen Weltmeisters erhielt die Weltpresse einen 38-jährigen Testfahrer, der dem Feld mit weitem Abstand hinterher fuhr. Daran änderte sich am Freitag in Spa nichts. Der Italiener war erneut das Schlusslicht der Zeitenliste. "Der Regen am Vormittag hat ihm nicht geholfen, obwohl er im Nassen konkurrenzfähiger war als im Trockenen", meinte Domenicali. "Im Vergleich zu Valencia hat er einen Schritt nach vorne gemacht. Ich erwarte von ihm, dass er sich während des Wochenendes weiter steigert." Potenzielle Ersatzkandidaten stehen bereits Schlange, wie selbst Ferrari auf seiner offiziellen Website feststellte und alle in einem Anflug von Humor namentlich aufzählte.
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