Vor dieser Saison kam es nur einmal zum großen Duell der Giganten: Beim San Marino GP des Jahres 2005 duellierten sich Michael Schumacher und Fernando Alonso das erste Mal - allerdings mit ungleichen Waffen. Am Ende siegte der scheinbar unterlegene Spanier in einem von der Taktik und den schwierigen Überholchancen geprägten Rennen.

Im Jahr 2006 sollte sich dieses Duell bis zum heutigen Tag genau drei Mal wiederholen. Die erste Runde wurde beim Saisonstart in Bahrain eingeläutet. Dort konnte sich Alonso dank einer besseren Boxenstoppstrategie hauchdünn gegen den Ferrari-Star durchsetzen. Nachdem Ferrari in Malaysia und Australien untergetaucht war, kam es in Imola zur Fortsetzung des Duells. Diesmal drehte der Deutsche das Ergebnis des Vorjahres um: Schumacher gewann in einem von der Strategie und den schlechten Überholmöglichkeiten geprägten Grand Prix.

Obwohl viele Experten eine dritte Fortsetzung des Duells am Nürburgring anzweifelten, belehrten Ferrari und Michael Schumacher sie in der Eifel eines Besseren - wieder kämpften die beiden Titelanwärter um den Sieg und wieder fiel die Entscheidung an den Boxen.

Zwei Sieger

Schumacher 2 - Alonso 1 (2006), Foto: Sutton
Schumacher 2 - Alonso 1 (2006), Foto: Sutton

Die Reaktionen auf den Rennausgang fielen in beiden Boxen ähnlich aus. Der Sieger schwärmte von einem "hochwertigen" Rennen und einem "tollen" Sieg. Der Zweite freute sich über ein "fantastisches" Ergebnis und gab offen zu: "Ferrari war heute schneller als wir."

Diesen Punkt betonte selbstverständlich auch der zufriedene Sieger. "Wir waren das ganze Rennen schneller und haben im Moment ein besseres Paket." Ob das für alle Strecken gilt, müsse man noch abwarten.

Ferrari-Teamchef Jean Todt war es jedoch wichtig zu betonen, dass die doppelte Podestplatzierung "kein Wunder" gewesen sei. "Diese 16 Punkte sind kein Wunder. Sie kommen aus einer Kombination vieler Elemente: Zwei Fahrer vom Kaliber eines Michael oder Felipe, dem Team, dem Chassis, dem Motor und den starken Bridgestone-Reifen."

Ross Brawn sah noch einen weiteren Faktor auf dem Weg zum zweiten Saisonsieg. "Wir wussten, dass wir die Pace haben, wenn wir die richtigen Entscheidungen treffen würden." Das ist dem Chefstrategen gelungen, weshalb er dafür viel Lob einheimste.

"Die Leistung von Ferrari war absolut perfekt", lobte beispielsweise Alexander Wurz. "Die Leute an der Boxenmauer waren perfekt, und Schumacher hat es perfekt umgesetzt. Hut ab, das war eine Strategieleistung sondergleichen." Ex-GP-Pilot Hans-Joachim Stuck schob gleich noch ein "Kompliment" nach: "Sie haben das taktisch wirklich gut gespielt. Sie sind nicht nur taktisch gut, sondern auch das Auto ist gut."

Aus diesem Grund gestand auch Renault-Boss Flavio Briatore offen ein, dass "Ferrari und Bridgestone" am Ring "zu stark" für seine Truppe gewesen sind. "Unter diesen Bedingungen ist der zweite Platz wie ein Sieg."

Der entscheidende Moment

Der Rennverlauf war ein typisches Taktikrennen. "Zu Beginn des Rennens kontrollierte ich das Tempo, und der erste Stopp lief gut, weil ich mich vor Michael halten konnte", beschrieb Alonso die erste Phase bis zu seinem 1. Stopp. "Er lag ständig in Schlagdistanz und fuhr in dieser Rennphase sehr schnell."

"Nachdem ich schon beim ersten Stopp versuchte hatte Zeit herauszuholen, ist mir in Kurve 6 ein kleines Missgeschick unterlaufen. Da habe ich eine halbe Sekunde verloren", fügte Michael Schumacher über die zweite Rennphase bis zur zweiten Runde der Boxenstopps hinzu. "Ende des zweiten Stints stoppte er einige Runden später als wir, und nutzte die Situation aus, um vorbeizugehen", analysierte Alonso weiter.

Für Michael Schumacher war dies der "schönste Moment" des Rennens. "Als ich später alleine fuhr, konnte ich eine halbe Sekunde schneller fahren. Zudem kam mir zugute, dass er keine neuen Reifen mehr hatte. Deshalb kam ich mit einem großen Vorsprung aus der Box zurück."

Alonso konnte Schumacher nicht halten., Foto: Sutton
Alonso konnte Schumacher nicht halten., Foto: Sutton

Danach fand sich Alonso, wie schon so oft, mit dem zweiten Platz ab und ging kein unnötiges Risiko mehr ein. "Ich habe es einige Runden lang wirklich versucht, aber wir erkannten, dass es keinen Sinn hatte und schonte den Motor. Ich wusste schon vorher, dass Michael irgendwann vorbeikäme", gab sich Fernando realistisch. "Ich hätte die Führung unter normalen Umständen niemals bis ins Ziel verteidigen können. Überdies arbeiteten unsere Reifen an diesem Wochenende nicht perfekt."

Die Reifenfrage

Damit sprach Fernando Alonso den wunden Punkt seines Teams an. "Bridgestone hatte hier den klar besseren Reifen", gestand Flavio Briatore. "Renault und wir hatten zu harte Reifen", bestätigte McLaren-CEO Martin Whitmarsh. "Wir hätten auch weichere Reifen nehmen können. Damit hätten wir Ferrari geschlagen."

Diese weicheren Michelins waren laut Whitmarsh im Michelin-Angebot vorhanden. "Es hätte einen Reifen gegeben, mit dem wir heute die Grip-Probleme wohl nicht bekommen hätten." Die Bridgestone-Teams hätten einfach eine bessere Wahl getroffen. "Anscheinend hat die Strecke heute Nachmittag weniger Grip gehabt als gestern", sagte Michelin-Chef Nick Shorrock. "Unter diesen Umständen war unsere Mischung, die wir hier hatten, offenbar ein bisschen zu hart."

Alex Wurz glaubt hingegen nicht an diese Version. "Sie hatten mit den weichen Reifen zu viel Graining", sagte der Österreicher. "Damit hätten sie wohl noch schlechter ausgesehen." Für ihn lag der "wichtigste Schachzug" bereits im Qualifying: "Alonso verwendete am Ende einen neuen Reifensatz mehr. Dadurch konnte er gegen Rennende nicht den Druck entwickeln, den es gebraucht hätte um vor Schumacher zu bleiben."

Bei Ferrari lacht man sich unterdessen ins Fäustchen und freut sich über die "Fortschritte" bei Bridgestone. "Wir hatten weichere Reifen, bei denen kein Graining vorkam", verriet Ross Brawn. "Noch in Imola hatten wir ein starkes, aber ein defensives Rennen mit Problemen. Hier hatten wir alle Zutaten zum Attackieren."

Rennanalyse: Ein moderner Grand Prix

Früher war alles besser, heißt es immer wieder. Gerade auf dem Nürburgring schwärmen viele ältere Semester von der altehrwürdigen Nordschleife und deren großer Herausforderung - die leider so manchen Fahrer das Leben kostete.

Heutzutage wird auf dem modernen GP-Kurs gefahren; kein Wunder also, dass wir auch einen typischen modernen Formel 1 Grand Prix erlebten - also einen ohne viele Überholmanöver. Ein Rennen, das an der Box und durch eine clevere Strategie entschieden wurde. Hochspannung war auf der Strecke nur selten angesagt. Etwa bei den beiden geglückten Überholmanövern der McLaren-Piloten zu Beginn des Rennens.

Ansonsten bekamen die gut 120.000 Zuschauer am Rennsonntag einen Taktik-GP geboten, der am Ende zumindest den für sie richtigen Sieger hervorbrachte. Ein bisschen mehr Action hätten dem Rennen sicherlich nicht geschadet.

Teamanalyse: Zweikampf an der Spitze

Renault Wieder geschlagen, aber trotzdem den Schaden minimiert. So lautet das Fazit des gelb-blauen Wochenendes in der Eifel. Gegen Ferrari und Bridgestone hatte das französische Doppel Renault und Michelin diesmal keine Chance. Das wäre nur halb so schlimm gewesen, wenn Giancarlo Fisichella nicht schon im zweiten Qualifying-Abschnitt ausgeschieden und somit im Rennen nur auf Platz 6 gelandet wäre. Dennoch führen die Gelb-Blauen beide WM-Wertungen noch mit deutlichem Vorsprung an.

Sie gewöhnen sich langsam wieder ans Jubeln., Foto: Sutton
Sie gewöhnen sich langsam wieder ans Jubeln., Foto: Sutton

Ferrari Die Roten kommen ins Rollen. Vor dem Nürburgring-Wochenende waren sich viele Experten noch nicht sicher, ob Ferrari die Form von Imola fortsetzen könne. Nach dem Freitagstraining stand fest: Ferrari ist zurück. Die Fehler der vorhergehenden Rennen wurden abgestellt und mit einer doppelten Podestankunft sorgten sie für ein aus der Vergangenheit nur allzu bekanntes Bild. Der Unterschied: In diesem Jahr fahren die Italiener nicht in einer eigenen Liga - im Gegenteil: Renault ist ihnen ebenbürtig und hat einen Punktevorsprung.

McLaren In Imola mussten sich die Silbernen das Ergebnis schön reden. Beim Heimspiel am Ring lief es zunächst nicht besser. Doch in den ersten beiden Qualifying-Teilen und im Rennen konnte Kimi Räikkönen den Speed des MP4-21 zeigen. Juan Pablo Montoya enttäuschte hingegen im Vergleich zu seinem Teamkollegen. Ein Motorschaden setzte seinem Rennen dann ein vorzeitiges Ende. McLaren muss nun hoffen, dass jetzt nicht die Zuverlässigkeitsprobleme des Vorjahres und der Wintertests zurückkehren - denn momentan ist auch ihr Speed noch nicht auf dem Niveau der Spitze.

Honda Nichts Neues bei Honda: Die Japaner waren erneut nur im Qualifying stark. Im Rennen reichte es für Rubens Barrichello zwar zu Platz 5, aber das angepeilte Ziel ganz vorne mitzumischen verfehlte man auch hier. Hinzu kam der Motorschaden bei Jenson Button, der den besser platzierten Piloten alle Chancen raubte. Honda muss weiter an einer Lösung der Reifenprobleme auf Long Runs arbeiten.

Nick hatte gegen McLaren keine Chance., Foto: Sutton
Nick hatte gegen McLaren keine Chance., Foto: Sutton

BMW Sauber Der Saisonbeginn war stark, danach fiel BMW Sauber immer weiter ab. Beim Heimspiel am Nürburgring reichte es zwar zu einem Punktgewinn, aber überzeugend war die Vorstellung der Weiß-Blauen nicht. Vor allem Nick Heidfeld kam mit seinem F1.06 überhaupt nicht zurecht. Wenn es aber selbst bei solchen Rennen zu einem Punktgewinn reicht, sollte man sich auf dem richtigen Weg befinden.

Williams Bei Williams kam die Zuverlässigkeit abermals vom rechten Weg ab. Ansonsten hätte Sam Michael seiner Truppe sogar die erste Startreihe und eine Top-4-Platzierung zugetraut. Doch Mark Webber wurde nach einem furiosen Start von einem Getriebeproblem gestoppt. Kein unbekanntes Problem bei den Mitternachtsblauen. Nico Rosberg fuhr ein spektakuläres Rennen und kletterte von Platz 22 auf Rang 7 nach oben. Neben seiner starken Leistung half ihm dabei eine gute Boxenstrategie des Teams. Jetzt gilt es endlich einmal vorne zu starten, das Rennen zu überstehen und das wahre Potenzial des FW28 zu entfalten.

Toyota Wieder ein enttäuschendes Wochenende für Toyota. Während Jarno Trulli mit Handlingproblemen kämpfte, riss ein Motorschaden Ralf Schumacher ausgerechnet beim Heimrennen am Nürburgring aus den Punkterängen. Bis dahin war der Speed der Weiß-Roten leicht verwirrend: Mal waren sie im Training und Qualifying schnell, dann wieder nur Mittelmaß. Es gibt also noch viel Arbeit, wenn man die angepeilten Podestplätze und den ersten Sieg bald verwirklichen möchte.

Die Bullen gerieten aneinander., Foto: Sutton
Die Bullen gerieten aneinander., Foto: Sutton

Red Bull Racing Kein gutes Wochenende für die roten Bullen. Ein Doppelausfall wurde von einer Kollision mit dem Schwesterauto von Tonio Liuzzi gekrönt. Der Speed war jedoch viel versprechend. Vor allem Christian Klien konnte an die Leistung der ersten Rennen anschließen, wurde jedoch schon im Qualifying von dem Flaggenchaos und Takuma Sato eingebremst.

Scuderia Toro Rosso Das dritte Freie Training am Samstagmorgen war die Glanzstunde der Jungbullen. Kurzzeitig konnte Tonio Liuzzi die Zeitentabelle anführen und damit die schlimmsten Albträume von Colin Kolles in die Tat umsetzen. Die große Diskussion um die V10 blieb jedoch aus - im Qualifying und Rennen blieben die italienischen Bullen im gewohnten Mittelfeld stecken.

MF1 Racing "Nur einmal überrundet!", jubilierte Johnny Herbert nach dem Rennen. Was sich wie ein selbstironischer Scherz anhört, ist für Midland gar nicht so schlecht. Zugute kam ihnen natürlich, dass sich Alonso und Schumacher an der Spitze duellierten, aber beide Autos mit nur einer Runde ins Ziel zu bringen, bestätigte die Zuverlässigkeit und den verbesserten Speed der Truppe.

Super Aguri Für das dritte japanische Team lief es in der Eifel nicht: Ein Doppelausfall besiegelte ein mäßiges Wochenende. Der einzige Lichtblick: Franck Montagny wusste bei seinem ersten Rennen zu überzeugen und war trotz des ungewohnten - und vor allem ungewohnt schlechten - fahrbaren Untersatzes nah an Takuma Sato dran.

Ausblick: Ferrari die neue Nummer 1?

Jubelt er auch in Spanien?, Foto: Sutton
Jubelt er auch in Spanien?, Foto: Sutton

Am Sonntag nach dem Rennen beherrschte nur eine Frage das Fahrerlager: Ist Ferrari jetzt an Renault vorbei? "Überholt haben sie Renault nicht", gab Christian Danner eine mögliche Antwort. "Aber sie sind gleichauf. In der WM hat Alonso noch ziemlich deutlich die Nase vorne. Allerdings hat Schumacher bewiesen, dass man Alonso mit gleichen Waffen schlagen können. Das hat eine Art Signalwirkung in Richtung Renault."

Die Franzosen geben sich dennoch gelassen. "Wir nahmen McLaren Mercedes Punkte ab und verloren nur zwei an Ferrari", bilanzierte Flavio Briatore. "Zudem hat Fernando den Schaden in der Fahrerwertung minimiert."

Gerhard Berger und Niki Lauda sind sich trotzdem einig: "Ferrari hat aufgeholt", so Lauda. "Ferrari hat mit Michael Schumacher absolut zur Renault-Performance der ersten Rennen aufgeschlossen", fügte Berger hinzu. "Wer letztlich der Schnellere ist, wird sich bei den nächsten Rennen zeigen", fuhr Lauda fort. "Es scheint aber eine spannende Saison zu werden. Bei den letzten beiden Rennen war Ferrari jedenfalls auf dem gleichen Niveau wie Renault."

Für sein Heimrennen am nächsten Wochenende ist Alonso optimistisch: "Ich glaube, dass wir es dann umdrehen können." Briatore sieht das ähnlich: "Es werden auch wieder Strecken wie Barcelona oder Silverstone kommen, auf denen es anders aussehen wird. Dann werden wir wieder richtig gut aufgestellt sein."

"Jetzt müssen wir abwarten, wie es sich weiter entwickelt", blickte Danner in die Kristallkugel. "Barcelona ist eine sehr komplexe Strecke - gerade was die Aerodynamik angeht. Dieses Rennen wird richtungsweisend für den Verlauf der WM. Es ist durchaus möglich, dass Renault dort zurückschlagen wird."

Michael Schumacher hält davon natürlich recht wenig. Er würde sich viel lieber noch mehr Konkurrenten wünschen. "Ich würde mich freuen, wenn da noch jemand hineinfahren würde", sagte er über das Duell zwischen ihm und Alonso. "Am meisten Unterstützung kann ich von meinem Teamkollegen erwarten. Ich hoffe, dass er noch etwas zulegen kann." Ross Brawn würde das als "große Hilfe" ansehen. "Hoffentlich kann er dann Fernando wichtig Punkte wegnehmen - aber bitte nicht mir..."