Das Formel-1-Fahrerlager kommt angesichts der nachträglichen Durchfahrtsstrafe gegen Fernando Alonso beim vergangenen Australien GP auf keinen gemeinsamen Nenner. Bei den zwei beteiligten Parteien waren die Positionen recht früh geklärt. Aston Martin und Fernando Alonso verstanden die Welt nicht mehr und kritisierten die Strafe öffentlich, während George Russell in Japan nachlegte und die Strafe klar befürwortete. Doch wie fallen die Meinungen im Rest des Feldes aus? Eine Sammlung an verschiedenen Meinungen über die Alonso-Strafe seitens der Formel-1-Fahrer.

Charles Leclerc: Was Alonso gemacht hat, musste bestraft werden

Für Charles Leclerc war des Fahrverhalten des Spaniers über der Grenze des Erlaubten. "Alle Fahrer machen so etwas, allerdings nicht in diesem Ausmaß. Was Fernando in Australien gemacht hat, war zu viel und musste bestraft werden", wurde der Monegasse deutlich.

Dennoch hatte Leclerc etwas auszusetzen. Er nutzte die Aufmerksamkeit der Strafen-Debatte, um seinen generellen Frust an den umstrittenen Zeitstrafen loszuwerden. "Wir müssen uns anschauen, welche Strafen wir aussprechen. Wir arbeiten seit einiger seit mit Zeitstrafen, was persönlich falsch finde. Du bist oft das Opfer deines eigenen Erfolges", so Leclerc.

Doch was meint er damit? "Wenn ein Safety-Car mit zwei Runden verbleibend ausgerufen wird, was in diesem Szenario hätte passieren können, fällt man von Platz fünf auf den letzten Platz [durch die nachträgliche Strafe, d. Red]. Wenn man aber in einer Position wie von Fernando ist, verliert man nur zwei Plätze. Ich denke, da gibt es Verbesserungsbedarf für die Zukunft. Ich habe immer gesagt, dass eine Positionsstrafe gerechter ist. Zeitstrafen können oft inkonstant sein", erklärte Leclerc.

Sergio Perez: Das ist meine größte Angst

Auch Red-Bull-Pilot Sergio Perez erachtete das Alonso-Manöver als zu viel dem Guten. "Meiner Meinung nach war er definitiv etwas zu sehr über dem Limit", sprach der Mexikaner, der wie Leclerc allerdings dennoch etwas auszusetzen hatte. "Meine größte Angst ist, dass wir diesen Unfall dieses Wochenende oder nächstes Wochenende noch einmal sehen werden und nichts passiert. Das ist meine größte Angst."

Perez befürchtet, dass die FIA, wie bereits in der vergangenen Saison häufig kritisiert, mit diesem Strafmaß nicht konstant fortfahren wird. "Wir hatten bei der Konstanz mit den Strafen große Probleme", beschwerte sich Perez. "In Jeddah wurde Bottas bei 300 km/h blockiert und es gab keine Strafe. Ich habe Hülkenberg blockiert, er hat dadurch eine halbe Zehntel verloren, fährt in der Runde danach schneller und bekomme eine Drei-Platz-Strafe."

"Die Hauptdiskussion sollte sich um die Konstanz drehen. Wenn solche Dinge bestraft werden, dann sollen sie jedes Wochenende bestraft werden. Es tut sehr weh, wenn du dir den Arsch abarbeitest und dann diese Inkonstanz siehst", wurde Perez deutlich.

Norris verteidigt Alonso: Russell hätte es kommen sehen müssen

Lando Norris hingegen sprang seinem ehemaligen McLaren-Teamkollegen zur Seite und schob die Schuld auf seinen Freund Russell. "Das sollte keine Strafe sein. Vorher war das klar, jetzt ist es das nicht mehr", kritisierte Norris die Durchfahrtsstrafe Alonsos. "Was Fernando gemacht hat, war ungewöhnlich. Aber ich glaube es ist nicht einmal nahe dran, ein 'Braketest' zu sein. George hätte es kommen sehen müssen. George hatte Zeit, zu sehen, was da vor sich ging."

Norris fuhr fort: "Er hat es clever gemacht. Fernando ist einfach Fernando. Es war nicht so, als hätte er einen Meter vor einem anderen Auto gebremst. Er war etwa 100 Meter davor und hat verlangsamt. Der Speed am Eingang hat George dann kalt erwischt. Das sollte nicht einmal in der Nähe einer Strafe sein."

Lance Stroll wird deutlich: Strafe lächerlich!

Fernando Alonsos Teamkollege Lance Stroll sprang dem Spanier ebenfalls zur Seite. "Ich fand das lächerlich, um ehrlich zu sein. Ich glaube nicht, dass er etwas Dummes getan hat. Er hat sich nur den Ausgang der Kurve vorbereitet. Es ist lächerlich, eine Durchfahrtsstrafe für einen Zwischenfall zu bekommen, bei dem es nicht einmal zu einer Berührung zwischen den Autos oder so etwas kam. Also, ja, ich habe es nicht wirklich verstanden", wurde der Kanadier deutlich.

Unterstützung für Alonso: Einigkeit im Sauber-Lager

Volle Unterstützung bekam Alonso von beiden Sauber-Piloten Valtteri Bottas und Guanyu Zhou. "Ich war ehrlicherweise etwas überrascht über die Strafe. Es war am Limit. Es war klar, dass er versuchte, das Momentum von George für die Gegengerade kaputt zu machen", erklärte Bottas. "Ich denke, wenn George nicht in der Mauer gelandet oder von der Strecke abgekommen wäre, hätte es die Strafe wahrscheinlich nicht gegeben. Das hat es ziemlich dramatisch aussehen lassen."

"Eine schwarz-weiße Flagge oder ähnliches wäre vielleicht möglich gewesen, aber diese Art von Strafe empfinde ich als zu hart. Ich befürchte, dass die Leute zukünftig Angst haben werden, etwas zu versuchen und mit den Linien ein bisschen zu spielen. Unglücklicherweise spielen die Konsequenzen in die Strafe mit hinein. So ist es."

Teamkollege Zhou fügte hinzu: "Ich denke, die Strafe ist ziemlich hart. Ich weiß nicht, was die anderen Fahrer darüber denken, aber für mich ist sie ziemlich hart, weil er am Kurvenausgang offensichtlich keinen Brake Test durchgeführt hat. Ich möchte es nicht beurteilen, aber eine solche Strafe empfinde ich den Fahrern gegenüber als unfair."

Das Verhalten Alonsos und die daraus resultierende Strafe soll Teil des Fahrerbriefings im Vorfeld des anstehenden Japan GP werden. Das Aufeinandertreffen der verschiedenen Meinungen dürfte interessant werden. Einige Piloten, darunter Fernando Alonso, forderten angesichts der tückischen Kurve sechs bereits Änderungen an der Strecke in Melbourne. Hier geht es zum gesamten Artikel: