Dass das Tischtuch zwischen Alpine und Esteban Ocon zerschnitten ist, wissen die Formel-1-Fans seit Monaten. Der Abgang zum Ende der Saison kam nach Querelen mit Teamkollege Pierre Gasly nicht überraschend. Das könnte aber sehr wohl für den Zeitpunkt gelten. Denn der Franzose deutete nach seinem Ausfall im Katar-GP mehr als nur an, dass er in Abu Dhabi wohl nicht mehr am Start stehen wird. Und seine zwei Bosse bestätigten dies.

Rennunfall beendet Ocons Rennen früh, daraufhin nur Dank an die Mechaniker

"Ich hatte Franco [Colapinto] schon überholt und war dann außen bei Nico [Hülkenberg]. Er war auf dem harten Reifen. Da war es leicht, dass so etwas passieren kann", kommentierte Ocon das frühe Ende seines Rennens in Kurve Eins nach dem Start. Der Deutsche drehte sich weg und riss damit Ocon und Colapinto in eine Kettenreaktion. Trotzt des Unfalls war Ocon nicht wütend: "Ich war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Es war ein Rennunfall. Ich war außen und da wurde es eng. Wir waren schon außerhalb der Strecke und dann kam es zur Kollision. Wegen dieses Vorfalls war es leider ein kurzes Rennen für uns."

Startunfall mit Franco Colapinto (Williams) und Esteban Ocon (Alpine)
Ocons letztes Alpine-Rennen endete im Crash, Foto: LAT Images

Doch das Bemerkenswerte folgte dann. Er bedankte sich bei seiner Mannschaft, wie bei einem Abschied. "Ich möchte dem Team für ihre harte Arbeit bei diesem Rennen und über das gesamte Jahr danken. Wenn es gut läuft, ist es einfach, zusammenzuhalten. Wenn es aber nicht so leicht von der Hand läuft, da haben unsere Ingenieure und Mechaniker trotzdem eine Einheit gebildet", lautete das Lob in Richtung der Crew. Man beachte aber, von wem die Rede ist. Da geht es um die Leute in der Garage, nicht in der Teamführung.

Ocon zischt ab: Will darüber nicht reden!

Mit dieser hatte sich der einzige GP-Sieger unter dem Alpine-Banner offenbar am Samstag erneut verkracht. Ein 'Gespräch' mit Teamchef Oliver Oakes ist verbrieft. Dessen Inhalt allerdings unbekannt. Klar ist nur, dass das gesamte Wochenende wieder einmal bescheiden lief und Ocon nicht gerade glücklich war. Immer wieder war im Paddock davon zu hören, dass er sich gegenüber Teamkollege Gasly, der bei Alpine bleibt, benachteiligt fühlt.

Fahrerparade mit den Alpine-Piloten Pierre Gasly und Esteban Ocon
Ocon (v.) und Gasly (h.) waren sich nie grün, Foto: LAT Images

Offenbar ist nun das Fass zum Überlaufen gekommen. Ocon wollte daraufhin nichts mehr äußern. "Ich will da nicht darüber sprechen. Ich will jetzt in die Zukunft blicken", gab er an, bevor er aus seiner Medienrunde abzischte. Mehr war nicht mehr aus ihm herauszubringen.

Toto Wolff erklärt: Abu-Dhabi-Test springender Punkt

Ocon stand nach dem Rennen bereits in der Hospitality von Mercedes. Das kommt nicht von ungefähr. Toto Wolff ist mit dem Franzosen weiterhin verbunden. Mit dem Team von Alpine gibt es außerdem eine Übereinkunft in Sachen Ersatzfahrer und in Zukunft bekanntermaßen auch bei den Motoren.

Wolff weiß daher Bescheid und verrät, dass die Trennung auch vertragliche Gründe hat: "Wenn es für die Zukunft eine Übereinkunft gibt, die Esteban erlaubt, dass er für Haas früher beginnen kann, und das vom fahren oder nicht fahren in Abu Dhabi abhängt, dann haben wir das heute schon besprochen." Es geht also um die Teilnahme am Test nach dem Saisonfinale, die Alpine Ocon verwehren kann, da er bis Ende des Kalenderjahres 2024 und nicht bis Saisonende unter Vertrag steht. Doch dies sollte wohl bald geklärt sein. "Bradley [Lord], hast du die Pressemitteilung schon geschrieben?", scherzte Wolff in Richtung seines Presseoffiziers.

Oliver Oakes erklärt: Trennung ist im Sinne aller Seiten

Was von Mercedes-Seite locker von der Zunge ging, brauchte bei Alpine-Teamchef Oliver Oakes erst ein paar Momente. "Ich glaube nicht, dass es eine Entscheidung gibt, obwohl ich gerade Totos Kommentare gehört habe", gab der Brite zunächst an. Dennoch bestätigte dann auch er immer mehr den Sachverhalt: "Es ist ein wenig kompliziert. So sehr er auch zu uns gehört, so ist er vertraglich auch ein Mercedes-Junior beziehungsweise Fahrer. Er will frühzeitig raus aus dem Vertrag [um für Haas in Abu Dhabi zu fahren, Anm. d. Red.]."

Die Gründe für die vorzeitige Trennung liegen aber auch bei Alpine auf der Hand: "Es kommt von allen Seiten. Es ist gut, Jack [Doohan] frühzeitig ins Auto zu lassen. Von Estebans Seite aus ist es gut, früher zu wechseln. Es passt allen. Also ist es natürlich, dass diese Diskussion aufkam." Und fügte hinzu: "Es sieht alles danach aus, als würde es in eine gute Richtung für alle laufen."

Doohan-Start in Abu Dhabi ein Risiko im Kampf um WM-Rang Sechs?

Der Australier Doohan wäre 2025 ohnehin zum Stammfahrer aufgestiegen. Obwohl Alpine im Kampf um Rang sechs in der Teamwertung in Katar dank Gasly ein Punktepolster herausfuhr, stellt sich dennoch die Frage, ob nicht lieber ein erfahrener Mann wie Ocon beim letzten Rennen fahren sollte? Dies spielt für Oakes aber kaum eine Rolle: "Die Konstrukteurswertung kam bei der Diskussion auf, aber sie beeinflusste nicht das große Ganze. Wir haben jetzt jedes Wochenende gesehen, wie viele Schwankungen es gibt. Man kann für keines der Szenarien planen."

Jack Doohan testet einen Alpine F1-Boliden
Jack Doohan wird bereits in Abu Dhabi für Alpine fahren, Foto: Alpine

Mit Doohan selbst hat Oakes noch gar nicht darüber gesprochen: "Ich habe ihn noch nicht gesehen, aber ich bin mir sicher, dass er gerade einige Nachrichten bekommt." Über alles weitere wollte er sich dann aber nicht mehr in die Karten blicken lassen: "Flavio [Briatore] und Toto [Wolff] haben nun ihre Gespräche. Ihr müsst also sie fragen." Die offizielle Bestätigung der Trennung und von Doohans Start in Abu Dhabi ist wohl nurmehr eine Frage der Zeit, denn: "Flavio und Toto haben eine gute Beziehung."