"Die Frage ist nicht, ob es passiert, sondern wann es passiert", hieß es stets aus dem McLaren-Lager. In Kanada ist es passiert. Lando Norris rammte in Runde 67 seinen McLaren-Teamkollegen Oscar Piastri als er versuchte ihn auf der Start-Ziel-Geraden auf der Innenseite zu überholen. Doch an dieser Stelle war kein Platz und es kam, wie es kommen musste: Norris krachte ins Heck von Piastri. Glück für Piastri: Sein Hinterreifen nahm keinen Schaden und er konnte das Rennen als Vierter beenden.
Während McLaren-Teamchef Andrea Stella in einem ersten TV-Statement erklärte, dass man über den Vorfall intern sprechen müsse, da „wir das nicht sehen wollen", hat Piastri keinen großen Redebedarf. "Es wäre etwas anderes, wenn der Vorfall in einer Kurve passiert wäre und wir einen eindeutigen Fehler gemacht und über das Ziel hinausgeschossen wären. Aber das war ein etwas unglücklicher Vorfall auf der Geraden", erklärte der Australier.
Der Unfall wird nach dem Rennen von den Stewards untersucht, alle Updates gibt es im Live-Ticker.
Piastri: Lando ist ein guter Kerl
Wie genau es zu dem Crash kam, konnte er kurz nach dem Rennen, ohne TV-Bilder davon gesehen zu haben, nicht erklären. "Ich habe noch nicht gesehen, was genau passiert ist. Da es sich definitiv um einen ungewöhnlichen Ort für einen Vorfall handelt, muss ich mir das noch einmal anschauen. Bis dahin war es ein harter Kampf, der leider ein unglückliches Ende nahm", meinte der McLaren-Pilot. "Ich denke nicht, dass wir unsere Vorgehensweise ändern müssen, aber wir werden uns die Szenen sicher noch einmal anschauen."
Lando Norris nahm die Schuld für den Unfall direkt auf seine Kappe und entschuldigte sich nach dem Rennen auch gleich bei seinem Teamkollegen. Ungewöhnlich für einen Rennfahrer in so einer Situation, doch Piastri stellt klar: "Lando ist ein toller Kerl. Es liegt in seiner Natur, zu sagen, was er denkt, auch wenn es sich für ihn nachteilig auswirkt. Das ist eine großartige Eigenschaft von ihm." Auch für die Atmosphäre im Team ist es wichtig, dass es zwischen den beiden Fahrern keinen Zwist gibt.
"Es ist gut für das gesamte Team, um weiterzumachen, auch wenn die Dinge nicht so laufen, wie wir es uns wünschen", erklärte Piastri. In der Fahrerweltmeisterschaft hat er durch den Ausfall von Norris seinen Vorsprung von 10 auf 22 Punkte ausbauen können. Doch von einem WM-entscheidenden Moment will er nicht sprechen. "Es ist noch eine lange Saison und der Vorsprung ist keineswegs komfortabel und so möchte ich auch nicht meinen Vorsprung ausbauen“, betonte der McLaren-Pilot. Hinzukommt, dass die Konkurrenz aufgeholt hat. In Kanada war McLaren zu keinem Zeitpunkt dominant – im Gegenteil.

McLaren zerbricht sich wegen Kanada-Pace den Kopf
Auch im Rennen tat sich Piastri, der von Platz drei gestartet war und gleich in der Anfangsphase einen Platz an Antonelli verlor, schwer die Spitze anzugreifen. McLaren setzte bei seinen Fahrern auf eine unterschiedliche Strategie. Piastri startete auf dem Medium und wechselte dann auf Hard. Zeitweise überlegte McLaren beim Australier auf einen Stopp zu setzen. In Runde 40 fragte Tom Stallard über Funk, ob sich Piastri vorstellen könnte, durchzufahren. Da sich bereits Verfärbungen links hinten zeigten, bog Piastri kurze Zeit später an die Box ab und holte sich abermals die harte Reifenmischung.
McLaren hatte sich zwei frische Sätze an Hard für das Rennen aufgespart, trotzdem konnte man den Reifenvorteil in Kanada nicht ausspielen. "Wir konnten uns erst entfalten, als die Reifen der anderen nachließen. Leider hätte das Rennen aber 100 statt 70 Runden dauern müssen, damit wir diesen Vorteil hätten nutzen können. Wir waren an manchen Stellen schneller, an anderen jedoch nicht schnell genug. Das war ein bisschen frustrierend", so Piastri. Die schwache Performance bereitete auch McLaren-Teamchef Andrea Stella Kopfzerbrechen.
"Die Pace war stark, aber nicht stark genug, damit wir nach vorne fahren konnten. Aus Performancesicht müssen wir uns dieses Wochenende definitiv noch einmal anschauen", sagte Stella. Ausgerechnet an diesem Wochenende muss er auf McLaren-CEO Zak Brown verzichten, der bei den 24h Le Mans vor Ort war. Über Twitter teilte Brown mit: "Oscar hat ein solides Rennen abgeliefert. Wertschätzung für Landos Offenheit. Wir lernen dazu und machen gemeinsam weiter."
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