Ins Ziel kommen, Punkte sammeln, die Konstanz ist der Schlüssel zum Erfolg. Darin stimmten mit Felipe Massa und Lewis Hamilton am Donnerstag vor dem Großen Preis von Europa in Valencia gleich zwei der drei Titelkandidaten überein. "Auch wenn das schon seit dem ersten Rennen so ist", betonte Massa.

Aus seiner Sicht hat sich das auch nach dem Rennen nicht geändert. "Die Zuverlässigkeit ist Teil der Konstanz, denn wenn man nur ein einziges Problem hat, ist man nicht mehr konstant", erklärte Massa. Auch Hamilton hat weiterhin nur ein Ziel: "Zuverlässigkeit ist der Schlüssel, alle müssen ins Ziel kommen und punkten."

Fernando Alonso gehört in dieser Saison nicht zu den Titelkandidaten, dennoch kennt er die Situation sehr gut - und beurteilt sie anders als die Konstanzsucher an der WM-Spitze. Für ihn ist es sechs Rennen vor Saisonende nicht mehr die Zeit, um konstant in die Punkte zu fahren. "Es ist Zeit, Rennen zu gewinnen", sagte Alonso bereits am Donnerstag. "Ja, die Konstanz wird sehr wichtig für die Titelkandidaten, sie müssen alle Rennen beenden, immer auf dem Podium stehen, aber derjenige, der mehr Rennen gewinnt, hat am Ende die besten Chancen, die WM zu gewinnen."

Zeit für Felipe

Felipe Massa scheint sich Alonsos Worte zu Herzen genommen zu haben. In seinem 100. Grand Prix schaffte er den Hattrick: Pole Position, schnellste Rennrunde und den Sieg. "Ich bin froh, dass wir nach dem Desaster von Ungarn so zurückschlagen konnten", freute er sich, obwohl er in den Schlussrunden ob des Motorschadens seines Teamkollegen etwas zu zittern begann. Zu stark waren die Erinnerungen an seinen verlorenen Sieg drei Runden vor Rennende in Budapest.

Massa fuhr zu einem ungefährdeten Sieg., Foto: Sutton
Massa fuhr zu einem ungefährdeten Sieg., Foto: Sutton

"Uns allen ist ein großer Stein vom Herzen gefallen", sagte Michael Schumacher. "Felipe ist schon in Ungarn einzigartig gefahren, aber hier hat er diese Leistung mit einer Brillanz fortgeführt, die man nicht besser machen kann." Dennoch sei es noch ein langer Weg und für beide Ferrari-Fahrer alles offen.

Für die Experten scheint hingegen nach Valencia klar zu sein: die WM ist nur noch ein Zweikampf. "Ja, das denke ich schon", sagte uns Christian Klien. "Jetzt sind Massa und Hamilton die beiden Kandidaten", bestätigte Christian Danner. "Das ist innerhalb der Teams und aufgrund des Punktestandes klar definiert." Für Danner ist Massa jetzt die Nummer 1 bei Ferrari. "Das ist ihm überzeugend gelungen. Kompliment: es war ein fehlerfreies, klasse Rennen."

Auch Massas Entdecker und Förderer Peter Sauber lobte den Brasilianer. "Kimi ist sicher der Favorit", sagte uns Sauber. "Aber Felipe hat sich entwickelt." Das sei das Schöne an ihm. "Er wird nicht schneller, aber besser, reifer, lernt dazu." Das schlage sich in besseren Ergebnissen nieder, was wiederum sein Teamkollege zu spüren bekomme. "Vielleicht ist bei Kimi das Feuer nicht mehr da, das sonst automatisch gebrannt hat", glaubt auch Sauber an fehlende Motivation bei seiner anderen Entdeckung. "Das hat aber nichts mit Felipes fantastischer Leistung zu tun. Er hat Hamilton deklassiert."

Zeit für Lewis

Dieser Lewis Hamilton bestreitet zwar erst seine zweite Saison, erlebt aber trotzdem schon seinen zweiten Titelkampf - und führt die WM-Tabelle mit sechs Punkten Vorsprung an. In Valencia fuhr er Platz 2 clever nach Hause, ging kein Risiko mehr ein. Das zeichnet den gereiften Hamilton laut Martin Whitmarsh aus. Er wisse, worum es im WM-Kampf gehe.

An die Konkurrenz denken die Silbernen nicht. "Wir denken gar nicht darüber nach, was die Konkurrenz macht", betonte Ron Dennis. Das könne man ohnehin nicht beeinflussen. "Wir müssen unser Bestes geben." Egal, ob die Motoren bei Ferrari halten oder nicht. "Sie hatten in der Vergangenheit eine fantastische Zuverlässigkeit und wir dürfen nicht darauf zählen, dass sie weiter Probleme haben werden", betonte Whitmarsh. Die Konkurrenz unterschätzt man also nicht. "Massa ist ein Gegner und hat die Erwartungen vieler übertroffen", so Whitmarsh weiter. "Aber wir kennen Kimi gut, er wird in Spa stark zurückschlagen."

Zeit für Kimi

Kimi Räikkönen: Abgang oder Aufholjagd?, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen: Abgang oder Aufholjagd?, Foto: Sutton

Einfach wird das für den amtierenden Champion nicht. "Er muss den Anschluss halten", sagt Klien. "Aber das wird mit jedem Rennen schwieriger." Danner fordert deswegen: "Kimi muss einen Gang hoch schalten. Wenn er so weitermacht, frisst ihn die Formel 1 schnell auf."

Der Finne glaubt an seine Chancen. "Ich glaube nicht, dass ich trotz dieses schlechten Ergebnisses aus dem Titelrennen bin", sagte er überzeugt. Noch seien sechs Rennen zu fahren und somit 60 Punkte zu vergeben. "Wir haben gesehen, wie schnell sich die Situation ändern kann, auch wenn mir klar ist, dass es durch so schlechte Resultate nicht einfacher wird." Im letzten Jahr habe man die Probleme in den letzten Rennen lösen können, danach setzte Räikkönen zu einer unerwarteten Aufholjagd an und wurde der lachende Dritte im Titelkampf. "Jetzt werden wir in den nächsten Tests alles tun, um es noch mal zu schaffen."

Ein bisschen von dem alten Feuer, das Peter Sauber vermisst, scheint noch zu brennen. "Ich möchte immer gewinnen", sagte Räikkönen am Donnerstag. "Jedes Mal wenn ich hinter Hamilton lande, verliere ich mehr Punkte, also muss ich versuchen, vor ihm zu landen." Alex Wurz machte darüber eher Witze: "Vielleicht wird Kimi beim Nachtrennen in Singapur ganz groß angreifen." Ein ehemaliger Titelrivale des Finnen glaubt hingegen an ihn. Im letzten Jahr wurde Fernando Alonso von Räikkönen abgefangen, jetzt setzt er selbst auf den Finnen. "Ich habe von Anfang an gesagt, dass Kimi der Stärkste ist, das denke ich noch immer." Es wird also Zeit für Kimi. Zeit, Rennen zu gewinnen.