Das turbulente Formel-1-Qualifying in Brasilien war auch für Pole-Setter Lando Norris am Sonntagmorgen eine Achterbahnfahrt. Im Q1 entging der McLaren-Fahrer nur knapp dem Knock-out. Im Regen fehlte zunächst das Vertrauen, doch dann schlug er nach allen Regeln der Kunst zurück. Inmitten der Unfälle und roten Flaggen ließ der Brite in der Schlussphase des Q3 keine Zweifel aufkommen und machte auf beeindruckende Weise den Deckel auf seine siebte Pole Position in der laufenden Saison. Die Weichen für einen Big Point im WM-Kampf gegen Max Verstappen im Rennen um 12:30 Uhr Ortszeit (16:30 Uhr MEZ) sind gestellt.

"Es war der Fahrer", erklärt Norris, was in seinem Qualifying in Interlagos am Ende den Unterschied machte. Im ersten Teil des wegen eines Unwetters am Samstag auf den Sonntag verschobenen Zeittrainings war er nur um Haaresbreite einer sportlichen Enttäuschung entgangen. Ihm gelang während der Session keine konkurrenzfähige Rundenzeit, sodass er sich in der Schlussphase auf den K.o.-Rängen befand. Erst mit seinem finalen Versuch schaffte er es in allerletzter Sekunde noch auf den rettenden 15. Platz.

"Das Auto war von Anfang bis Ende gleich. Es war das Selbstvertrauen und das Anbremsen. Die eine Hälfte habe ich zu viel gepusht, die andere zu wenig. Ich habe mich im Auto einfach nicht wohlgefühlt und mir hat das Vertrauen gefehlt", so der 24-Jährige. Auch im Q2 lief er Gefahr, vorzeitig auszuscheiden. Als Carlos Sainz verunfallte und die Session für die Schlussphase erneut aufgenommen wurde, war er nur Elfter. Im entscheidenden Moment setzte er sich an die Spitze, während WM-Rivale Max Verstappen durch einen Unfall von Lance Stroll samt roter Flagge auf Platz zwölf eliminiert wurde.

"Es hätte für mich auch ganz anders laufen können, aber es sind diese Bedingungen und Tage wie heute, die Bewegung ins Feld bringen. Dann hängt nicht mehr alles vom Auto ab, sondern davon, wer die Reifen richtig nutzt, gut fährt und keine Fehler macht. Das hat man auch daran gesehen, wie schlecht ich am Anfang gefahren bin und wie viel besser am Ende. Das Auto war dasselbe, ich bin erst schrecklich und dann gut gefahren", so Norris, der im Q3 bei zwei roten Flaggen keine Nerven zeigte und auf den Punkt ablieferte.

Lando Norris findet im Qualifying das richtige Maß

Nachdem er im Finale des Qualifyings früh die Bestzeit gesetzt hatte, sorgten die Unfälle von Fernando Alonso und Alex Albon für zwei rote Flaggen. Bevor es für den letzten Run noch einmal auf die Strecke ging, erinnerte ihn sein Renningenieur allerdings daran, kein zu hohes Risiko einzugehen, nachdem fünf Fahrer bereits teils schwere Unfälle gehabt hatten. "Es ist schwierig, zu wissen, ob du so viel wie möglich pushen willst um die Pole zu holen oder es lockerer angehen lässt, um das Auto ganz zu lassen. Das hast du immer im Hinterkopf, aber mein Ansatz war heute der richtige", freut sich Norris.

Im Showdown über drei Minuten unterbot er seine Bestzeit gleich zwei Mal und ließ damit keinen Zweifel an seiner Pole Position aufkommen, während die Konkurrenz strauchelte. Teamkollege Oscar Piastri warf seinen letzten Versuch mit einem Verbremser in Kuve eins weg. Das Risiko zu managen, war in diesem Moment entscheidend. "Du hast gesehen, wie viele abgeflogen und verunfallt sind, oder sich verbremst haben. Es war leicht, hier ein schlechtes Ende zu finden oder etwas anzustellen, dass dich später sogar an der Teilnahme am Rennen hindert. Risiko und Ertrag waren heute schwer abzuwägen, besonders im Anbetracht dessen, wo ich im Q1 war", sagt der dreifache Grand-Prix-Sieger. "Ein Fehler heute und du zahlst den Preis. Wenn es an diesen Tagen klappt und du einen guten Job machst, freust du dich über das Ganze noch mehr."

Lando Norris erwartet hartes Rennen in Brasilien

Max Verstappen wird nach Platz zwölf im Qualifying in Kombination mit einer Motorenstrafe von fünf Positionen voraussichtlich nur als 17. in das 21. Saisonrennen gehen. Für Lando Norris stehen die Chancen damit gut, seinen Rückstand von 44 Punkten in der Weltmeisterschaft zu verkürzen. Norris erwartet in Anbetracht der Wetterlage dennoch ein hartes Stück Arbeit: "Das Rennen wird eine ganz andere Aufgabe. Die Bedingungen werden wieder anders sein. Als der Regen weniger wurde, war es sehr angenehm, die Gischt war geringer. Vorher musstest du zehn Sekunden Abstand lassen, um zu sehen, wohin du fährst. Die Möglichkeit hast du im Rennen nicht."