Die Racing Bulls sind los: Nachdem das ehemalige AlphaTauri-Team vor dem Saisonbeginn noch als Geheimfavorit galt, waren die ersten beiden Saisonrennen eine Enttäuschung. Platz 13 für Daniel Ricciardo beim Bahrain-GP blieb das höchste der Gefühle. Das änderte sich am Sonntag in Melbourne. Yuki Tsunoda sammelte mit Rang acht die ersten Punkte der Saison. Durch die umgewandelte 20-Sekunden-Zeitstrafe gegen Fernando Alonso rückte der Japaner nachträglich sogar auf Rang sieben vor.
Für Teamkollege Daniel Ricciardo lief das Wochenende in seinem Heimatland hingegen weniger erfolgreich. Im Qualifying schied der Routinier schon im ersten Qualifying-Segment aus, nachdem ihm seine schnellste Runde in Folge eines Track-Limit-Verstoßes gestrichen wurde. Von Rang 18 ging es in einem ausfallbepackten Rennen zwar auf Platz zwölf nach vorne, vom späteren Zehntplatzierten Kevin Magnussen trennten ihn jedoch noch etwa viereinhalb Sekunden als das letzte virtuelle Safety-Car ausgerufen wurde.
Daniel Ricciardo in der Krise: Racing Bulls suchen Lösungen
Dennoch zieht CEO Peter Bayer nicht nur Negatives aus dem Ricciardo-Wochenende: "Im Qualifying hat er endlich die Pace gefunden. Darauf können wir aufbauen und wir tun alles, um ihn zu unterstützen." Wohlgemerkt hätte Ricciardo in Q1 auch auf seiner gestrichenen letzten Runde noch mehr als eine Zehntelsekunde auf Tsunoda gefehlt.
Dr. Helmut Marko zieht hingegen ein weniger prickelndes Fazit: "Er tut sich schwer, man muss schauen. Es waren Ansätze da beim Test in Bahrain. Die letzten drei Rennen liefen nicht so gut. Ich glaube, er braucht ein Auto, wo er sich wohler fühlt." Dafür, dass sich Ricciardo im VCARB-01 noch nicht wohl fühlt, liefert Bayer die passende Erklärung. "Sie haben verschiedene Fahrstile und Bremspunkte in den Kurven. Yuki bremst später und härter. Die Balance spielt eine wesentliche Rolle und wir müssen schauen, ob wir für Daniel schärfere Bremsen finden."
Liam Lawson ab Miami im Ricciardo-Cockpit?
Ricciardo selbst übt sich währenddessen in Durchhalteparolen: "Es waren nicht die besten drei Auftaktrennen und gerade nach der Vorbereitung, die ich vor der Saison hatte, habe ich das definitiv nicht erwartet. Es ist sicherlich nicht etwas, was uns aus der Fassung bringt. Wir halten unseren Kurs, und ich bin mir sicher, dass wir da hinkommen werden."
Ob Ricciardo aber überhaupt noch lange die Gelegenheit erhält, sich zu verbessern, steht derzeit in den Sternen. Der New Zealand Herald berichtet, Ricciardo habe ein Ultimatum erhalten, dass noch die Rennen in Japan und China umfasst. Sollten dann keine Verbesserungen eintreten, soll ab Miami der Neuseeländer Liam Lawson das Cockpit übernehmen, so der Bericht. Lawson vertrat bereits 2023 von Zandvoort bis Katar den damals verletzten Ricciardo.
Auf der Suche nach Lösungen fehlt Ricciardo jedoch ein Ansatzpunkt, denn: "Das Auto hat sich im Vergleich zum letzten Jahr nicht wirklich verändert. Natürlich gab es Updates, aber die Charakteristiken und alles sind sehr ähnlich. Es ist nicht so, dass wir plötzlich alles geändert haben und das Auto nur noch zu Yuki passt und nicht mehr zu mir."
Red-Bull-Führung lobt fehlerfreien Tsunoda
Dass Teamkollege Tsunoda in Melbourne ausgerechnet so gut performte, verschärft die Ricciardo-Krise zusätzlich. Tsunodas Erfolgserlebnis folgt auf zwei frustrierende Rennen zum Saisonstart: "Ich glaube, es gab in den letzten beiden Rennen immer ein bisschen die Gelegenheit, Punkte zu sammeln und wir haben sie nicht genutzt. Wir wussten, dass wir ein sauberes Rennen brauchen, und das haben wir heute geschafft. Wir haben keine Fehler gemacht", resümiert der 23-Jährige, der 2024 seine vierte Formel-1-Saison für das Team aus Faenza bestreitet.
In Anbetracht der massiven Änderungen, die das Team über den Winter an der Spitze vollzogen hatte, sei dies keine Selbstverständlichkeit, so Tsunoda: "Ein sauberes Rennen zu haben klingt einfach, aber das war es nicht für uns auf operativer Seite." Zum Ende der Saison 2023 hatte der langjährige Teamchef Franz Tost sein Amt abgegeben. An der Spitze der Racing Bulls stehen jetzt Laurent Mekies als neuer Teamchef, der von CEO Peter Bayer unterstützt wird. Zudem stieß mit Alan Permane als neuem Renndirektor ein weiteres prominentes Gesicht hinzu.
Tsunodas Lob für das Team stößt bei den Racing Bulls auf Widerhall. Die Führungsriege zeigte sich nach dem Rennen höchst zufrieden mit dem 66-fachen GP-Starter. "Er hat das ganze Wochenende keinen Fehler gemacht und ist mit Ruhe und Entschlossenheit in jeder Session schneller geworden", meinte Teamchef Laurent Mekies. Auch Dr. Helmut Marko höchstpersönlich lobte seinen Schützling: "Yuki hat natürlich alles richtig gemacht und ist konstant schnelle Zeiten gefahren. Als Hülkenberg attackiert hat, hat er sofort reagiert."
Marko über Tsunoda: Charakter mit Ecken, Kanten & Speed
Zu Beginn des finalen Stints lag Nico Hülkenberg lange Zeit weniger als zwei Sekunden hinter Tsunoda zurück. Bis zur finalen VSC-Phase in Folge des Russell-Unfalls distanzierte der Racing-Bulls-Pilot den Haas auf mehr als sechs Sekunden. "Und der Haas ist ja ein schnelles Auto", hält Marko fest. "Da war alles fehlerfrei. Das gibt guten Mut für die Zukunft."
Die Performance folgte, nachdem sich Tsunoda nach einer Teamorder beim Saisonauftakt mit nachfolgenden verbalen Entgleisungen massiver Kritik ausgesetzt sah. "Er ist ein eigener Charakter, der sich nicht einfügen lässt. Und dadurch eckt er bei einigen Leuten an", meint Marko. Im Weg stehen müsse ihm das aber auf seinem weiteren Karriereweg nicht zwangsläufig: "Letztlich ist der Speed das, was entscheidet."
Tsunoda: Durchfahren Kurven 2024 teilweise mit höheren Gängen
Was die allgemeine Performance des Autos anbelangt, zieht Tsunoda nach den ersten Rennwochenenden ein positives Fazit: "Das Auto ist im Hinblick auf die Performance ziemlich konstant, was wir letztes Jahr so nicht hatten." AlphaTauri erlebte 2023 eine katastrophale erste Saisonhälfte und befand sich nach 15 Rennen mit nur drei Punkten auf dem letzten Platz der Konstrukteurs-WM. Mit zahlreichen Updates im Saisonendspurt gelang noch der Sprung auf Rang acht. P7 verpasste das Team lediglich um drei Zähler.
Besonders in Australien zeigten sich die Verbesserungen, erklärt Tsunoda: "Es ist sehr beeindruckend, wie unser Auto verglichen mit dem selben Zeitpunkt vor einem Jahr performt. Es gibt einige Kurven, die wir jetzt mit einem höheren Gang durchfahren." Tsunoda lobte dabei auch die Verdienste von Ex-Teamchef Tost: "Ohne Franz Tost hätten wir das definitiv nicht geschafft." Tsunodas siebter Platz in Melbourne wirkt sich signifikant auf die Gesamtwertung aus: In der Konstrukteurs-Wertung springen die Racing Bulls vom vorletzten auf den sechsten Platz.
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