Zum vierten Mal schickten sich an diesem Wochenende die 22 schnellsten Sonntagsfahrer dieses kleinen, blauen Planeten dazu an, für viele Runden im Kreis zu fahren. Bei der so genannten Taktikschlacht auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari, drängte sich eine eigentlich altbekannte Lehre in den Vordergrund: Aktive Positionswechsel sind in Imola mehr als nur Mangelware.

Die Lehre vom eigenen Heim

Viele unserer Leser werden von einem eigenen Heim träumen. Seit dem Europa-Auftakt in Imola, sind zumindest die Mitglieder des F1-Zirkus wieder in den eigenen vier Wänden zuhause. Nur das diese keine Hausnummern, sondern hochtrabende Namen wie Communication Centre, Tree House oder Energy Station tragen. Und welches ist nun am schönsten? "Meins", lacht Flavio Briatore. "Denn es ist alt. Wir stecken unser Geld lieber ins Auto..."

Motorhome oder Glaspalast?, Foto: Sutton
Motorhome oder Glaspalast?, Foto: Sutton

Red Bull steckte sein Geld nicht nur in zwei Baumhäuser über den Dächern seiner Renntrucks als Büros für die Ingenieure der beiden Teams, die Bullen sorgten auch mit einer neuen, größeren Energy Station für Aufsehen. Die alte Energy Station steht derweil in New York als Heim für die Gäste des erst kürzlich erworbenen Fußballclubs Red Bulls New York. Das Energy Station Größen-Update kurbelte auch den Absatz an Kompassen an. "Ohne kenne ich mich hier noch nicht gut genug aus", scherzte Christian Klien.

Aber Red Bull klotzt nicht als einziges Team: 400 Quadratmeter Grundfläche, eine Gesamthöhe von 8,20 Metern mit einer sechs Meter hohen und 11,5 Meter breiten Glasfront - Das sind die Daten des neuen BMW Sauber Motorhomes. Der Preis für die großzügige Behausung: Das Motorhome ist zu groß für das enge Fahrerlager und steht fast einen halben Kilometer von den Transportern und der Box entfernt. Somit dürfte die Nachfrage nach Kompassen nicht nur bei Christian Klien groß gewesen sein...

Die Lehre von der Enge

Während die Motorhomes und Hospitality-Paläste immer größer, höher und schöner werden, geht es in der alten Boxengasse von Imola extrem eng zu. Felipe Massa musste mehrmals ganz langsam aus der Box rollen, um aufgrund des geringen Lenkeinschlags nicht mit der Boxenmauer Kontakt aufzunehmen. Nur gut, dass die Entwürfe für die neue Boxenanlage bereits im Schreibtisch von Hermann Tilke liegen.

Die Lehre von den Ohren

Auch den Schuhen scheinen bei Honda Flügel zu wachsen..., Foto: Sutton
Auch den Schuhen scheinen bei Honda Flügel zu wachsen..., Foto: Sutton

Nach zwei Testwochen sprießen zum Europa-Auftakt alljährlich an allen Autos neue Aerodynamikteile aus dem Karbon. Besonders auffällig war dies bei Honda: Neben den sternschnuppenartigen seitlichen Windabweisern an den Cockpitseiten, prangen nun auch noch rote Ohren an den Seiten des Boliden. Die Gegenstücke zu den guide vanes oder barge boards am unteren Ende des Monocoques ließen zudem eine alte Weisheit über eines der Vorgängerfahrzeuge wieder aufleben: Der Honda scheint nur noch aus Flügeln und Winglets zu bestehen...

Die Lehre von der Strecke

Vor dem San Marino GP gab es einige Veränderungen an der Streckenführung und den berüchtigten Kerbs. Vor allem in der Variante Alta sorgte dies bei einigen Fahrern für Verwirrung. "Die Auslaufzone ist jetzt so ein komischer Teppichboden, der überhaupt keinen Grip hat", sagte Christian Danner, der als Gastpilot in der Mini Challenge antrat. "Aber das ist völlig in Ordnung: Dann muss man eben auf der Strecke fahren!"

Die Lehre von den Teamchef-Meetings

Bernie Ecclestone ist mehr als die graue Eminenz der Formel 1: Der Mann hat einfach immer Recht. Auch wenn er den Automobilherstellern mit ihren vielen Meetings vorwirft: "Jetzt haben sie wieder ein Meeting, aber sie haben ja ständig Meetings. Ich habe ihnen gesagt, 'schaut doch nur mal das ganze Geld an, das ihr für Mineralwasser in diesen Meetings ausgegeben habt, das ist schon mehr, als ihr eigentlich haben wollt.'"

Die Lehre von der 66

Zu schnell für die Fotografen?, Foto: Sutton
Zu schnell für die Fotografen?, Foto: Sutton

Im Qualifying-Pressegespräch stellten unsere Kollegen Ralfs Schumachers Statistik-Wissen auf die Probe. Die wievielte Pole hat sein Bruder in Imola geholt? "Keine Ahnung. Ich habe sie nicht gezählt." Es war die 66. Pole. "Da fängt das Leben an", lacht Ralf und fügt in einem 'begeisterten' Tonfall hinzu: "Schön." Bedeutet das etwas Besonderes? "Für ihn wahrscheinlich schon. Bloß mir bringt das nicht wirklich viel. Ich wäre lieber selbst auf der Pole."

Die Lehre vom Präsidenten

Da soll noch einmal jemand sagen, die Formel 1-Leute hätten keinen Humor. Nachdem Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo am Samstag eine halbe Stunde lang Gerüchte über Michael Schumacher und Kimi Räikkönen dementieren musste, holte er mit versteinerter Mine zum Gegenschlag aus: "Ich bin wirklich stolz verkünden zu können, dass Ferrari nächstes Jahr ein großes Risiko mit zwei komplett neuen Fahrern eingehen wird."

Damit hatte Montezemolo die Aufmerksamkeit der bereits zusammenpackenden Journalistenschar zurückerobert. "Michael wird sein eigenes Team aufmachen und Felipe wird alleine sowohl Alonso als auch Fisichella ersetzen. Renault ist sehr auf Kostensenkung bedacht und wird nur ein Auto für Massa einsetzen. Und wir werden ein Risiko eingehen. Aber manchmal muss man eben ein bisschen Romantiker sein: Niki Lauda und Gerhard Berger werden nächstes Jahr für Ferrari fahren", sprach der Präsident, grinste dabei und verließ den Raum voller erstaunter Schreiberlinge.

Die Lehre von der Hitze

Ide wie wir ihn kennen: Neben der Strecke., Foto: Sutton
Ide wie wir ihn kennen: Neben der Strecke., Foto: Sutton

Wirklich heiß ging es in Imola nicht her: Weder auf der Strecke, noch bei den Temperaturen. Dennoch freuten sich einige Teams beider Reifenhersteller über die höheren Temperaturen als zuletzt in Melbourne. Für eines der Grid Girls waren die Temperaturen aber viel zu hoch. Die junge Dame brach in der Startaufstellung zusammen und musste vom Grid getragen werden. Nur gut, dass die italienischen Grid Girls nicht in Malaysia arbeiten müssen...

Die Lehre von den Drehern

In den Freien Trainings gilt in dieser Saison eine Faustregel: Wenn es weiß ist und sich dreht, dann ist es Yuji Ide. Vor dem Rennstart sorgte Ides Super Aguri Teamkollege Takuma Sato für die Ausnahme von der Regel: Der Ex-Honda-Pilot drehte sich auf seinem Schleichweg in die Startaufstellung...

Die Lehre von der Tankstelle

"Ich sehe drei Autos, die werden schneller an die Box abbiegen, als man schauen kann", prophezeite Ralf Schumacher am Samstag nach dem Qualifying. Sein Vertrauen in die Spritmenge der Scuderia Ferrari und der beiden Honda-Piloten war also alles andere als groß. Mit den beiden Honda-Fahrern behielt er Recht. Nur sein Bruder strafte ihn Lügen: Er kam eine Runde nach seinem langsameren Teamkollegen und ganze vier Runden nach Ralf zum Nachtanken an die Box! Das ließ seine Superrunde im dritten Qualifying-Teil in ganz anderem Licht erstrahlen und Ross Brawn in sich hineingrinsen...

Die Lehre vom Versprechen

Schumacher hielt seine Versprechen., Foto: Sutton
Schumacher hielt seine Versprechen., Foto: Sutton

Versprochen ist versprochen: "Erst holen wir am Samstag die Pole, dann am Sonntag den Sieg." Wer entgegen den sonstigen Gewohnheiten, solche Versprechen verkündet, muss natürlich auch Ergebnisse abliefern. Michael Schumacher hielt sich daran: Am Samstag holte er seine 66. Pole, am Sonntag seinen 85. GP-Erfolg. Wenn nur alles so 'einfach' wäre...

Die Lehre von der Geschichte

Geschichte wiederholt sich, heißt es. Beim Großen Preis von San Marino hat sich gezeigt, dass diese alte Weisheit tatsächlich stimmt - wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen. Jagte im letzten Jahr noch Michael Schumacher in einem bis zu zwei Sekunden schnelleren Ferrari hinter Fernando Alonso her, war es diesmal der Spanier der mit einem schnelleren Renault den Ferrari seines Titel-Vorgängers verfolgte. Die Lehre daraus ist: Auch wenn mancher es nicht für möglich halten will, in Imola sind keine Überholmanöver möglich...