"Die Franzosen sind wieder da!" hätte sich als Titel angeboten. Kurz. Einfach. Auf den Punkt gebracht. Mit seinem Renneinsatz bei Super Aguri, am Wochenende auf dem Nürburgring, im Auto des unglücklichen Yuji Ide, konnte Franck Montagny die Serie der franzosenlosen Formel 1-Rennen beenden. Seit Beginn der Saison 2005 musste Frankreich ohne einen Grand Prix-Piloten auskommen. Noch dürfen sich die Franzosen nicht über eine endgültige GP-Rückkehr freuen, denn schon am kommenden Wochenende, beim GP von Spanien, könnte Ide wieder ins Super Aguri-Renncockpit klettern - und die französischen Fans müssten abermals "Hunger leiden".

Großmacht

Dabei war Frankreich einmal so etwas wie eine Supermacht in der Formel 1. In den Siebzigerjahren wurde die Königsklasse geradezu überschwemmt von Franzosen: Francois Cevert, Patrick Depailler, Henri Pescarolo, Jean Pierre Jarier oder Jean Pierre Beltoise waren am Beginn der Dekade, zum Teil schon Ende der Sechzigerjahre im Einsatz. Dann kamen Jean Pierre Jabouille, Jacques Laffite, René Arnoux, Didier Pironi oder Patrick Tambay hinzu - die Franzosen wurden damals in einem intensiven Förderprogramm, welches von Renault und der Firma Elf organisiert wurde, in die Formel 1 gehievt.

Jacques Laffite im französischen Nationalauto Ligier., Foto: Sutton
Jacques Laffite im französischen Nationalauto Ligier., Foto: Sutton

Mit Erfolg. Depailler war fest verankert in dem von Elf unterstützten britischen Tyrrell-Team, war mit 19 Top 3-Platzierungen ein Stammgast auf dem Podium, feierte am Ende des Jahrzehnts zwei Siege - 1980 verunglückte er bei Tests auf dem alten Hockenheimring, in einem Alfa Romeo. Jacques Laffite holte sechs Siege und 32 Podestplätze, noch dazu in einem französischen Auto, dem Ligier. Renault kam mit dem ersten Turbo, wurde belächelt, bis Jabouille und Arnoux die ersten Siege feierten. Später gingen Tambay und Pironi zu Ferrari, auch wenn sie dort wenig ausrichten konnten. Die Franzosen wurden zur Formel 1-Großmacht - doch den Weltmeister stellten sie nie.

Das sollte sich ändern. Und zwar gewaltig. 1980 debütierte der kleingewachsene Alain Prost in einem McLaren, wechselte ins Nationalteam Renault, um ab 1985 mit McLaren drei WM-Titel einzuholen. Zur Legende wurden seine Kämpfe gegen Ayrton Senna, bei McLaren. Nach einem zweijährigen Intermezzo bei Ferrari krönte sich "Professor" Alain Prost 1993 in einem Williams noch einmal zum Weltmeister und zum damals siegreichsten aller Formel 1-Piloten - lediglich Michael Schumacher hat heute mehr Siege auf seinem Konto.

Prost und der frühere FIA-Präsident Balestre, auch ein Franzose., Foto: Sutton
Prost und der frühere FIA-Präsident Balestre, auch ein Franzose., Foto: Sutton

Im Windschatten von Prost kamen Phillipe Alliot, Eric Bernard, Yannick Dalmas, Bertrand Gachot, Oliver Grouillard, Phillipe Streiff und Jean Alesi in die Formel 1 - bis auf letzteren alle mit mäßigem Erfolg. Nur Alesi konnte 1995 einen Sieg einholen und immerhin 32mal vom Podest lächeln.

Franzosenlos

1994 debütierte schließlich jener Pilot, der den Franzosen den letzten Sieg bescheren sollte: Olivier Panis, der 1996 auf Ligier den Klassiker von Monaco gewann. Panis war auch jener Mann, der bis Ende 2004 als Einsatzfahrer die französischen Fahnen hochhielt. Seit 2005 testet er nur noch für Toyota, die Franzosen hatten erstmals keinen Landsmann in der Startaufstellung. "Die Formel 1 braucht einen schnellen Franzosen", hört man seither immer wieder.

Dabei wäre mit Sébastien Bourdais ein äußerst schneller Mann vorhanden, in der amerikanischen Champ Car-Serie krönte er sich 2004 und 2005 zum Champion. Doch Panis, der Ende 2006 auch den Testhelm an den Nagel hängt, erzählte im Januar bei den Barcelona-Tests: "Sébastien ist ein schneller Mann, aber er hat sich selbst mit einigen Aussagen nichts Gutes getan. Man darf die Formel 1 nicht immer nur kritisieren - vor allem, wenn man noch kein Superstar ist."

Schneller Franzose, aber nicht in der F1 - Bourdais., Foto: Sutton
Schneller Franzose, aber nicht in der F1 - Bourdais., Foto: Sutton

Panis erwähnte in dem Gespräch noch einen weiteren Franzosen: Franck Montagny - womit sich der Kreis schließt. Montagny durfte am Wochenende die franzosenlose GP-Zeit beenden, dabei schien seine Formel 1-Karriere schon beendet zu sein, noch ehe sie überhaupt losging. Der Hobby-DJ strandete bei Renault auf dem viel zitierten "Testabstellgleis", zuvor dominierte er in der Nissan World Series, in der damals auch ehemalige F1-Piloten oder auch ein Heikki Kovalainen mitfuhren. Jener Finne, der ihm letztlich das Renault-Testcockpit kostete. "Ich habe nicht erwartet, noch einmal in die Formel 1 zurückzukehren, schon gar nicht als Einsatzpilot", sagte Montagny vor seinem Grand Prix-Debüt.

Am Freitag versorgte Montagny das Super Aguri-Team mit weiterem Fachwissen, welches er sich bei Renault erarbeitet hat. "Das habe ich auch zuvor, als Berater probiert - doch da saß ich nicht im Auto", kommentierte er. Sein eigenes erstes GP-Training verlief relativ reibungslos. Am Vormittag fehlte ihm nur eine Zehntelsekunde auf den Stallkollegen Takuma Sato, am Nachmittag waren es vier. Aber schon am Samstagvormittag konnte Montagny dem Japaner drei Zehntel abknöpfen.

Montagny

Doch im Qualifying wurde Franck Montagny zum Opfer jener roten Flaggen, welche der verrückt spielende Zeitnahmecomputer ausgelöst hatte. Kampflos musste der Franzose aus dem Auto steigen und seinen Super Aguri in die letzte Startreihe, auf den 21. Startplatz stellen. Im Rennen bildete Montagny das Schlusslicht, bis ihn in Runde 31 ein Hydraulikdefekt zum Aufgeben zwang. "Ich konnte Sato einigermaßen folgen, obwohl er um zehn Kilogramm leichter ist und so in jeder Runde einen Vorteil von drei Zehntelsekunden hat", spielt Montagny auf die Tatsache an, dass der SA05, der adaptierte Arrows A23, übergewichtig ist und hier nicht mit Gewichten gearbeitet wird. Trotzdem zog der GP-Debütant eine positive Bilanz: "Es war ein gutes Wochenende und ich habe es genossen, mit dem Team zu arbeiten."

Franck Montagny bleibt nach dem GP-Debüt nur die Hoffnung., Foto: Sutton
Franck Montagny bleibt nach dem GP-Debüt nur die Hoffnung., Foto: Sutton

Jetzt muss Franck Montagny abwarten. Teamchef Aguri Suzuki wird spätestens morgen Dienstag eine Entscheidung treffen. Es ist bekannt, dass er zwei Japaner im Team haben möchte und dass Ide als enger Freund des Teamchefs gute Chancen auf ein GP-Comeback hat. Zugleich dürfte sich Aguri Suzuki auch im Klaren sein, dass Montagny dem Team mit seinem Knowhow wirklich weiterhelfen kann. Franck Montagny denkt optimistisch: "Ich glaube, dass ich ohnehin in Spanien sein werde, zumindest als dritter Fahrer. Aber natürlich hoffe ich auf mehr."

Und so wird auch die Frage, ob die Franzosen wieder zurückgekehrt sind, von der Entscheidung des Aguri Suzuki abhängen. Ansonsten gibt es für die stolze Nation immer noch hoffnungsvollen Nachwuchs wie Nicolas Lapierre oder Alexandre Premat. Oder wie Olivier Panis im Scherz gemeint hat: "Anscheinend muss es sein, offensichtlich geht es nicht ohne mich - ich muss wohl wieder in den GP-Sport zurückkehren."