Herr Ghosn, was ist Ihre Meinung zum derzeitigen Status der Formel 1?
Carlos Ghosn: Ich glaube, dass die Formel 1 dank ihres gesunden Wettkampfcharakters immer stärker und beliebter wird. Vor vier oder fünf Jahren konnten Sie bei jedem Rennen bereits im Vorfeld sagen, wer auf der Pole Position stehen und wer gewinnen würde. Heute herrscht eine größere Spannung, mehr Wettkampf. Es gibt mindestens drei Teams, die auf höchstem Niveau siegen können. Das ist wichtig, denn wir haben eine Verpflichtung gegenüber der Öffentlichkeit. Wir müssen eine gute Show bieten, die Technologie, Helden und Wettbewerb zwischen den Teams beinhaltet. Die Formel 1 verfügt über eine gute kommerzielle Vereinbarung, eine gute Vision für die technologischen Aspekte des Sports und einen gesunden Wettbewerb. Das sind gute Vorzeichen für die Zukunft.
Sie erwähnen die wirtschaftliche Übereinkunft, die das Renault Team vor zwei Wochen unterzeichnete. Wie sieht die Perspektive für das Engagement von Renault in der Formel 1 aus?
Carlos Ghosn: Wir verfolgen einen langfristigen Plan. Für mich persönlich und für das gesamte Unternehmen Renault bestanden zu keinem Zeitpunkt Zweifel wegen unseres Engagements in der Formel 1. Wir sind hier, um Menschen anzuziehen und unsere Marke zu promoten. Dies erreichen wir mit guten Ergebnissen und der richtigen Einstellung. Die Frage für Renault war und ist, wie wir dieses Engagement für Wachstum des Unternehmens nutzen können. Dies wird sich im Rahmen des so genannten Renault Vetrags 2009 konkretisieren. In den kommenden Jahren werden wir viele Serienmodelle vorstellen, die direkt von dem Glanz unserer Formel 1-Siege profitieren.
Wird Renault weiter die für Erfolge notwendigen Investitionen tätigen?
Carlos Ghosn: So lange wir uns in der Formel 1 engagieren, wollen wir uns auf höchstem Niveau bewegen und werden für die erforderliche Finanzierung sorgen. Die Renault Nissan Allianz verfügt über die zweithöchste Kapitalisierung der Automobilindustrie und liegt in puncto Profitabilität ebenfalls auf Rang zwei. Ein Budget bereitzustellen, ist kein Problem. Wir befinden uns in einer stärkeren Position als viele unserer Konkurrenten. Unser Team existiert, um Leistung zu zeigen. Wir legen kein Budget fest und beobachten dann, was wir damit erreichen können. Ganz im Gegenteil: Das Team siegt, sie erledigen einen sehr guten Job und wir werden ihnen die Mittel zur Verfügung stellen, um so weiterzumachen zu können.
Wie sieht es mit der Effizienz aus, die das Renault F1 Team so oft betont?
Carlos Ghosn: Es ist eine Tatsache, dass wir ein Team mit sehr talentierten Personen haben, die nicht mehr Geld ausgeben als nötig. Sie agieren sehr verantwortungsvoll. Mit einem der niedrigsten Budgets überhaupt erzielen wir die besten Ergebnisse. Das macht mich sehr stolz auf das Team. Es wäre peinlich, wenn es genau anders herum wäre und wir trotz des größten Etats keine Ergebnisse einfahren würden.
Sie möchten, dass Renault auch in Zukunft erfolgreich bleibt. Am Ende des Jahres verlässt aber der amtierende Weltmeister Fernando Alonso das Team. Wie reagieren Sie darauf.
Carlos Ghosn: Menschen kommen und gehen zu sehen, gehört meiner Meinung nach einfach zur Natur der Formel 1. Das ist kein Desaster. Als Renault Fernando Alonso ein Cockpit gab, kannte ihn so gut wie keiner. Er stieg dann in einem guten Team zum Weltmeister auf. Ich glaube nicht, dass selbst ein herausragender Fahrer mit einem durchschnittlichen Team Rennen gewinnen kann. Der Pilot braucht ein außergewöhnliches Team, ein gutes Auto und die richtige Technologie. Ich habe vollstes Vertrauen in Renault F1 Präsident Alain Dassas und Renault F1 Geschäftsführer Flavio Briatore, dass sie das beste Talent für unser Team finden werden. Ich hoffe, die Ergebnisse von Renault in der Zukunft geben mir Recht.
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