Pirelli sucht nach neuen Wegen, um die Leistungsfähigkeit ihrer Pneus für die Formel 1 zu steigern. Beim geplanten Test mit Ferrari auf dem Circuit Paul Ricard stehen zwei intensive Testtage auf dem Programm: Ein Tag auf trockener Strecke, ein Tag auf künstlich bewässerter Strecke. Beim Test der Slicks sollen vor allem die weicheren Mischungen C5, C4 und C3 erprobt werden. Außerdem liegt der Fokus darauf, die Struktur der Reifen für die nächste Saison festzulegen.
Nachdem die Trockenreifen für 2025 schon fleißig getestet wurden und Pirelli an der Überhitzungsproblematik gearbeitet hat, ist der zweite Testtag in den Augen von Simone Berra, als Chefingenieur von Pirelli Motorsport verantwortlich für das Reifenentwicklungsprogramm, unter nassen Bedingungen weitaus wichtiger. Beim Regenreifen gibt es laut dem Hersteller nämlich noch größeren Verbesserungsbedarf.
Zukunft der Pirelli-Regenreifen: Neue Mischung, neues Profil - aber erst 2025!
"Wir testen beides - den Full Wet und den Intermediate. Aber die Priorität liegt auf dem Full Wet. Wir wollen die Leistung auf nasser Fahrbahn verbessern. Wir wissen, dass der Regenreifen im Moment etwas zu sehr unter Überhitzung leidet und dass seine Performance wegen des Wegfalls der Heizdecken, auf die wir seit letztem Jahr verzichten, ziemlich schnell nachlässt", identifizierte Berra die Schwachstellen der Regenreifen.
"Im Grunde arbeiten wir also an der Reifenmischung, aber noch mehr am Reifenprofil." Die Optimierung des Profilmusters sei eine wichtige Maßnahme, um der Überhitzungsproblematik beizukommen. "Denn wenn sich die Profilblöcke weniger bewegen, erzeugen sie weniger Hitze", erklärte Berra weiter.
Pirelli strebt auch für den Intermediate-Pneu, der auf feuchter oder abtrocknender Strecke ohne stehendes Wasser eingesetzt werden kann, Verbesserungen an: "Wir haben ebenso einen Plan für den Intermediate, der hauptsächlich eine neue Mischung vorsieht. Unser Ziel ist es, auch bei den Intermediates die Heizdecken zu entfernen, sodass beide Reifen für nasse Bedingungen ohne Heizdecken verwendet werden können."
Trotz intensiver Arbeit und Weiterentwicklung machte Berra keine Hoffnung, dass es bereits vor 2025 neue Regenreifen geben wird: "Ich denke, es ist schwierig, über eine frühere Einführung nachzudenken, da wir nur begrenzte Tests unter nassen Bedingungen durchführen können." Der Pirelli-Chefingenieur blieb dennoch optimistisch: "Wenn die Testergebnisse ermutigend ausfallen, wenden wir natürlich versuchen, diese Spezifikation so bald wie möglich einzuführen. Aber im Moment ist sie hauptsächlich für 2025 gedacht. Das ist unser Ziel."
Reifenwahl bei Nässe: Intermediate ist Trumpf - Regenreifen nutzlos?
Dabei wird zum Full-Wet-Reifen ohnehin kaum noch gegriffen. Entweder die Bedingungen sind zu nass, sodass die Formel-1-Autos aufgrund von Sicherheitsbedenken überhaupt nicht fahren, sondern Rennen verschoben, unterbrochen oder gar nach zwei Runden hinter dem Safety Car abgebrochen werden. Oder aber die Ground-Effect-Autos fahren die Ideallinie relativ schnell trocken, sodass die Intermediate-Reifen aufgezogen werden können. Aufgrund des großen Performance-Gefälles zwischen Intermediates und Regenreifen, bevorzugen die Teams, wenn möglich, den grün markierten Reifen. Somit besteht ein ernstes Interesse, den Full Wet ähnlicher zum Intermediate zu machen.
"Das ist etwas, worüber wir im Moment nachdenken und die FIA hat ebenfalls darüber nachgedacht, eine Spezifikation für nasse Wetterbedingungen zu haben, die einen Kompromiss zwischen Intermediates und Regenreifen darstellen könnte. Wir würden die Full-Wet-Spezifikation gerne näher an die Intermediate-Spezifikation heranbringen", sagte Berra diesbezüglich. Gänzlich abgelöst werden soll der Regenreifen vom Intermediate keinesfalls: "Im Moment müssen wir beide Spezifikationen beibehalten. Es ist nicht geplant, nur eine Spezifikation zu haben."
Denn bei allem Streben nach der idealen Reifen-Performance dürfe die Sicherheit nicht in Vergessenheit geraten, unterstrich Berra: "Wir würden gerne eine bessere Performance erzielen. Aber natürlich müssen wir aus Sicherheitsgründen auch Situationen abdecken, in denen viel Wasser auf der Strecke steht. Wir haben also für die Regenreifen eine Grenze, die wir nicht überschreiten können, indem wir zu sehr in Richtung Intermediates gehen. In einigen Fällen kann es beispielsweise in Sektor 1 einen hohen Wasserstand geben und in Sektor 2 und 3 einen viel niedrigeren Wasserstand. Da muss aus Sicherheitsgründen auf jeden Fall gewährleistet sein, dass es in Sektor 1 nicht zu Aquaplaning kommt."
Schlechte Sicht durch Gischt beheben: Pirelli-Reifen sind nicht das Problem!
In die Verbesserung der Regenreifen-Technologie wurde in den letzten Jahren bereits einiges an Aufwand investiert. Brisant ist die Regenthematik aber nach wie vor, insbesondere wegen des sicherheitsrelevanten Faktors der Sicht bei Regen. Aufgrund der starken Gischt, die die modernen Formel-1-Fahrzeuge beim Fahren im Regen erzeugen, wird es immer schwieriger, Rennen bei starken Regenfällen durchzuführen, was nicht nur Fahrer und Teams, sondern auch Veranstalter und Fans frustet. Die FIA hat ein Spritzschutzsystem entworfen, von dessen Einsatz sie nach den Tests in Fiorano allerdings wieder absah. Die Idee, die Formel-1-Reifen für Sessions im Regen zu verkleiden, ist damit wieder vom Tisch.
"Das ist sowieso ein schwieriges Thema, um ehrlich zu sein. Wir wissen, dass der Test mit Ferrari in Fiorano nicht großartig verlief. Das Ergebnis des Tests sagt uns, der FIA und den Teams, dass Reifenabdeckungen das Problem nicht lösen", fasste Berra diesbezüglich zusammen. Der Reifen sei nicht so sehr das Problem, sondern die Spray-Problematik rühre vor allem vom Auto selbst her. Unterboden und Diffusor sind für die in den letzten Jahren vermehrt auftretenden Gischt-Probleme verantwortlich.
Während die FIA noch an einer Lösung für bessere Sichtverhältnisse bei Nässe feilt, ist die Aufgabe für Pirelli klar: "Natürlich müssen wir mit den breiteren Reifen im Vergleich früher - also 2016 und vorher - für dieselbe Performance viel mehr Wasser verdrängen. Die Reifen müssen diese Wassermenge unbedingt ableiten, um jegliches Aquaplaning-Risiko zu vermeiden." Dementsprechend sei der Reifenentwicklung eine Grenze gesetzt - nämlich die des Aquaplanings. Darüber könne sich Pirelli nicht hinwegsetzen, wurde Berra deutlich. Die Regenthematik bleibt somit weiterhin eine Herausforderung für die verschiedenen Akteure der Formel 1.
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