Bei der Formel 1 heute in Singapur müssen erstmals alle Autos mit einer Klimaanlage ausgestattet sein. Der Wetterservice der FIA rief schon vor dem Wochenende eine im Reglement verankerte Hitze-Warnung aus, die zur Folge hat, dass das sogenannte Driver Cooling System verpflichten eingebaut werden muss. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Die dafür nötige Kühlweste müssen die Fahrer nicht unbedingt tragen.

Das System besteht eigentlich aus zwei Einheiten: Ein Teil befindet sich im Auto und sorgt dafür, dass eine Flüssigkeit mit definierten Parametern heruntergekühlt wird. Die gekühlte Flüssigkeit wird dann durch die zweite Einheit, ein feuerfestes Unterhemd mit Schläuchen rund um den Torso, gepumpt.

Weil viele Piloten die Kühlweste als unangenehm empfinden, hat die FIA die Verwendung in diesem Jahr als freiwillig definiert. Einen technischen Vorteil soll trotzdem niemand haben: Auch wer die Kühlweste nicht fährt, muss die funktionierende Auto-Einheit verbaut haben und einen zusätzlichen Ballast von 0,5 Kilogramm im Cockpit anbringen.

Die 0,5 Kilogramm zusätzlich sind vorgeschrieben, weil alle Komponenten des Driver Cooling Systems zusammen mindestens 5,0 Kilogramm auf die Waage bringen müssen. Das Mindestgewicht der Autos erhöht sich ohnehin, sobald die Hitze-Warnung ausgerufen wird, von 800 auf 805 Kilogramm.

Kühlweste 2025 freiwillig, 2026 Pflicht

Die FIA hat den Einsatz der Kühlweste 2025 noch freiwillig gemacht, weil das System noch jung ist. Erst nach dem extrem heißen Katar GP 2023 begann man damit, an einem Kühlsystem zu arbeiten. Nach Testläufen im vergangenen Jahr kommt die F1-Klima in dieser Saison erstmals zum Einsatz.

Das 2026er F1-Reglement sieht aber keine freie Entscheidung der Fahrer mehr vor. Wird der Index-Grenzwert von 31°C, der sich aus Temperatur und Luftfeuchtigkeit zusammensetzt, getriggert, müssen die Teams die Klima verbauen und die Fahrer die Kühlweste tragen. Mercedes entwickelt sogar an einem eigenen System, derzeit gibt es die Weste nur vom Hersteller Chillout Motorsport.

Dass die FIA den Fahrern 2026 im Ernstfall vorschreibt, was sie zu tragen haben, kommt in der Zunft nicht gut an. "Ich finde, dass dies eine Entscheidung des Fahrers sein sollte. Natürlich wird die FIA immer die Sicherheit als Argument anführen, aber dann könnten wir über viele Dinge sprechen, die in puncto Sicherheit verbessert werden könnten - zum Beispiel Boxeneinfahrten auf bestimmten Strecken", schimpft Max Verstappen. "Ich denke, das hat etwas mehr Priorität als eine Weste im Auto."

Max Verstappen ist in Singapur trotz Startplatz 2 nicht besonders gut gelaunt. Nicht nur wegen der Kühlwesten-Diskussion...

Verstappen schimpft: Ich mag sie nicht!

Den amtierenden Formel-1-Weltmeister stört nicht nur die Vorschrift, ihn stört vor allem auch die Weste: "Ich mag sie nicht. Ich mag die Schläuche nicht, die man am Körper trägt, und die Gurte, die neben einem verlaufen." Bis zu 50 Meter Schlauch verlaufen auf dem Shirt. Durch enge Sitzschalen und Gurte sowie die hohen Beschleunigungskräfte spüren die Piloten die Schläuche.

Neue Kühlwesten der Formel 1 (Rückseite)
Bis zu 50 Meter Schlauch sind in das Unterhemd eingenäht, Foto: Chillout Motorsports

Zustimmung gibt es von Lewis Hamilton: "Ich finde, dass es den Fahrern niemals aufgezwungen werden sollte. Sie argumentieren immer, es wäre ein Sicherheitsproblem. Aber kein Fahrer ist jemals aufgrund von Überhitzung ums Leben gekommen - Feuerunfälle in früheren Zeit ausgenommen. Es wird jetzt albern, es sollte unsere Wahl sein."

Während Hamilton einen Einsatz heute in Singapur in Erwägung zieht, will Verstappen weiterhin darauf verzichten. Auch weil er die Funktionalität in Frage stellt: "Innerhalb von 15, 20 Runden ist das Eis sowieso weg. Und dann hat man noch heißes Wasser... oder Tee."

Tatsächlich berichten viele Piloten, dass die kühlende Wirkung nicht besonders lange anhält. Das liegt daran, dass zur Kühlung hauptsächlich Systeme mit gespeicherter Wärmeenergie verwendet werden. Zwar gibt es hier genauere Vorgaben der FIA, trotzdem erwärmt sich das System mit der Zeit. "Das Problem mit dem Anzug ist, dass er großartig ist, wenn er funktioniert, aber wenn er versagt, ist es noch schlimmer, als gar keinen zu haben", meint zum Beispiel Oscar Piastri.

Russell fährt freiwillig mit Kühlweste

Aber es gibt auch Fans der Kühlweste. George Russell fuhr in diesem Jahr in Bahrain und Saudi-Arabien schon freiwillig damit. Damals wurde der Hitze-Index nicht überschritten, Mercedes kann sich das zusätzliche Gewicht der Klimaanlage aber erlauben, ohne das Mindestgewicht zu überschreiten. Russell berichtete beim Hitze-Rennen in Katar sogar von Bewusstlosigkeit im Cockpit.

Allerdings hängt die Hitzeentwicklung im Cockpit noch von viel mehr Faktoren ab, wie der Mercedes-Pilot weißt: "Fairerweise muss man sagen, dass das Team große Fortschritte bei der Kühlung im Auto an sich gemacht hat. Wir haben einige größere Probleme erkannt, bei denen heiße Luft in das Cockpit eindrang und bei bestimmten Rennen die Temperatur deutlich über 60 Grad stieg. Allein schon das Versetzen einiger Steuergeräte und Hydraulikleitungen, die mit 120 Grad um die Füße herum verlaufen, hat einen großen Einfluss."

Den Anfang nahm die Diskussion rund um die Formel-1-Hitze beim Katar GP 2023. Nicht unbeteiligt daran war Logan Sargeant. Was genau passiert ist, könnt ihr hier nachlesen: